Erneuerbare Energien:Verluste bei der Green City AG

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Der neue Investor übernimmt die Green City AG und "eine Vielzahl" der etwa 150 zur Unternehmensgruppe gehörenden Projektgesellschaften. (Foto: Green City)

Mehrere Wind- und Solarparkprojekte des Konzerns stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Zinszahlungen und die Rückzahlung von Anleihen sind gefährdet. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung soll über eine Restrukturierung beraten werden.

Von Catherine Hoffmann

Der neue Investor übernimmt die Green City AG und "eine Vielzahl" der etwa 150 zur Unternehmensgruppe gehörenden Projektgesellschaften. (Foto: Green City)

Die Green City AG steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Der Spezialist für erneuerbare Energien erwartet hohe Kapitalverluste und ein negatives Jahresergebnis für 2021. Aus diesem Grund hat das Unternehmen seine Aktionärinnen und Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 20. Januar 2022 eingeladen. Green City geht davon aus, dass die Gesellschaft mehr als die Hälfte des Grundkapitals verloren hat. Die Verlustanzeige signalisiert, dass sich die Aktiengesellschaft in einer Schieflage befindet.

Die Green City AG wurde 2005 gegründet. Mehrheitsaktionär ist der gleichnamige Verein, Green City e.V., der sich in München seit mehr als 30 Jahren für Umweltschutz stark macht. Die Krise der Aktiengesellschaft trifft den Verein hart, da fraglich ist, wie viel die von ihm gehaltenen Aktien derzeit wert sind. Operativ agiert Green City e.V. unabhängig von der Green City AG. Die Aktiengesellschaft ist vor allem als Projektentwickler für Solar- und Windkraftwerke tätig. Sie entwickelt, baut und betreibt Anlagen mittlerer Größe in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.

Inzwischen fertig geworden: ein Windpark im saarländischen Merzig (hier ein Modul auf dem Weg). (Foto: Green City AG/Sina Scherer)

Die Gründe für die Finanznot sind vielschichtig. So komme es derzeit bei zahlreichen Wind- und Solarparkprojekten des Konzerns zu erheblichen Verzögerungen. Green City bekam 2021 die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren: Lieferengpässe bei Solarmodulen, Logistikprobleme bei der Containerverschiffung, insbesondere von China nach Europa, sowie verspätete Genehmigungen von Projekten, insbesondere in Spanien.

Zudem hat das Unternehmen ein weiteres, von der Pandemie unabhängiges Thema zeitgleich getroffen: Eine Windanlage des Herstellers Nordex havarierte an einem Standort in Haltern in Nordrhein-Westfalen. Daraufhin stoppte Nordex vorerst den Bau aller baugleichen Anlagen. Dies betrifft auch einen der bayerischen Windparks von Green City. Die Bauarbeiten sind bis zur Klärung eingestellt. All diese Themen und Verzögerungen belasten Umsatz und Liquidität der Green City AG und ihrer Töchter.

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Auch für das Geschäftsjahr 2020 rechnet man im Unternehmen inzwischen mit einem Verlust. Bei der Erstellung des Jahresabschlusses für das vergangene Jahr habe man festgestellt, dass Wertberichtigungen notwendig werden. Dies gelte unter anderem für Projektrechte und Rückstellungen für zukünftige Verpflichtungen aus Garantieversprechen. Als Gründe für den Korrekturbedarf nennt Green City Mindererträge, Verluste und Verzögerungen bei Erneuerbaren-Energien-Projekten, an die Darlehen ausgereicht wurden, deren Wert nun nach unten korrigiert werden muss.

Aktionärsschützer sehen das Unternehmen in einer existenziellen Krise

Die Lage ist ernst. Mehrere Konzerngesellschaften stecken "in einer finanziellen Krise", wie das Unternehmen in einer Pflichtmitteilung für den Kapitalmarkt warnt. Dies gelte für die Green City Energy Kraftwerkspark II GmbH & Co. KG, Green City Energy Kraftwerkspark III GmbH & Co. KG sowie die Green City Solarimpuls I GmbH & Co. KG, die Anleihen im Volumen von insgesamt 116 Millionen Euro emittiert haben. Diese drei Gesellschaften haben Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht, in denen sie Anleger warnen, dass die Rückzahlung sowie Zinszahlungen dieser Anleihen gefährdet sind. Alle anderen von der Green City-Gruppe emittierten Anleihen und Beteiligungen haben keine solchen Veröffentlichungen vorgenommen.

Insgesamt befindet sich das Unternehmen somit aus Sicht der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) in einer existenziellen wirtschaftlichen Krise. Die Green City AG und ihre Tochtergesellschaften haben in den zurückliegenden Jahren eine Vielzahl an börsennotierten und nicht börsennotierten Anlageprodukten wie Fonds, Anleihen und Genussscheine emittiert. Aufgrund der finanziellen Krise der Unternehmensgruppe scheinen aus Sicht der SdK viele dieser Produkte ganz beziehungsweise teilweise ausfallgefährdet zu sein. "Einige Tochtergesellschaften werden aller Voraussicht nach Sanierungs- oder Insolvenzverfahren brauchen", sagt Daniel Bauer, Vorstandsmitglied der SdK.

Er ist zuversichtlich, dass eine Rettung gelingen kann. "Wenn die Anlagen funktionieren, kann man eine Sanierung hinbekommen, der Strompreis ist auf Rekordhoch, Wind und Sonne sorgen auch in der Krise für Strom", sagt Bauer. In den vergangenen Jahren sind immer wieder Solar- und Windkraftunternehmen in Schieflage geraten, der prominenteste Fall ist vielleicht die Windenergiefirma Prokon, die 2014 Insolvenz anmelden musste und heute als Genossenschaft weiterlebt.

Nach der Einschätzung des Vorstands der Green City AG gibt es derzeit aber keine Gründe für die Muttergesellschaft, einen Insolvenzantrag zu stellen. Insbesondere liege keine Zahlungsunfähigkeit vor. Wie die Finanzprobleme gelöst werden sollen, ist noch offen. "Wir sind derzeit dabei, zügig ein umfassendes Restrukturierungskonzept zu erarbeiten", sagt Finanzvorstand Heike von der Heyden. Dabei arbeite man mit der Münchener Beratungsgesellschaft Demps & Partner zusammen. Das Konzept soll den Aktionären auf der außerordentlichen Hauptversammlung vorgestellt werden.

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