Wohngebäude in Milbertshofen:Wäre doch schade um die Fassade

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Das kleine Wohnhaus mit Laden an der Schleißheimer Straße 314 ist über 100 Jahre alt. (Foto: Robert Haas)

Ein 100 Jahre altes Gebäude an der Schleißheimer Straße sollte abgerissen werden. Nun wird geprüft, ob es ein Denkmal ist. Hat die Stadt das historische Haus übersehen?

Von Lea Kramer

Eine private Omnibusverbindung in die Innenstadt, mit Bäumen gesäumte Alleen und riesige Grundstücke mit viel Platz für luxuriöse Villen: Wer dabei an Bogenhausen denkt, liegt zwar nicht falsch. Doch um die Wende zum vorvergangenen Jahrhundert gibt es in München zahlreiche Gegenden, in denen ähnliche Siedlungen für wohlhabende Münchnerinnen und Münchner entstehen.

So auch im Norden der Stadt, der heute eher für seine Industrie- und Gewerbeflächen bekannt ist. Entlang der Schleißheimer Straße gibt es noch vereinzelt Zeugnisse dieser Zeit. Eins davon - ein 100 Jahre altes Wohngebäude - soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Bislang steht das historische Haus nicht unter Denkmalschutz. Obwohl die Bauakte in den städtischen Behörden über mehrere Tische ging, ist das Gebäude an der Schleißheimer Straße offenbar keinem aufgefallen.

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191o zählte Milbertshofen 4001 Einwohner und war damit die kleinste Stadt in Bayern. Die Selbständigkeit der Mini-Kommune war allerdings nicht von langer Dauer, trotz guter Infrastruktur und Anbindung an die Stadt. Zwei frühere Bürgermeister hatten sich an Gemeindemitteln bereichert und so die kommunalen Kassen leergeräumt. 1891 und 1897 bewarb sich Milbertshofen um eine Eingemeindung nach München, doch erst 1910 stimmte der Magistrat der bayerischen Landeshauptstadt diesem Antrag zu. Drei Jahre später war es dann so weit: Am 1. April 1913 wurde das überschuldete Milbertshofen ein Münchner Stadtbezirk.

Ein offizieller Untersuchungsfall

In den Wochen und Monaten rund um dieses Datum ist das kleine Wohnhaus mit Laden an der Schleißheimer Straße 314 entstanden. "Aus den Bauakten der Landeshauptstadt München geht hervor, dass es im Jahr 1913 erbaut wurde", sagt Juliane Grimm, Sprecherin des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Die Fassade sei noch umfassend aus der Bauzeit überliefert, was eine eingehende Prüfung des Gebäudes auf seine Denkmaleigenschaften rechtfertige, sagt sie. Als Denkmal ist das Haus nämlich bislang nicht geschützt. Aufmerksam geworden war die Landesbehörde auf diese mögliche Lücke in seiner Denkmalliste durch eine Anfrage der Abendzeitung, die zuerst über den Fall berichtet hatte.

Mit dieser geplanten Prüfung ist das bewohnte Gebäude ein offizieller Untersuchungsfall geworden und darf somit erst einmal nicht abgerissen werden. Genau das hatte die Eigentümerin - eine Projektgesellschaft mit Sitz in Oberhaching - eigentlich geplant. Im Dezember war bei der Stadt ein Bauantrag zum Neubau eines Wohnhauses mit zwölf Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage eingegangen. Wie aus Grundbuchdaten hervorgeht, hatte die Gesellschaft das Haus im Sommer 2021 erworben. Im Internet kann man sich für den Neubau unter dem Titel "Schleißheimer" bereits vormerken lassen. Dort wird vor allem die Nähe zum Luitpoldpark und dem Autobauer BMW angepriesen. Demnach sei "eine Nachverdichtung für familienfreundliche Wohnungen" geplant.

Da die Adresse im Münchner Norden im Milieuschutzgebiet liegt, ist das Immobiliengeschäft im vergangenen Jahr bei der Stadt angezeigt worden. Die Stadt hätte also an dieser Stelle theoretisch die Möglichkeit gehabt, das Haus selbst zu kaufen.

"Nach den Stadtratsrichtlinien für die Ausübung von Vorkaufsrechten wurde von einer Ausübung des Vorkaufsrechts abgesehen, da das Anwesen weniger als vier Wohnungen umfasst und weniger Wohnbaurechtsreserve als 600 Quadratmeter Geschossfläche vorhanden ist", sagt eine Sprecherin des Kommunalreferats. Dieses Vorgehen hat der Stadtrat 2019 so für kleine Grundstücke beschlossen. Hier wird dem Käufer auch keine Abwendungserklärung abverlangt, in der er sich verpflichten muss, Mietwohnungen nicht in Eigentumswohnungen umzuwandeln oder unangemessene Modernisierungsmaßnahmen zu unterlassen.

Bis die Denkmalschutzbehörde die historische Substanz des Anwesens geprüft hat, ist das Baugenehmigungsverfahren ausgesetzt. Ob Milbertshofen ein neues Denkmal bekommt oder erneut ein historisches Gebäude verliert, wird erst noch entschieden.

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