Corona-Zwischenbilanz:München Klinik: 28 Prozent der Corona-Intensivpatienten überlebten nicht

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Im Klinikum Schwabing wurden in den vergangenen Monaten die meisten mit dem Coronavirus infizierten Münchner Patienten behandelt. (Foto: imago/Alexander Pohl)

Nach zehn Monaten zieht der Klinikverbund eine Zwischenbilanz: Aus welchen Altersgruppen die Covid-Patienten an der Klinik stammen und wie der Katastrophenfall den Krankenhäusern helfen könnte.

Von Ekaterina Kel

Eine Dreiviertelstunde dauert es, einen Covid-Patienten auf der Intensivstation vom Rücken auf den Bauch zu drehen. So soll die Lunge besser belüftet werden. Dafür müssen mindestens fünf Fachkräfte gleichzeitig um den Patienten stehen, um darauf zu achten, dass die zahlreichen Schläuche, Katheter und Kanülen an ihren Plätzen bleiben.

Die Versorgung von Covid-Patienten ist sehr aufwendig, unter anderem wegen solcher "Umlagerungsmanöver", wie es die München Klinik nennt. Das ist eine der vielen Erkenntnisse seit Beginn der Pandemie. In einer Zwischenbilanz blickt der Klinikverbund nun auf die vergangenen zehn Corona-Monate und macht auf die hohe Belastung des Personals aufmerksam. Eine Zahl, die das veranschaulicht, lautet: 26 700 Stunden. So viel mehr hätten die Pflegekräfte insgesamt im Vergleich zum Vorjahr gearbeitet - und das nur von Februar bis Mai.

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Vom 27. Januar, dem Tag, an dem Corona nach München kam, bis zu diesem Mittwoch hat die München Klinik nach eigenen Angaben mehr als 1300 Covid-19-Patienten versorgt, die meisten davon im Klinikum Schwabing. Rund 270 Patienten mussten auf Intensivstationen, im Schnitt jeder fünfte. 28 Prozent davon hätten nicht überlebt, was dem bundesdeutschen Durchschnitt entspricht. Auf Normalstationen liege die Sterblichkeit bei neun Prozent und damit unter der deutschlandweiten Rate.

Im Schnitt wurde ein Covid-19-Patient zehn Tage im Krankenhaus versorgt. Die Verweildauer auf der Intensivstation sei durchschnittlich 15,5 Tage, so die München Klinik. In schwersten Fällen lagen die Patienten bis zu drei Monaten dort. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Verweildauer auf der Intensivstation für Nicht-Covid-Patienten beträgt in der München Klinik vier Tage.

Das Bild von lauter alten Menschen, die schwer an Covid-19 erkranken, bestätigt sich in der München Klinik nicht: "Wir sehen im Krankenhaus Covid-19-Patienten jeden Alters - wobei die Patienten heute im Schnitt jünger sind, als noch im Frühjahr", sagt Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie in Schwabing. Von den Patienten (sowohl auf der Normal- als auch auf der Intensivstation) seien die meisten, rund 460, zwischen 45 und 64 Jahren gewesen, errechnet die Klinik. Dabei gehöre man in diesem Alter nicht zur Risikogruppe für schwere Verläufe.

Die zweitgrößte Gruppe (etwa 370) waren jedoch Menschen zwischen 75 und 84 Jahren. Zwischen 15 und 44 Jahren waren es mehr als 250 Patienten mit Covid-19, auch etwa 50 Kinder bis 14 Jahren wurden hier wegen Sars-CoV-2 versorgt. Außerdem bestätigt sich in den Zahlen, dass es etwas öfter Männer trifft (rund 800 Patienten von 1300 waren männlich).

Neben den Covid-Patienten muss sich die Klinik weiterhin um den normalen Betrieb kümmern. Zehn Monate Corona bedeute zehn Monate Doppelbelastung, sagt Klinikchef Axel Fischer. "Parallel zu Covid-19 kommen seit zehn Monaten weiterhin Babys auf die Welt, Schlaganfälle werden versorgt, Krebspatienten therapiert", sagt Fischer. Er blicke "mit großer Sorge" in die Zukunft. Die Situation ließe sich "nicht für immer" aushalten. Deshalb begrüße er den ausgerufenen Katastrophenfall in Bayern. Er verspricht sich davon eine bessere Verteilung der Covid-Patienten auf alle verfügbaren Kliniken der Stadt, die nun verpflichtet werden können. "Die Lage ist ernst und deshalb ist es wichtig, dass die Last in der Versorgung auf noch mehr Schultern verteilt wird."

© SZ vom 10.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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