Ärger im Münchner Rathaus:"Wir spüren seit einiger Zeit eine Abkehr des OB in Richtung CSU"

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Mona Fuchs und Dominik Krause führen die Münchner Stadtratsfraktion der Grünen. (Foto: Catherina Hess)

Die grüne Stadtratsmehrheit ist unzufrieden mit der Rolle von SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter. Der zeige nur noch wenig Interesse an den gemeinsamen Zielen der Koalition.

Von Joachim Mölter

In der Stadtratsfraktion der Grünen haben sie sich neulich über den SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter geärgert, wieder einmal. Der hatte bei einem Medientermin am Donnerstag vollmundig angekündigt, den 2019 beschlossenen Mietenstopp für städtische Wohnungen möglichst lange über den bislang als Schlusspunkt fixierten Sommer 2024 hinaus verlängern zu wollen. Das kommt vermutlich prima an bei den Wählern - aber nicht bei den gewählten Grünen.

Dabei haben die gar nichts gegen den Mietenstopp, im Gegenteil: Anfang Juli hatten die Fraktionssprecher von Grünen/Rosa Liste, Mona Fuchs und Dominik Krause, ihrem Regierungspartner im Münchner Rathaus das Thema selbst nahegelegt. Im Koalitionsausschuss wollten sie über verschiedene Modelle diskutieren - einen generellen Stopp wie bisher, eine Staffelung nach Einkommen, eine Trennung zwischen geförderten und frei finanzierten Wohnungen, eine Koppelung an Sanierungen. "Wir haben bewusst mit der Öffentlichkeitsarbeit auf die SPD gewartet, um eine gemeinsame Lösung zu präsentieren", sagt Krause: Doch dann haben sie die Pläne von OB und SPD aus den Medien erfahren.

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Dass Reiter vorgeprescht ist, hat sie verstimmt. "Wir hätten gern erst darüber gesprochen, wie man das Modell fortsetzt und ein schlüssiges Finanzierungskonzept erarbeitet", sagt Fuchs. Krause hätte das auch wegen der Außenwirkung begrüßt, "um das Bild zu vermeiden, dass sich die Politik eh nur streitet".

Streiten wollen sie mit ihren SPD-Kollegen auch nicht, aber schon wissen, wie die Partei sich die Zusammenarbeit künftig vorstellt. "Mit der SPD-Fraktion funktioniert es gerade gut, das läuft rund", versichert Krause. Doch seit einiger Zeit verstärkt sich bei den Grünen der Eindruck, dass den OB die grün-rote Stadtpolitik nicht mehr interessiere. Seit einem Dreivierteljahr sei er nicht mehr im Koalitionsausschuss gewesen, bei Verkehrsthemen stichele er ständig gegen die Grünen, eine seit April angemahnte Haushaltsklausur, um die angespannte Finanzlage zu erörtern, scheitere, weil er nicht mitmache. "Wir spüren seit einiger Zeit eine Abkehr des OB in Richtung CSU", sagt Fuchs. Diese Beobachtung überschneide sich zeitlich mit seiner Ankündigung, 2026 ein weiteres Mal als Oberbürgermeister kandidieren zu wollen.

"Wir haben das Gefühl, dass er der Großen Koalition aus der letzten Amtsperiode nachhängt", sagt Krause und erinnert daran, dass die 2020 abgewählt worden sei: "Das Ergebnis war sehr klar für Grün-Rot. Und der Auftrag an den OB war: Wir wollen, dass Du weitermachst - aber mit dieser Mehrheit." Während die Stadtratsfraktion der SPD grün-rot lebe, habe man bei Reiter manchmal das Gefühl, "er führt lieber informell die Große Koalition weiter".

Der OB zünde eher kleine Störfeuer, monieren die Grünen

Bei der jüngsten Kommunalwahl waren Wohnen, Klimaschutz und Verkehrswende die großen Themen, das seien sie immer noch, findet Krause: "Aber der OB kümmert sich nur um eins dieser Themen - Wohnen. Bei den anderen taucht er nicht auf." Dabei standen seinerzeit alle Komplexe im Wahlprogramm der SPD, und in den Fraktionen werde auch an allen gearbeitet: "Aber wir brauchen auch einen OB, der sich dieser Themen annimmt und sie in die Stadtgesellschaft vermittelt", fordert Krause.

Doch der OB "zündet eher kleine Störfeuer", moniert Fuchs. Sie kritisiert Reiter für einen "inhaltlichen Zickzackkurs, je nach dem Stimmungsbild in der Bevölkerung". Und angesichts früherer Alleingänge des OB warnt sie: "Wenn er einen grundsätzlichen politischen Konsens einfach einkassiert, gibt das den Münchnerinnen und Münchnern keine Sicherheit, in welche Richtung es geht."

Die Fraktionssprecher der Grünen bekräftigen, dass sie weiter an die grün-rote Koalition glauben und daran, dass sie mit ihrer sozialökologischen Politik "genau die richtigen Antworten liefern für die aktuellen Probleme" der Stadt. Aber, so sagt Krause: "Wir hätten auch den OB gerne wieder mit im Boot."

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