Polizei zum IAA-Einsatz:"Auch das Überwinden von Polizeiabsperrungen ist eine Form von Gewalt"

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Die "bewährte Münchner Linie" hatte der Polizeipräsident Thomas Hampel vor dem Beginn der IAA bei der Vorstellung des Einsatzkonzeptes angekündigt. (Foto: Florian Peljak)

Trotz aller Kritik hält die Polizei ihren Einsatz rund um die Automesse für gelungen und fühlt sich in ihrem Vorgehen bestätigt. Die befürchteten schweren Straftaten seien jedenfalls ausgeblieben.

Von Joachim Mölter

Im Münchner Polizeipräsidium hat die Analyse des Einsatzes rund um die Internationale Automobilausstellung IAA Mobility gerade erst begonnen, aber trotz aller Kritik an verschiedenen Maßnahmen fühlen sich die Beamten in ihrem Vorgehen grundsätzlich bestätigt. Schwere Straftaten bis hin zu Anschlägen, die aus der linksextremen Szene angekündigt gewesen waren, seien jedenfalls ausgeblieben, sagte Polizeisprecher Andreas Franken: "Es gab nicht die Aktionen, die befürchtet waren." Das führte er auch auf die vielen Kontrollen und die massive Polizeipräsenz zurück, von der sich vor allem die auf der Theresienwiese campierenden IAA-Gegner eingeschüchtert fühlten.

Vor Beginn der Automesse hatte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von einer "europaweiten Mobilisierung aus dem linksextremen und linksautonomen Spektrum" gesprochen und gewarnt, dass ein Teil dieser Szene "vor gewalttätigen Aktionen nicht zurückschreckt". Die einzig bekannt gewordene Aktion aus dieser Richtung war dann das Beschmieren eines Hauses gewesen, das dem VW-Vorstandschef Herbert Diess gehört.

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Dass diese so viel Aufmerksamkeit für ihre Aktionen bekamen, lag auch am harten Vorgehen der Polizei. Nach Ende der Ausstellung kommen nun vor allem auf die Stadt ein paar unangenehme Fragen zu.

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Dass das Camp auf der Theresienwiese so schwer bewacht gewesen sei, erklärte Polizeisprecher Franken damit, dass sich dort durchaus gewaltbereite Linksautonome hätten aufhalten können: "Es ist mitnichten so, dass die Szene sich immer schwarz anzieht und klar erkennbar ist."

Die zum Schutz vor Verletzungen doch recht martialisch ausgestatteten Beamten, die auch die Demonstrationszüge aus dem Camp in die Innenstadt begleiteten, passten indes nicht zur "bewährten Münchner Linie", die Polizeipräsident Thomas Hampel bei der Vorstellung des Einsatzkonzeptes angekündigt hatte. Die "Münchner Linie" war als Folge der Schwabinger Krawalle 1962 entwickelt worden, als das Auftreten von berittener Polizei zur Eskalation von eher harmlosen Protesten führte und in Straßenschlachten gipfelte. Danach sollten Demonstrationen mit einer weniger konfrontativen Strategie begleitet werden.

Davon war beim berühmten Münchner Kessel vom Juli 1992 aber nichts zu spüren, als Demonstranten gegen den G7-Gipfel am Marienhof von Polizeieinheiten umzingelt und stundenlang festgehalten wurden. "Etwas härter hinzulangen ist bayerische Art", erklärte der damalige Ministerpräsident Max Streibl (CSU) das Vorgehen quasi zur volkstümlichen Folklore. Dass es auch anders geht, bewies die Polizei bei der G7-Demonstration im Juni 2015, als rund 35 000 Teilnehmer bei brütender Hitze durch die Stadt marschierten und unterwegs von Polizisten mit Trinkbarem versorgt wurden - Wasserbecher statt Wasserwerfer hieß das Motto. Für die damalige Einsatzleitung war das "ein Beweis, dass ein Veranstalter mit einer klaren Absage an Gewalt den Verlauf mitbestimmen kann", schrieb die SZ damals.

Zwar hatten sich auch die IAA-Gegner auf der Theresienwiese geeinigt, keine Gewalt anzuwenden, "aber auch das Überwinden von Polizeiabsperrungen ist eine Form von Gewalt", sagt Andreas Franken. Die Polizei habe ihre Münchner Linie nicht grundsätzlich verlassen, versichert er: "Wir waren da, wir waren ansprechbar, aber man hat das Kommunikationsangebot nicht immer angenommen."

© SZ vom 14.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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