Hafteinrichtung am Münchner Flughafen:Herrscht hier etwa "Humanität und Ordnung"?

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Mit der neuen Transit- und Abschiebungshafteinrichtung am Flughafen wurde der Grundstein dafür gelegt, dass Menschen Bayern verlassen müssen, die oftmals schon seit Jahren hier leben. (Foto: Stephan Rumpf)

Wer in der Stadt ankommt, ist vom ersten Tag an Münchner, so lautet die Devise. Doch die neue "Transit- und Abschiebungshafteinrichtung" am Flughafen lässt stark an der bayerischen Asylpolitik zweifeln.

Ein Kommentar von Thomas Anlauf

Es ist noch nicht so lange her, dass Joachim Herrmanns ehemaliger Dienstherr und Parteifreund Horst Seehofer in seiner letzten politischen Funktion als Bundesinnenminister feixte: "Ausgerechnet an meinem 69. Geburtstag sind 69 - das war von mir nicht so bestellt - Personen nach Afghanistan zurückgeführt worden. Das liegt weit über dem, was bisher üblich war."

In diesem noch jungen Jahr 2022 wurden zumindest aus München noch keine Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Doch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat mit dem Neubau einer "kombinierten Transit- und Abschiebungshafteinrichtung" den Grundstein dafür gelegt, dass schon bald wieder Menschen Bayern verlassen müssen, die oftmals seit Jahren hier leben. Herrmann nannte die bayerische Asylpolitik zur Eröffnung des Baus am Münchner Flughafen eine Mischung aus "Humanität und Ordnung". Man fragt sich da schon: Wie kommt er darauf bei dieser bayerischen Abschiebepraxis?

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Es mag aus Sicht des CSU-Politikers geordnet aussehen, wenn Menschen, die nach ihrer Flucht aus der Heimat in München ankommen und hier bleiben wollen, erst einmal in eine mit Stacheldraht, Videokameras und Bewegungsmeldern ausgerüstete Verwahreinrichtung auf dem Flughafengelände gebracht werden. Es sieht vielleicht irgendwie nach Humanität aus, wenn diese Menschen, darunter Familien mit kleinen Kindern, bis zur Eilentscheidung über ihre Fälle in ihrer Zwangsunterkunft Wlan, Puzzlespiele und Tischkicker haben. Doch es ist nicht human. Jeder Mensch hat ein Recht auf Asyl, dazu muss er nicht am Flughafen im Niemandsland festgehalten werden. In München nämlich gilt die Devise, die auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gerne betont: Wer hier ankommt, ist vom ersten Tag an Münchnerin oder Münchner.

Es gibt natürlich Fälle, in denen der Staat sagen muss: Dieser Mensch hat das Asylrecht missbraucht, um hier gefährliche Straftaten zu begehen. Doch dafür gibt es in Deutschland Gerichte und Gefängnisse. Dafür müssen keine Parallelstrukturen aufgebaut werden wie jetzt am Flughafen. Aber die bayerische Staatsregierung setzt eben nach wie vor auf Abschreckung, auch mit den umstrittenen Ankerzentren. Diese Unterkünfte für "Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung beziehungsweise Rückführung" werden vom Münchner Stadtrat seit Jahren als inhuman abgelehnt, der Freistaat hält daran fest. Ordnung muss sein.

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