Klimaschutz:"Markus, ich will ein Windrad von Dir!"

Lesezeit: 2 min

Tausende Teilnehmer und Teilnehmerinnen forderten beim Klimastreik in München die Politik zum schnellen und entschlossenen Handeln auf. (Foto: Catherina Hess)

Rund 10 000 Menschen gehen beim Klimastreik in München auf die Straße: Die Bewegung Fridays for Future protestiert vor dem Siegestor mit guter Laune gegen die Politik von Bundes- und Landesregierung.

Von Bernd Kastner

Der Protest ist laut und wütend, aber kurz und vergeblich. Ein paar Mal drückt die junge Frau auf die Hupe ihres SUV, sie steht in der Amalienstraße, es geht nicht vor und nicht zurück. Vor ihr auf der Schellingstraße zieht der Beginn einer langen Schlange vorbei, die Frau wird bestimmt noch eine halbe Stunde feststecken.

Am Freitagnachmittag sind in der Maxvorstadt die Kräfteverhältnisse umgedreht. Fridays for Future (FFF), die Klimabewegung der Jugend, hat zur Demonstration gerufen. 5000 Teilnehmende waren angemeldet, gekommen seien 8500, zählt die Polizei. Die Veranstalter selbst schätzen die Zahl auf mehr als 10 000. München ist laut FFF eine von mehr als 240 Städten bundesweit, in der an diesem Tag demonstriert wurde.

Die Welt, sagt Amrei Küsel von FFF bei der Kundgebung vor dem Siegestor, werde zu einem gefährlichen Ort, je mehr Treibhausgase in die Atmosphäre gepustet werden - "weil zu viele Menschen mit Verantwortung ihren Job nicht machen". Der Job sei: Klimaschutz. In der kommenden Legislaturperiode nach der Landtagswahl müsse "viel, viel mehr passieren".

Der Protest kommt daher als buntes, fröhliches Fest. Der Klimastreik ist eine Demonstration der guten Laune. (Foto: Catherina Hess)
(Foto: Catherina Hess)
Neben den jungen Leuten demonstrieren auch viele ältere Menschen für mehr Klimaschutz. (Foto: Catherina Hess)

Es sind, wie üblich bei FFF, vorwiegend junge Menschen da, aber auch auffallend viele Senioren. Man sieht es an den Gesichtern und liest es auf einigen Plakaten: "Klimaschutz für meine Enkel", "Oldies for Youngsters", und ein Senior mit Sitzplatz am Rande formuliert es recht ausführlich auf seinem Plakat: "Umdenken jetzt! Stoppt die grenzenlose Gier nach mehr und noch mehr von allem ohne Rücksicht auf zukünftige Generationen."

Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace, kritisiert zwei Wochen vor der Landtagswahl die bayerische Staatsregierung für ihre Energiepolitik und vor allem Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Mit "Scheindebatten" um die Atomkraft wolle er von seinem "Versagen" beim Ausbau erneuerbarer Energien ablenken. "Katastrophal" sei die Bilanz der neu gebauten Windräder.

Passend zum Thema hat ein Demonstrant ein rosafarbenes Plakat mitgebracht, darauf ein gezeichneter Söder-Kopf, ein Windrad und eine ironische Liebeserklärung: "Markus, ich will ein Windrad von Dir!" Immer wieder skandieren Teilnehmende, was sie von der CSU halten, was gar nicht schmeichelhaft klingt. Aber auch die Grünen kriegen Kritik ab, wenngleich sie mit Fahnen vertreten sind.

Vor fünf Jahren hat Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik Fridays for Future begründet. So verheerend die jüngsten Unwetter und Waldbrände in Europa, Amerika und Afrika sind; so viel die Veranstalter zu kritisieren haben an der Politik von Bundes- und Landesregierung; so groß die Forderung nach einer Verschärfung des Klimagesetzes ist und dem versprochenen Klimageld, um den Umstieg auf eine nachhaltige Energieversorgung sozial zu gestalten: Der Protest kommt daher als buntes, fröhliches Fest. Der Klimastreik ist eine Demonstration der guten Laune, trotz allem. Eine Selbstvergewisserung, dass viele Menschen auf der Straße etwas bewegen können.

Die Sportfreunde Stiller spielen zum Abschluss der Demonstration. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Polizisten stehen entspannt am Straßenrand, und der Balkon eines Uni-Gebäudes beim Siegestor ist gut bevölkert. Auf der Bühne gibt es Livemusik: Paula Carolina spielt mit Band, und zum Abschluss treten die Sportfreunde Stiller auf.

Die Lautsprecher- und Musikwagen werden per Seil und Muskelkraft gezogen. Ein gewaltiges Lastenrad ist als mobile Mini-Bühne mit großer Soundanlage dabei: Hinten sieben Räder, vorne sieben, und drei Männer treten. Ein Senior hält ein großes Transparent einer evangelischen Kirchengemeinde in Solln. Er trägt Lederhosen und hat die Stange des Transparents in seine Hosentasche gesteckt. Ist stabil und schont die Muskeln. Jemand anderes hat auf ein großes Transparent das abgewandelte Zitat der Revolutionärin Rosa Luxemburg gemalt: "Freiheit ist immer die Freiheit der nächsten Generation."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSZ-Serie: Klimakrise - Wie sich München wandelt
:Es wird heiß werden

Wie sehen die Münchner Sommer am Ende des Jahrhunderts aus, wenn die Klimaziele verfehlt werden? Wie häufig drohen Unwetter? Eine Zeitmaschine des Landesamts für Umwelt ermöglicht einen Blick in die Zukunft der Stadt.

Von Bernd Kastner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: