Kultur in München:So geht es mit dem Gasteig weiter

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Europas größtes Kulturzentrum: Die Stadt hat wiederholt prüfen lassen, ob eine Gasteig-Grundsanierung gegenüber der mit einer Modernisierung verbundenen Generalsanierung erheblich billiger würde. (Foto: Robert Haas)

Statt einer Sparlösung setzt die Stadt auf eine Generalsanierung. Eine hochmoderne Bibliothek, eine gläserne Kulturbrücke und ein neuer Konzertsaal sollen München "Strahlkraft" verschaffen. Ob alles in diesem Jahrzehnt fertig sein wird?

Von Heiner Effern und Susanne Hermanski

Der Münchner Gasteig wird generalsaniert, der Plan von nur einer Grundsanierung ist vom Tisch. Dies steht nun schon vor der Stadtratssitzung fest, in der am 20. Dezember wieder einmal über die Zukunft von Europas größtem Kulturzentrum entschieden wird. Denn an diesem Mittwoch haben sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) als Aufsichtsratschef der Gasteig GmbH in einer gemeinsamen Mitteilung darauf festgelegt.

"Auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten stehen wir zu unseren Kultureinrichtungen", erklärt Reiter. Der Gasteig stehe weiterhin dafür, "Kultur für alle zu bieten". München wolle dem Gasteig wieder "Strahlkraft" über die Stadt hinaus verschaffen, sagt Krause, deshalb sei eine günstigere Grundsanierung keine Option. "Das wäre eine Absage an die Zukunft und kommt für mich nicht infrage." Nun wird der Siegerentwurf des Büros Henn Architekten umgesetzt, inklusive einer hochmodernen Bibliothek, einer gläsernen Kulturbrücke und dem neuen Konzertsaal.

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Wegen der Baukostensteigerung für die Sanierung des Gasteigs, die planmäßig schon vor drei Jahren hätte beginnen sollen, waren Zweifel aufgekommen, ob die Stadt diese umfassende Lösung weiter verfolgen will - und kann. Beruhend auf Kostenschätzungen, die vor der Corona-Krise errechnet worden waren, wollte die Politik die Generalsanierung auf 450 Millionen Euro deckeln. Doch schon im vergangenen Jahr hatte die Stadt keinen privaten Investor gefunden, der sich darauf einlassen wollte.

Auch der Freistaat kämpft beim Konzertsaal mit Kostensteigerungen

Im Rathaus kursiert jetzt die Summe von gut 700 Millionen Euro. Mit einer ähnlichen prozentualen Baukostensteigerung kämpft auch der Freistaat für sein Konzerthaus-Projekt im Werksviertel. Manche glaubten deshalb, die Landesregierung würde davon abrücken und beim Gasteig einsteigen. Das erwies sich spätestens mit Abschluss des neuen Koalitionsvertrags zwischen CSU und Freien Wählern, die ihr Konzerthaus abgespeckt umsetzen wollen, als Trugschluss.

Die Stadt hatte unterdessen zum wiederholten Mal prüfen lassen, ob eine Gasteig-Grundsanierung gegenüber der mit einer Modernisierung verbundenen Generalsanierung erheblich billiger würde. Denn immerhin hat die Stadt München Probleme, ihren Haushalt gesetzeskonform aufzustellen. Sie droht bereits 2026 an eine Grenze zu stoßen, von der an sie keine neuen Schulden mehr aufnehmen kann. Die Gasteig GmbH hatte aber seit Jahren betont, was nun Konsens zu sein scheint. Der finanzielle Unterschied ist so gering, dass sich ein Umschwenken und eine entsprechende Neuplanung nicht lohnt. Dabei spielen viele Faktoren mit, etwa auch Steuervorteile, die bei Modernisierungsmaßnahmen greifen, bei einer reinen Sanierung aber nicht.

Die Suche nach einem privaten Investor, mit der viel - im Baugeschäft besonders kostspielige - Zeit verloren worden ist, hat die Stadt nun aber offenkundig endgültig aufgegeben. Sanieren soll den Gebäudekomplex eine städtische Gesellschaft, die sich dazu ein Unternehmen aus der Bauwirtschaft als Partner nimmt. Ein sogenanntes Partnering-Modell soll den gordischen Knoten zerschlagen, der sich durch ständige Verzögerung und auch dadurch hervorgerufene Kostensteigerungen gebildet hat. Der Aufsichtsrat hat diesen Plan in einer Sitzung am Mittwoch beschlossen. Eine Mehrheit im Stadtrat gilt nach den Äußerungen der Stadtspitze als sicher.

Die provisorische Dachbar dürfte noch so manchen Sommer vor sich haben

Trotzdem liegt der Tag, an dem die Münchnerinnen und Münchner den alten Gasteig in neuer Frische wieder betreten können, noch in weiter Ferne. Denn es geht wieder eine zeitraubende Suche los: Auch für das Partnermodell muss die Stadt eine Ausschreibung aufsetzen und danach den Rücklauf abwarten. Bis die Bautrupps anrücken, werden Jahre ins Land ziehen. Wer sich bei den betroffenen Institutionen wie Volkshochschule und Bibliothek, bei den Philharmonikern oder im Rathaus umhört, stößt nirgendwo auf Hoffnung, dass der Gasteig noch in diesem Jahrzehnt wieder bezugsfertig sein wird. Die provisorische Dachbar und die Zwischennutzung dürften noch so manchen Sommer vor sich haben.

Die Opposition sieht die Gründe dafür als hausgemacht an. "Beim Gasteig wurde durch falsche Entscheidungen viel Zeit verloren. Grün-Rot hat den Gasteig aus politischem Kalkül in die eigenen Referate verschoben, so die Investorensuche jahrelang verschleppt und letztlich zum Scheitern gebracht", sagt CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Doch auch von ihm kommt ein klares Bekenntnis zur großen Lösung. "Der Gasteig muss generalsaniert werden, um auch in Zukunft in der ersten Liga zu spielen."

Stefanie Jenke ist als Nachfolgerin von Max Wagner und im Amt als Geschäftsführerin der Gasteig München GmbH sowohl für den Standort in der Rosenheimer Straße verantwortlich als auch für die Zwischennutzung und das Interim in Sendling. Sie zeigt sich zur jüngsten Entwicklung dennoch hoffnungsfroh und sagt der SZ: "Die Generalsanierung ist die beste Lösung für den Gasteig, für alle Institute und für die Zukunft der Kultur in München. Jetzt gibt es einen abgestimmten Plan, wie das Projekt realisiert werden kann und wir hoffen, dass bald mit der dringend nötigen Sanierung begonnen werden kann."

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