Verkehr:Giesinger Berg wird umgestaltet

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Giesinger Berg und Martin-Luther-Straße sollen fahrrad- und fußgängerfreundlich umgebaut werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Bei einem sind sich alle einig: Die Straße ist für Radfahrer und Fußgänger nicht sicher. Sie sollen deshalb mehr Platz bekommen. Die Frage ist nur - wie?

Von Patrik Stäbler

Der Weg hinab vom Giesinger Berg war schon vor 200 Jahren ein gefährlicher. So überschlug sich im Winter 1840 eine Kutsche bei der Abfahrt, was den Unternehmer Joseph von Utzschneider das Leben kostete. In den folgenden Jahrzehnten wurde die steile Berggasse dann zunehmend begradigt; überdies verringerten Umbauten die Steigung von stellenweise 15 auf vier Prozent. Dennoch ist der Giesinger Berg auch heute noch ein Ärgernis - und zwar für Radfahrerinnen und Fußgänger. Schließlich ist die Verkehrsführung dort ein Relikt aus jenen Zeiten, als das Auto alles dominierte.

Diesen Zustand will die Stadt schon lange ändern. Das wünscht sich auch das Gros der Menschen in Giesing. Bei der Antwort auf die Frage nach der optimalen Lösung gehen die Meinungen aber auseinander: Während sich die einen für eine Fuß- und Radwegbrücke über den Giesinger Berg aussprechen, favorisieren die anderen die 2021 präsentierte Idee eines Giesinger Kirchplatzes, wie dies eine Bürgerinitiative (BI) vorschlägt. Sie will den Autoverkehr zwischen Heilig-Kreuz- und Lutherkirche durch einen unterirdischen Kreisel führen, wodurch oben ein Platz "zum Verweilen und Genießen" entstünde. Zudem könnten dort Radfahrer und Fußgängerinnen verkehren, die bisher durch eine Unterführung mit Treppen müssen.

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Die von dem Giesinger Clemens Marschner gegründete Initiative hat für ihren Plan viel Unterstützung bekommen. Unter anderem forderte die Stadtratsfraktion aus CSU und Freien Wählern (FW) eine Machbarkeitsstudie; zudem sprach sich der TSV 1860 München für die Kirchplatz-Lösung aus. Die zugehörige Petition unterstützen Marschner zufolge gut 2600 Menschen. Die Unterschriften sollen noch in diesem Jahr an die Stadt übergeben werden. Man habe hier die Chance, "einen Ort mit Potenzial zu verschönern und das Zentrum von Giesing aufzuwerten", sagt der Gründer der Bürgerinitiative und räumt ein: "Die Idee ist leider ein bisschen zu spät gekommen."

Bei diesem Satz dürfte Marschner vor allem die konkurrierenden Pläne für eine Fuß- und Radwegbrücke über den Giesinger Berg im Kopf haben. Auch für dieses Projekt setzen sich seit etlichen Jahren viele Giesingerinnen und Giesinger ein. Ziel ist der Lückenschluss der Fuß- und Radverbindung zwischen dem Gasteig und Harlaching, wodurch ein durchgehender Weg entlang des Isarhochufers entstünde. Hierzu soll eine Brücke von der Straße Am Bergsteig auf dem Plateau der Heilig-Kreuz-Kirche hinüber zur Bergstraße nördlich der Lutherkirche errichtet werden. Der Bauausschuss des Stadtrats hat im Juli die Planung eines Entwurfs beauftragt. Die Genehmigung des Projekts sei fürs zweite Halbjahr 2024 vorgesehen, teilt das Mobilitätsreferat mit.

Der Pop-up-Radweg am Giesinger Berg soll ein Jahr lang bleiben. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Neben der Brücke gibt es noch ein zweites Verkehrsprojekt, das die Situation für den Fuß- und Radverkehr am Giesinger Berg verbessern soll. Gemeint sind der Umbau der Martin-Luther-Straße und der Kreuzung vor der Heilig-Kreuz-Kirche. Hier werden Fahrspuren für Autos gestrichen, damit Radfahrerinnen und Fußgänger mehr Platz bekommen. Zudem werden drei neue Ampeln für sie angelegt. Schon begonnen hat die Umgestaltung der Martin-Luther-Straße. Dort werden die Radwege zunächst provisorisch gelb markiert und verbreitert; im Gegenzug entfällt pro Richtung eine Fahrspur. Weniger Platz für Autos gibt es künftig auch am Giesinger Berg, wo bergab eine Spur wegfällt, während bergauf die Zweispurigkeit erhalten bleibt - wegen der Buslinie 68. All diese Maßnahmen sind Teil eines Pilotprojekts, das bis Herbst 2024 läuft. Danach entscheidet der Stadtrat über das weitere Vorgehen.

Der Umbau der Martin-Luther-Straße und die Brücke brächten "erhebliche Verbesserungen" für den Fuß- und Radverkehr, schreibt Mobilitätsreferent Georg Dunkel als Antwort auf den Antrag von CSU und FW zum Giesinger Kirchplatz. Um diese Projekte nicht auszubremsen, sei eine Machbarkeitsstudie derzeit nicht empfehlenswert. Ohnehin stelle ein unterirdischer Kreisel "eine große bauliche und verkehrsplanerische Herausforderung dar", so Dunkel. "Aufgrund der schwierigen Topografie und einer Flächenknappheit bestehen Bedenken, inwieweit eine Realisierung eines solchen Bauwerks überhaupt möglich wäre."

Clemens Marschner will an der Kirchplatz-Idee festhalten, selbst wenn die Brücke kommen sollte. "Das schließt sich nicht aus", sagt er. Ohnehin seien seine Pläne "ein stadtplanerisches Konzept und nicht ein Verkehrsprojekt", betont Marschner - das sei in der Öffentlichkeit oft missverstanden worden. Allerdings preist die BI in ihrem Werbevideo das Kirchplatz-Konzept als "Alternative" zur Brücke an. Gleichwohl gibt sich Marschner überzeugt: "Wenn eine Idee einmal in der Welt ist, wird sie nicht verschwinden." Er und seine Mitstreiter wollen auf jeden Fall weiter daran arbeiten.

Mit der Brücke über den Giesinger Berg, der Idee eines Kirchplatzes sowie weiteren Radverkehrsprojekten im Viertel beschäftigt sich eine Diskussionsrunde im Rahmen der "Giesinger Gespräche" der Volkshochschule an diesem Montag. Los geht's um 19 Uhr im Kulturzentrum Giesinger Bahnhof. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei.

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