Streit um Ballungsraumzulage:Eine Polizistin verklagt Bayern

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Finden die Regelungen zur Ballungsraumzulage ungerecht: Polizistin Julia K. und Jürgen Ascherl von der DPolG. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Julia K. ist nur fünf Kilometer davon entfernt, 300 Euro monatlich zusätzlich zu haben: Weil sie im falschen Ort im Landkreis München lebt, erhält die Frau nicht wie ihre Kollegen die Ballungsraumzulage. Das will sie sich nicht gefallen lassen.

Von Susi Wimmer

Es sind nur fünf Kilometer, die die Familie K. von fast 300 Euro mehr auf dem Gehaltszettel im Monat trennen. Fünf Kilometer nach Osten oder auch nach Westen, ganz egal. Die Kleinfamilie wohnt im Speckgürtel von München, im Süden, aber laut ihrem Dienstherren ist der Speck dort nicht fett genug: Julia K. und ihr Mann arbeiten bei der Münchner Polizei, und ihnen wird die Ballungsraumzulage verwehrt, weil das Wirtschaftsministerium der Meinung ist, dass in einigen Orten im Landkreis München das Leben nicht so teuer ist wie in anderen. "Es ist ungerecht und unlogisch", findet Julia K. Und deshalb reichte die 40-Jährige jetzt Klage beim Verwaltungsgericht ein, "für alle und für mich".

Polizeihauptmeisterin Julia K. fährt in Giesing Streife, sie mag ihren Job, "es ist ein Kindheitstraum", sagt sie. Gleich nach der Elternzeit wollte sie wieder zurück in die Schicht, obwohl Kollegen meinten, ein Job in einem Kommissariat wäre geeigneter, ruhiger, ungefährlicher. "Aber ich wollte wieder auf die Straße, ich liebe es, nachts in Giesing unterwegs zu sein", schwärmt die Polizistin.

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Den genauen Ort, wo sie wohnt, möchte sie zum Schutz ihrer Familie nicht sagen. Nur so viel: Auch dort ist sie bei einer 75-Quadratmeter-Wohnung mit drei Zimmern mit 1250 Euro kalt dabei, "warm liegt der Quadratmeterpreis dann über 20 Euro", sagt sie. Aber eine Ballungsraumzulage ist für ihre Familie nicht drin. Sie wohnt quasi im falschen Ort.

Unterstützt wird Julia K. bei ihrer Musterklage von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Der Münchner Bezirksvorsitzende Jürgen Ascherl wettert nicht nur über die Ungleichbehandlung. Es sei doch nicht nachvollziehbar, dass eine Beamtin, die beispielsweise in Straßlach oder Brunnthal wohne, keine Ballungsraumzulage erhalte, dafür aber der Kollege in der Nachbargemeinde Oberhaching oder Schäftlarn. "Das ist alles willkürlich gefasst." Laut Ascherl orientiert sich die Fürsorgeleistung am Landesentwicklungsprogramm Bayern. "Und dieses muss den realen Gegebenheiten angepasst werden", fordert der Gewerkschafter.

Es war im Jahr 2007, als der damalige Leiter des Personenschutzes, Peter Steininger, gen Karlsruhe zog mit der Klage, dass unterschiedliche Lebenshaltungskosten sich auch unterschiedlich auf die Besoldung auswirken sollten. Das Bundesverfassungsgericht sah das nicht ganz so, gab dem Polizisten aber insofern recht, als dass es den zuständigen Ministerien ins Aufgabenbuch schrieb, man müsse die Entwicklungen beobachten und bei eklatanten Verschiebungen handeln.

"Seitdem sind 14 Jahre vergangen", sagt Ascherl, "und ich glaube nicht, dass der Freistaat die Preisentwicklungen im Auge behalten hat." Allein die Mieten hätten sich seitdem teilweise verdoppelt in den Ballungsräumen. "Und natürlich hat ein Beamter in Furth im Wald mehr von seinem Verdienst als der Kollege in München." Überhaupt findet Ascherl, dass die Ballungsraumzulage in Höhe von 126,62 Euro brutto aus der Zeit gefallen sei. Er sieht die Zukunft eher in einem Ortszuschlag, der an die wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werde. "Aber das letzte Wirtschaftsgutachten diesbezüglich stammt aus dem Jahre 2007", meint er. Das Wirtschaftsministerium müsse ein neues Gutachten erstellen, in dem auf Mietspiegel und Lebenshaltungskosten eingegangen werde. "Aber da passierte bislang nichts."

Im Februar dieses Jahres hat Julia K. die Klage beim Münchner Verwaltungsgericht eingereicht. Die Polizeigewerkschaft München hat die Klage übernommen und will notfalls bis in die letzte Instanz gehen. "Es wird eine langwierige Geschichte", meint Ascherl. Die Kosten für die Gewerkschaft könnten locker in den fünfstelligen Bereich steigen. Und Julia K. weiß, dass sie bei einem Erfolg nicht mehr von der Zulage profitieren könnte. "Ich bin da eventuell schon in einer höheren Besoldungsgruppe, und da erlischt der Anspruch auf eine Ballungsraumzulage." Aber, sagt sie, "dann haben wenigsten die Kollegen was davon".

© SZ vom 10.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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