Kultur während Corona:Jetzt wird's eng

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Wird es jemals wieder so voll werden? Im Febrauar 2020 sind mehr als 800 Menschen ins Residenztheater gekommen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Das ging aber schnell: Gerade hatte man sich an ausgebaute Sitzreihen und leere Theater gewöhnt, da soll plötzlich alles wieder fast normal sein. Eine Herausforderung - nicht nur für die Kulturschaffenden.

Glosse von Christiane Lutz

Junge Münchnerinnen und Münchner kennen das ja nur aus Erzählungen ihrer Großeltern: rauschende Konzerte in der Olympiahalle mit Tausenden, ganz ohne Abstand und Maske, berstend volle Ränge in der Staatsoper und ach, das obligatorische Garderobengedränge im Anschluss an die Vorstellung.

Die jungen Leute kennen Theater und Musik nur aus dem Internet, die meisten wissen gar nicht, dass es sogar echte Häuser in München gibt, in denen das Internet abgefilmt wurde und in die man sich, Tatsache, auch hinein setzen kann. Theoretisch. Zu lang saß bekanntlich niemand drin.

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Umso erstaunlicher, was nun passiert. Denn seit Donnerstag gelten in Bayern neue Corona-Regeln. Im Grunde dürfen sich die Münchner von fast allem, was ihnen lieb und teuer oder zumindest Gewohnheit geworden ist, verabschieden. Die FFP2-Maske darf wieder gegen dieses OP-Ding getauscht werden, welches einem inzwischen allerdings so windig vorkommt, dass man sich fragt, wie damit jemals seriös in Krankenhäusern gearbeitet werden konnte.

Für die Theater, Konzerthäuser und Kinos heißt es nach Monaten der Halbleere und totalen Leere plötzlich von der Staatsregierung: bitte die Bude ganz vollmachen, alle nur rein da, wenn denn 3G eingehalten wird. Schluss mit dem bequemen Herumlungern in Theatersitzen bei ausgebauten Reihen und gigantischem Platz bis zur Nebenfrau! Die Gliedmaßen eingefahren, jetzt wird wieder zusammengerückt. Huch. Das ging jetzt aber doch etwas schnell.

Es ist zu befürchten, dass die Münchner Kinos, Theater und Konzerthäuser gar nicht mehr wissen, wie man das macht, volles Haus. Gelingt ein Einlass von 2000 Menschen ohne Schlägerei? Sind genug Toiletten für alle da? Schaffen es alle rechtzeitig an den Platz, bevor es losgeht, schließlich finden etliche Münchner den Weg ins Kino gar nicht mehr. Ganz zu schweigen vom nigelnagelneuen Volkstheater, das jetzt wo anders steht, nämlich im Schlachthofviertel.

Die Staatsoper bat direkt um Verständnis, man müsse den Vorverkaufsstart verschieben, der Saalplan müsse angepasst werden. Auch mit den Gefühlen der Zuschauer ist sensibel umzugehen, das Prinzip Sitznachbar haben alle verlernt, eine geteilte Armlehne gar, um Himmelswillen, das beherrschen nur ein paar ganz wenige. Am besten wäre natürlich, das Haus gar nicht ganz voll zu machen. Hatte die Idee eigentlich schon mal jemand?

© SZ vom 04.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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