Verkehr:Gut im Tritt

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Als Alternative zu einem Zweitwagen sind Lastenräder beliebt, gern auch mit elektrischer Unterstützung. (Foto: Robert Haas)

Der Markt für Fahrräder entwickelt sich rapide, im Trend sind für die Stadt vor allem "Cargo Bikes". Die Preise können im Bereich eines guten Gebrauchtautos liegen

Von Andreas Schubert

Schon klar: Die Corona-Krise hat das Fahrradfahren geradezu beflügelt. Läden kamen teilweise nicht mehr mit Bestellungen hinterher. Und wenn man die Präsentation des "Pressediensts Fahrrad" besucht, wird einem schnell klar, dass Fahrrad bei Weitem nicht gleich Fahrrad ist. Und dass die Fahrzeuge immer aufwendiger und immer teurer werden. Am Donnerstag hat Fahrradexperte Gunnar Fehlau im Verkehrszentrum des Deutschen Museums wieder Trends in der Fahrradwelt vorgestellt. Als Kulisse diente wieder die Abteilung, in der historische Räder ausgestellt sind.

Dieser Kontrast zwischen Alt und Neu verstärkt natürlich die Wirkung der Präsentation. Denn inzwischen sind Fahrräder längst mit modernster Technik ausgestattete Geräte, die schon mal den Preis eines guten Gebrauchtautos kosten können. 8000 Euro für ein Liegerad mit Elektroantrieb? Ganz normal. Mittlerweile können Liegeradfahrer sich sogar aussuchen, ob sie lieber einen Sportsitz oder einen bequemeren breiten Sitz haben wollen. Fehlau, der sich als Journalist und Buchautor mit dem Radfahren beschäftigt, sieht ganz klar den Trend weg vom Zweitwagen, hin zum - gerne auch elektrisch unterstützen - Lastenrad, oder auch "Cargo Bike" genannt. Solche Lastenräder blieben einer der wichtigsten Radtrends der heutigen Zeit. Moderne Modelle verfügen natürlich über einen Diebstahlschutz und dank neuer Lenksysteme auch über geringere Wendekreise. Letzteres erhöht zwar den Fahrkomfort, das Problem der Stellplätze in Städten wie München ist bei mehr als zwei Metern Länge allerdings nicht gelöst.

Wer Fehlau eine Weile zusieht, wie er für die Fachpresse Produkt um Produkt vorstellt, bekommt richtig Lust auf Radfahren. Da ist von neuen Reifen die Rede, deren Reifendruck sich man auf einer App ansehen kann. Man bekommt ein für zwei Personen zugelassenes Rad mit gepolstertem Rücksitz und Fußraster zu sehen oder auch ein faltbares E-Bike, das sich auf die Größe eines Aktenkoffers verkleinern lässt. Der Akku selbst ist ebenfalls in einer Tasche verstaut, die der Nutzer lediglich über der Vordergabel einhängen muss, schon ist der Akku mit dem Fahrzeug verbunden. Auch so ein Faltrad hat seinen Preis. Das Modell eines britischen Herstellers etwa, das am Donnerstag vorgestellt wurde, gibt es ab 3150 Euro - das entspricht sechs Jahresabos des MVV für das Münchner Stadtgebiet.

Aber gut: Der aktuelle Radtrend rührt ja auch daher, dass viele noch immer die öffentlichen Verkehrsmittel aus Angst vor Ansteckung meiden. Weil das auch viele Pendler sind, kommen die Hersteller diesen mit allerlei Zusatzausrüstung entgegen. Abgesehen von immer leistungsfähigeren E-Motoren und immer komfortableren Schaltungen gibt es etwa neuartige Packsysteme, die mit den Satteltaschen von einst nur noch wenig zu tun haben. Befestigt werden können Taschen mittels neuer Halterungen nun auch an der Gabel, und unter der Querstange und selbstverständlich nach wie vor am Gepäckträger - allerdings auf einer Halterung stehend. Das kommt natürlich auch Tourenfahrern im Urlaub zugute, die für jeden zusätzlichen Stauraum dankbar sind. Was den Radsport angeht, so wächst auch das Angebot an E-Mountainbikes. Manch traditionell gesinnter Bergwanderer mag diese für Teufelswerk halten und die zunehmende Zahl an Mountainbikern verfluchen, die sich scheinbar mühelos von einem Elektromotor nach oben schieben lassen. Dem hält Fehlau dagegen, dass es sich auch beim E-Mountainbike-Fahren um "echten Sport" handle. Schließlich müssen Radler ja noch immer treten, um vor- respektive aufwärts zu kommen. Damit der E-Mountainbiker beim Gipfelsturm nicht vom Rad rutscht, gibt es nun auch eigens für steile Strecken konstruierte Sättel. Wer sich über die verschiedenen Hersteller schlau machen will, findet auf der Internetseite pd-f.de ausführlichere Informationen.

Freilich kann man sich bei einigen Dingen fragen, ob es sie wirklich braucht. Aber eine Ausrüstung hat bei den heutigen Fahrradpreisen an Bedeutung gewonnen: das Schloss. Wer bereit ist, knapp 250 oder gar 300 Euro auszugeben, bekommt etwa eines, das sich per App oder Fernbedienung steuern lässt und mit einem 100 Dezibel lauten Alarmton Diebe verscheuchen soll. Sicher ist sicher.

© SZ vom 04.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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