Ukraine-Demos in München:Freiheit, die ich meine

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"Frieden für die Ukraine" heißt es unter anderem auf Plakaten, die am Samstag bei der Demo am Stachus hochgehalten werden. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Krieg in der Ukraine rückt einige zuletzt schwer verschobenen Relationen zurecht: Wenn Gegner der Corona-Maßnahmen demnächst wieder demonstrieren und dabei mit Slogans wie "Frieden, Freiheit, keine Diktatur" kommen, laufen sie Gefahr, sich lächerlich zu machen.

Kommentar von Joachim Mölter

Seit Wochen und Monaten wird in der Münchner Innenstadt regelmäßig demonstriert, eher mehr als weniger wild. Es geht um Frieden und Freiheit, wie sich die Teilnehmer immer wieder gegenseitig versichern, so wie Fans im Fußballstadion sich eben ihre Parolen zurufen. Irgendwo schreien sie "Frieden", von woanders schallt dann "Freiheit" zurück. Nach ihrer Vorstellung wehren sich diese Demonstranten gegen eine Diktatur, die der Bevölkerung eine Lebensweise aufzwingt, die sie nicht haben wollen. Sie möchten sich und andere nicht schützen vor einem aggressiven Eindringling, dessen Gefährlichkeit sie abstreiten, sofern sie seine Existenz überhaupt zugeben.

Frieden, Freiheit, keine Diktatur - diese Schlagwörter waren bis zum vergangenen Mittwoch vor allem zu hören und zu lesen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, das alle Menschen zu anderen Verhaltens- und damit Lebensweisen nötigt. Frieden, Freiheit, keine Diktatur - das sind große Worte, mit denen alle möglichen Leute gegen simple Infektionsschutzmaßnahmen protestieren. Weil diese Leute es für unzumutbar halten, für menschenunwürdig sogar, Masken zu tragen und Abstand zu halten, tun sie das bei ihren Demonstrationen demonstrativ nicht. Und wenn sie von der Polizei hingewiesen werden, die geltenden Regeln einzuhalten, werden sie aggressiv, sogar körperlich.

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Es ist möglich, mit Masken und Abstand zu protestieren

Auch am vergangenen Wochenende waren in der Münchner Innenstadt Menschen unterwegs, die für Frieden und Freiheit kämpfen und gegen eine Diktatur, die ihnen eine Lebensweise aufzwingen will, die sie nicht haben wollen. Doch diese Menschen trugen Masken und hielten Abstand, so gut es eben ging. Die Polizei schrieb später, dass sich sämtliche Demonstrations-Teilnehmer an die Hygieneregeln gehalten hätten und sehr kooperativ gewesen seien. Es ist also möglich, mit Masken und mit Abstand und trotzdem friedlich in einer größeren Gruppe durch München spazieren zu gehen.

Frieden, Freiheit, keine Diktatur - die Menschen am Wochenende sind mit denselben Schlagwörtern auf die Straße gegangen wie ihre Vorgänger, Vorläufer, Vorspazierer in den Wochen und Monaten zuvor. Doch diesmal hatten diese Begriffe eine andere Bedeutung, eine ungleich größere. Der Krieg in der Ukraine rückt in dieser Hinsicht einige zuletzt schwer verschobene Relationen zurecht. Wenn die Gegner der Corona-Maßnahmen demnächst wieder mal demonstrieren wollen und dabei mit den Slogans Frieden, Freiheit, keine Diktatur um die Ecke kommen, laufen sie jedenfalls Gefahr, kleingeistig zu wirken, wenn nicht lächerlich. So traurig das ist. Im Fußballstadion würde ihnen eine klare Botschaft entgegenschallen: "Ihr könnt nach Hause gehen!"

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