Corona-Pandemie:Was bedeuten die neuen Beschlüsse für München?

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Bei manchen Unternehmen kommen die Corona-Hilfen nicht an. Das Gastgewerbe warnt vor einer Pleitewelle aufgrund des Dauer-Lockdowns. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die geplanten Lockerungen der Corona-Maßnahmen stoßen zwar auf Zustimmung, aber sorgen auch für viel Verwirrung. Vieles hängt vom Inzidenzwert ab, und der nähert sich in der Stadt wieder der 50er-Marke an.

Von Heiner Effern, Jan Christoph Freybott und J. Kronsteiner

Die Stadt wird den Corona-Lockdown weniger stark lockern als es zunächst der Papierform nach möglich zu sein schien. Der Krisenstab beschloss am Donnerstagabend, dass München bei den geplanten Erleichterungen den mittleren Weg gehen will, der für eine Inzidenz zwischen 50 und 100 vorgegeben ist. Dier Wert liegt in der Stadt zwar im Moment noch bei 45,6 Infizierten pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen und damit unter der entscheidenden 50er-Grenze. Doch er stieg zuletzt konstant an. Damit ist auch zweifelhaft, ob der Einzelhandel in München von Montag an wie erhofft zu großen Teilen öffnen kann. Der Besuch von Museen oder des Zoos wird nur mit Terminbuchung und Dokumentation möglich sein. Der kontaktfreie Außensport für bis zu zehn Personen wird wohl auch noch warten müssen.

In der offiziellen Mitteilung der Stadt zu den Ergebnissen des Krisenstabs heißt es, dass sich "die städtischen Museen sowie der Tierpark Hellabrunn . . . für kommende Woche auf das Szenario 'Inzidenzwert 50 - 100' vorbereiten sollen". Man setze auf "Verlässlichkeit und Planbarkeit". Der Handel oder der Sport werden zwar nicht ausdrücklich genannt, doch ist schwer vorstellbar, dass sie groß öffnen können, wenn der Krisenstab der Stadt selbst die Lage als nicht stabil einschätzt. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) forderte den Freistaat auf, "schnellstens ganz konkret" festzulegen, welche Kriterien an eine stabile Inzidenz anzulegen seien. "Denn gegenwärtig können wir nur davon ausgehen, dass wir kommende Woche stabil unter dem Inzidenzwert 100 liegen werden."

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Wolfgang Fischer, der Sprecher der im Verein City-Partner zusammengeschlossenen Händler der Innenstadt, hatte sich vor der Sitzung des Krisenstabs noch optimistisch geäußert. "Wir waren sehr positiv überrascht", kommentierte er die Ergebnisse des Treffens der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten. Zur Freude kam aber schnell bei ihm auch die Frage auf, was denn hinter dem kleinen Wort "stabil" zu verstehen sei. Er ärgerte sich da schon über die Interpretationsspielräume in Beschlüssen, die für seine Händler von existenzieller Bedeutung sind und dazu auch noch zu extrem kurzen Vorlaufzeiten führen. "Glauben die, man kann in ein großes Kaufhaus reingehen, das Licht einschalten und dann die Türen öffnen?"

Zu den wenigen Bereichen, die nicht von stabilen Werten abhängig sind, gehört der Buchhandel. Die Läden dürfen von Montag an öffnen, unabhängig vom Inzidenzwert. "Wir freuen wir uns natürlich über die Öffnung", sagt Georg Ottmann, stellvertretender Geschäftsführer der Buchhandlung Lehmkuhl nahe der Münchner Freiheit. "Die Kunden im Laden zu begrüßen, ist eben doch noch etwas anderes." Ein Kunde pro zehn Quadratmeter ist erlaubt. Keine große Umstellung, denn diese Vorgabe galt bereits im vergangenen Jahr. Eine automatische Lichtschranke zählt bei Lehmkuhl, wie viele Kunden im Geschäft sind.

Bei den Gastronomen in München überwiegen hingegen Frust und Ratlosigkeit. Sie fürchten ein großes Hin und Her bei den Öffnungen. "Ich kann das Konzept nicht befürworten. Der Bürger begreift diese Benimmregeln bei den unterschiedlichen Inzidenzwerten nicht. Das ist für unsere Branche kein schlüssiges Konzept", sagte der Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes, Christian Schottenhamel. Bleibt die Inzidenz stabil unter 100, dürfte nach derzeitigem Stand die Außengastronomie öffnen, Gäste aber nur mit vorheriger Terminbuchung empfangen.

Die Möglichkeit, Schnelltests vor dem Restaurantbesuch anzubieten, sieht Schottenhamel nur als Übergangslösung: "Aber sympathischer machen sie den Restaurantbesuch nicht." Ferner seien die Schnelltests auch eine Kostenfrage. Kleine Gastronomen können sich die Tests für jeden Kunden schwer leisten. "Wir sprechen hier von vier bis zehn Euro pro Test," rechnet Schottenhamel vor, "entweder der Kunde zahlt diesen Preis als Eintritt, oder Bier und Essen werden einfach teurer."

Das Elefantenjunge Otto kann man bald wieder im Tierpark besuchen. (Foto: Navin Adami/Tierpark Hellabrunn)

Wenn es mit dem Biergarten noch dauert, könnte so mancher in den Tierpark ausweichen, um frische Luft zu schnappen und wieder andere Gesichter zu sehen. Die Mitarbeiter bereiteten sich vorsorglich bereits auf das Szenario mit einem Inzidenzwert zwischen 50 und 100 vor. Der Plan für den Eintritt mit personalisierten Tickets "liegt in der Schublade", sagte eine Sprecherin. Das System kam auch schon vor dem Lockdown zur Anwendung. "Wir freuen uns, dass wir eine Öffnungsperspektive haben. Wir kriegen das hin."

Das haben sich auch die Sportvereine vorgenommen, die nun sehr gebremst wieder ihr Angebot aufnehmen können. Er sei "sehr glücklich", dass eine Öffnungsperspektive vorliege, sagt der Kreisvorsitzende des Bayerischen Landessportverbands, Hermann Brem. Die Vereine hätten mit den unübersichtlichen Regeln und Grenzen einen großen Aufwand zu bewältigen, würden das aber positiv gestimmt versuchen.

© SZ vom 05.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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