Bundesweiter Aktionstag:Die Münchner Feuerwehr im "Twittergewitter"

Lesezeit: 3 min

Es wird getwittert - und 44 444 Follower bekommen die Nachrichten aus der Hauptfeuerwache. (Foto: Stephan Rumpf)

Mit einem Weißwurstheber-Gag ging es los: Hunderte Tweets haben die Brandbekämpfer innerhalb von zwölf Stunden abgesetzt. Auch um die Notruf-Nummer 112 bekannter zu machen.

Von Andreas Schubert

Vor Jahren hatte die Kabarettistin Luise Kinseher die Idee, ein Ding in ihr Programm einzubauen, von dem viele im Publikum weder etwas gehört, geschweige denn es gesehen haben: den Weißwurstheber. Ja, so etwas gibt es wirklich. Und nicht nur Kinseher wusste, dass die seltsam aussehende Kelle, deren Nutzen gelinde gesagt fragwürdig ist, durchaus Comedy-Potenzial hat. Auch die Münchner Berufsfeuerwehr nutzt es schon einmal, um ihre Follower auf Twitter zu erheitern.

Zum Beispiel am Freitag, als sie sich wieder am bundesweiten "Twittergewitter" beteiligt und den Tag mit einem Weißwurstheber-Gag startet. Man kennt das aus früheren Jahren: Zwölf Stunden lang schicken die Presseabteilungen verschiedener Feuerwehren Hunderte Tweets in die Welt. Neben ernsthaften Einsatzmeldungen darf da eben auch Launiges nicht fehlen, man will die Twitter-Gemeinde ja bei der Stange halten.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Der Freitag war für das Twittergewitter nicht zufällig gewählt. Seit 2009 ist der 11. Februar, also der 11.2., der europäische Tag des Notrufs. Ins Leben wurde er gerufen, um die europaweite Notruf-Telefonnummer 112 bekannter zu machen. Dazu trägt natürlich auch der Twitter-Marathon bei, der zudem über die vielfältigen Einsatzgebiete der Feuerwehr informiert.

Freilich hat die Nutzung von sozialen Medien, insbesondere Twitter, im Alltag einen ernsten und auch praktischen Hintergrund, wie Florian Hörhammer vom Presseteam erläutert. Wenn zum Beispiel irgendwo im Stadtgebiet eine Bombe gefunden werde und die Häuser evakuiert werden müssten, nutzten viele Menschen das Medium, um sich zu informieren, wann sie denn wieder in ihre Häuser dürften. Und dann sind da eben noch die vielen Einsätze der Feuerwehr, die allein schon dadurch Interesse wecken, dass sie mal spektakulär sind, etwa wenn es brennt, oder rührend, wenn etwa ein Eichhörnchen im Gullydeckel stecken geblieben ist, oder - wie an diesem Freitag in München- zur Rettung einer Taube in Not ausgerückt wird (die allerdings nicht überlebt hat).

Ein ganz normaler Tag - mit Wohnungsöffnungen, einem brennenden Mülleimer, kollabierten Menschen

Schon am Vormittag hat die Münchner Feuerwehr mehr als hundert Tweets in die Welt geschickt. In einem Raum sitzt das Team und verfolgt die Einsätze der Kollegen am Bildschirm und mittels Funkgerät. Noch ist nichts Spektakuläres passiert, ein "ganz normaler Tag", wie Hörhammer sagt, mit Wohnungsöffnungen, einem brennenden Mülleimer, kollabierten Menschen. Als ein Kollege dann einen Wohnungsbrand in Milbertshofen vermeldet, stellt sich schon bald danach heraus, dass es ein Fehlalarm war - eine Duftkerze hatte gequalmt.

Mehr als 94 000 Mal pro Jahr wird die Münchner Feuerwehr alarmiert. Damit das gar nicht erst nötig wird, setzt sie auf Aufklärung und Prävention. Was den Brandschutz angeht, so ist die Feuerwehr zum Beispiel bei Neubauprojekten beratend aktiv, hier geht es etwa darum, dass die Bauten gut erreichbar sind und die Rettungskräfte nicht behindert werden. Und natürlich kontrolliert die Branddirektion der Stadt auch Büro- und Wohnhäuser, ob zum Beispiel Fluchtwege frei oder Brandschutztüren wirklich geschlossen sind.

Bewohner machen häufig den Fehler, dass sie im Treppenhaus Sachen abstellen, die dort nicht hingehören, weil sie im Weg stehen oder potenziell entzündlich sind. Auch die Haustüren sollten immer geschlossen bleiben, um Brandstifter abzuhalten. Brandstiftung, erklärt der Leitende Branddirektor Peter Bachmeier, sei in München tatsächlich häufig die Ursache, wenn es brennt.

Vor dem Löschzug kommt die Feuerbeschau: Branddirektor Peter Bachmeier spricht über Prävention. (Foto: Stephan Rumpf)

"Die Feuerbeschau ist das Vorauskommando des Löschzugs", sagt Bachmeier, der auch von neuen Herausforderungen für die Retter spricht. So kommt es immer häufiger zu Bränden durch Akkus von E-Bikes oder E-Scootern - und zwar vor allem dann, wenn es sich um Billigware von schlechter Qualität handelt. Auch der Trend zum Bauen mit Holz und natürlichen Dämmstoffen erfordert andere vorbeugende Brandschutzmaßnahmen als früher.

Die von der Politik angestrebte Mobilitätswende und die Veränderung des öffentlichen Raumes können ebenso Auswirkungen auf die Arbeit der Einsatzkräfte haben. Hier setzt sich die Feuerwehr dafür ein, dass die Einsatzfahrzeuge in der Stadt weiterhin gut vorwärtskommen, auch wenn zum Beispiel Fahrspuren für den Autoverkehr weggefallen sind, weil neue Radwege gebaut werden.

Um Prävention geht es auch am Freitag beim Twittergewitter, bei dem die Feuerwehr die Marke von 44 444 Followern geknackt hat. Die bekamen dann auch zu sehen, wie so ein Weißwurstheber tatsächlich funktioniert. Dazu haben die Kollegen ein kleines Filmchen vom siedenden Wurstkessel ins Netz gestellt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCorona-Spaziergänge
:Eine Gruppierung zwischen Ratlosigkeit und Rage

Immer weniger Anhänger von "München steht auf" gehen auf die Straße. Intern wird über die Ausrichtung der Bewegung gestritten. Manche hätte es gerne noch radikaler.

Von Martin Bernstein

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: