Schreibwaren:Kaut-Bullinger schließt Geschäft in der Rosenstraße

Lesezeit: 2 min

Kaut-Bullinger wird sein Büro-Fachgeschäft an der Rosenstraße schließen. (Foto: Florian Peljak)

Im Februar wird das Geschäft mit mehr als 200-jähriger Geschichte aus der Münchner Innenstadt verschwinden. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes.

Von Sebastian Krass, München

Ein Geschäft mit mehr als 200-jähriger Geschichte verschwindet aus der Münchner Innenstadt, und 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes: Das Schreibwarengeschäft Kaut-Bullinger schließt Ende Februar 2022 sein Stammhaus an der Rosenstraße und setzt fortan ausschließlich auf Onlinehandel und Großkundengeschäft. Das gab das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt.

"Die Corona-Krise hat deutlich gezeigt, dass der stationäre Einzelhandel in der aktuellen Form und Größe nicht mehr im Fokus unserer Unternehmensstrategie stehen kann", sagt Robert Brech, Geschäftsführer der Kaut-Bullinger-Gruppe. Der Beschluss, das Geschäft in der Münchner Innenstadt und in diesem Zuge auch die deutlich kleineren Filialen in Landshut, Passau, Neu-Ulm und Weiden aufzugeben, sei "nicht erst in der Pandemie getroffen, dadurch aber stark beschleunigt" worden, so Brech. "Mit sehr großem Bedauern müssen wir leider alternativlos diesen Schritt gehen."

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Bereits vor knapp einem Jahr hatten die fünf Gesellschafterinnen und Gesellschafter von Kaut-Bullinger, die aus zwei Familien stammen, das Gebäude an der Rosenstraße 8 an den Signa-Konzern des österreichischen Unternehmers René Benko verkauft, der auch die benachbarte Kaufhof-Filiale betreibt. Über den Kaufpreis wurde offiziell nichts bekannt. Der Marktwert des Gebäudes dürfte aber im höheren zweistelligen Millionenbereich liegen. Kaufhof war bereits Mieter in den oberen Geschossen des Kaut-Bullinger-Gebäudes.

Die Unternehmensgeschichte geht zurück auf das Jahr 1794

Signa habe das Schreibwarengeschäft während der Corona-Pandemie unterstützt und "die Räumlichkeiten zeitweise sogar mietfrei zur Verfügung" gestellt, berichtet Kaut-Bullinger-Geschäftsführer Brech. Dennoch könne man "unter den weiterhin äußerst unsicheren Rahmenbedingungen der Pandemie die Geschäftstätigkeit des Einzelhandels in dieser Form nicht fortführen". Der Einzelhandel habe zuletzt ohnehin nur noch zehn Prozent des Gesamtumsatzes von Kaut-Bullinger ausgemacht, erläutert ein Firmensprecher auf Nachfrage. Den Hauptteil erwirtschafte man im Firmengeschäft, etwa als Lieferant von Büromaterial für Allianz und BMW. In der Konzernzentrale in Taufkirchen seien etwa 400 Menschen beschäftigt. Der Einzelhandel habe zuletzt insgesamt 60 Festangestellte gehabt. Man werde versuchen, von den 50 Beschäftigten in München "einige zu uns nach Taufkirchen zu übernehmen", so der Sprecher. In welchem Ausmaß das gelinge, sei noch offen.

Der Vorsitzende des Betriebsrats von Kaut-Bullinger, Christian Bischoff, erklärte, er könne sich noch nicht ausführlicher äußern, weil die Nachricht noch so frisch sei. "Sicher ist aber", betonte er, "dass der Betriebsrat sowohl einen Interessenausgleich als auch einen Sozialplan in enger Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft erstellen wird."

Neben den strukturellen Problemen des Einzelhandels war der Zuschnitt des Kaut-Bullinger-Geschäfts mit seinen zwei Unter- und zwei Obergeschossen ein weiterer Faktor, der es zunehmend schwer machte, Kundschaft anzulocken. Aber gab es die Überlegung, eventuell an anderer Stelle mit einer leichter zu bespielenden Ladenfläche weiterzumachen, vielleicht in kleinerer Form? "Ja, wir hatten überlegt, diesen Weg zu gehen, auch um die Marke bei den Menschen präsent zu halten", sagt der Sprecher von Kaut-Bullinger. Aber letztlich sei die Entscheidung dagegen ausgefallen.

Die Geschichte des, so die Selbstbeschreibung, "mittelständischen Familienunternehmens" Kaut-Bullinger geht zurück auf das Jahr 1794. Damals bekam Andreas Kaut das "Kurfürstlich-Bayerische-Fabrikationsprivileg" für die Herstellung von Papier. Elf Jahre später eröffnete an der Kaufingerstraße das erste Fachgeschäft für Papier- und Schreibwaren. 1894 wurde das Unternehmen "Königlich Bayerischer Hoflieferant". 1927 wurde es an Max Bullinger verkauft und bekam den bis heute aktuellen Namen.

Wie es mit dem Gebäude weitergeht, auch ob es eine neue Vermietung geben wird, ist offen. Signa äußerte sich am Donnerstag nicht offiziell dazu. Dem Vernehmen nach hat der Konzern auch noch keine konkreten Pläne. Es ist aber davon auszugehen, dass das Gebäude abgerissen wird und ein Neubau entsteht, der zur "Prime Selection" passt, in der Signa nach eigenen Worten Immobilien mit "großer Strahlkraft" entwickelt. Denkbar ist, dass das Gebäude noch mehr mit dem Kaufhof-Warenhaus verknüpft wird.

© SZ vom 06.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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