Cannabis-Legalisierung:Wo das Kiffen in München künftig erlaubt ist

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Gemütlich einen Joint unter Freunden zu rauchen, wird künftig auch in der Öffentlichkeit erlaubt sein - zumindest in bestimmten Gebieten. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Mit der Freigabe der Droge wird auch der Konsum in der Öffentlichkeit möglich - zumindest mit etwas Abstand zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Ein Stadtplan zeigt, wo diese Rauchzonen liegen.

Von Stephan Handel

Rund um die Münchner Freiheit ist es ziemlich rot. Überhaupt sind große Teile der Stadt rot eingefärbt - und das ist mal nicht politisch gemeint: Aktivisten haben sich die Arbeit gemacht und im Internet auf einem Stadtplan eingezeichnet, wo denn vom 1. April an der Konsum von Cannabis erlaubt ist - beziehungsweise wo nicht. Auch am Flaucher, wo es an lauen Sommerabenden praktisch durchgehend würzig riecht, müssen die Kiffer künftig aufpassen, wo sie sich niederlassen.

Die Bundesregierung will von diesem Datum an Cannabis wenn schon nicht legalisieren, dann zumindest entkriminalisieren. Es soll Volljährigen erlaubt sein, 25 Gramm der Droge bei sich zu führen und 50 Gramm zu Hause aufzubewahren. Freizeitgärtnern unter den Kiffern wird der Anbau von drei Pflanzen erlaubt.

Cannabis-Verbotszonen am Flaucher... (Foto: SZ-Karte: OpenStreetMap, Bubatzkarte.de)

Keine Regel jedoch ohne Ausnahme - die werden im Cannabis-Gesetz in erster Linie mit dem Jugendschutz begründet. Der öffentliche Konsum ist nicht erlaubt in Schulen, auf Kinderspielplätzen, in Kinder- und Jugendeinrichtungen und in Sportstätten. Der Gesetzestext spricht außerdem jeweils von einem Verbot in Sichtweite solcher Einrichtungen - und unter Sichtweite soll ein Abstand von bis zu 100 Metern verstanden werden.

Kein Wunder also, dass München rot ist - 765 öffentliche Spielplätze, 264 öffentliche Schulen, 1500 Kitas, und jeweils 100 Meter Sperrzone drumherum, da bleibt nicht mehr sehr viel übrig für einen gemütlichen Joint unter Freunden. Am Marienplatz, da scheint es zu gehen - aber in Fußgängerzonen ist Kiffen dann zwischen 7 und 20 Uhr verboten.

...am Marienplatz... (Foto: SZ-Karte: OpenStreetMap, Bubatzkarte.de)

An der Münchner Freiheit schieben sich die Verbotszonen ziemlich nah an den Platz heran, da müsste man schon fast mit dem Metermaß arbeiten, um herauszufinden, ob man auf der sicheren Seite ist. Und eines gilt überall: Der Konsum von Cannabis in "unmittelbarer Gegenwart" von Kindern und Jugendlichen ist grundsätzlich verboten.

...und an der Münchner Freiheit. (Foto: SZ-Karte: OpenStreetMap, Bubatzkarte.de)

Cannabis-Konsumenten tauchen selten bei Drogenberatungsstellen auf, und wenige konsumieren so ausschweifend, dass sie in der Psychiatrie landen. Die Polizei legt ihr Augenmerk eher auf härtere, gefährlichere Drogen. So gibt es kaum seriöse Zahlen darüber, wie viele Menschen in München regelmäßig zum Joint greifen. Werner Degenhardt ist Sprecher des "Cannabis Social Club" (CSC) und schätzt die Zahl auf etwa 300 000 - das wäre allerdings erheblich über dem Bundesdurchschnitt: Nach einer Studie aus dem Jahr 2021 haben 8,8 Prozent aller Bürger in den zwölf Monaten vor der Befragung mindestens ein Mal Cannabis konsumiert. Bei dieser Quote wäre in München mit gut 130 000 Konsumenten zu rechnen.

Werner Degenhardts "Cannabis Social Club" musste sich die Eintragung ins Vereinsregister im vergangenen Jahr erst vor dem Verwaltungsgericht erkämpfen: In der Satzung steht, dass auch Cannabis angebaut werden soll, sobald der Anbau legal ist. Das Amtsgericht, das über die eingetragenen Vereine Buch führt, sah darin einen - noch - illegalen Vereinszweck und verweigerte zunächst die Eintragung.

Aber das mit der legalen Plantage wird für den CSC sowieso nichts werden - oder erst auf Umwegen. Das Gesetz erlaubt die Gründung sogenannter Anbauvereinigungen, die aber nichts dürfen als das: Cannabis anpflanzen und die Endprodukte beziehungsweise Stecklinge oder Samen an ihre Mitglieder weiterzugeben. Mit der eigentlichen Idee des "Social Clubs" hat das nichts zu tun. Ein Vereinsleben, eine Community rund um Cannabis ist nicht erlaubt. Als Alternative bleibt dem CSC nur, Anbauvereinigungen zu gründen, die aber vom eigentlichen Club streng getrennt sein müssen.

Der CSC hat momentan 50 Mitglieder, 150 Beitrittsanträge werden geprüft. Werner Degenhardt sagt, dass sie schon Flächen rund um München im Auge haben, wenn es dann mal losgeht mit den Anbauvereinigungen - wo die Grundstücke liegen, will er nicht sagen, die Vermieter wollen sich vorerst noch bedeckt halten. Für ihren Verein selbst suchen sie in München eine Bleibe - und könnten so eine Vorschrift umgehen: In und um die Liegenschaften der Anbauvereinigungen darf nicht gekifft werden, aber ein Vereinsheim wäre ja etwas anderes. Degenhardt: "Wahrscheinlich müsste man nur schauen, wie man um das Rauchverbot herumkommt."

Polizei und Ordnungsbehörden sollen "sehr genau" kontrollieren

Aber selbst nach Degenhardts Einschätzung wird es wohl noch dauern, bis das Hanf freigegeben wird: Zwar hat der Bundestag das Cannabis-Gesetz beschlossen, am 22. März aber kommt es in den Bundesrat. Der kann das Gesetz zwar nicht verhindern, es aber zumindest verzögern, indem er den Vermittlungsausschuss damit befasst, was vor allem die unionsgeführten Länder anstreben. Sollte es dort durch sein, so hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt, den bayerischen Cannabis-Konsumenten das Leben so schwer wie möglich zu machen. Und auch Söders Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) lässt mitteilen, dass das Gesetz "so streng wie möglich" ausgelegt werden soll.

Deswegen, glaubt Werner Degenhardt, werde die Bearbeitungszeit "bestimmt zwei Jahre" dauern, wenn von Juli an die Genehmigung der Anbauvereinigungen beantragt werden kann. Wer die Einhaltung der Vorschriften überwacht, ist momentan ebenfalls noch unklar: Das Gesundheitsministerium teilt mit, dass "Polizei und Ordnungsbehörden sehr genau" kontrollieren werden. Die "genaueren Details" seien derzeit "in Abstimmung".

Wenzel Cerveny betreibt in München zwei Hanf-Läden und hat in Aschheim kürzlich den wohl größten einschlägigen Supermarkt Deutschlands eröffnet. (Foto: Wolfgang Maria Weber/Imago)

Wenzel Cerveny blickt dem Ganzen offensichtlich gelassen entgegen. Seit Jahren ist der Hanf-Aktivist geschult im politischen wie juristischen Streit um die Freigabe von Cannabis. Cerveny betreibt in München zwei Läden, in denen er legale Hanf-Produkte verkauft, etwa Kleidung. Durch die Freigabe, wenn sie denn kommt, ändert sich für ihn zunächst einmal nichts, glaubt er - außer vielleicht bei Produkten zur Aufzucht der Pflanzen, zum Beispiel Beleuchtungssystemen.

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"Was die Leute eigentlich wollen, dürfen wir nicht anbieten", sagt Cerveny. Dabei sieht er aber schon eine Lücke im Gesetz: Samen und Stecklinge für Cannabis-Pflanzen können über ausländische Online-Plattformen bestellt werden. Wenn das von April an oder später legal sein wird, dann "können sie uns den Verkauf in Deutschland nicht verbieten", sagt Cerveny. "Das verstieße gegen EU-Recht."

Cerveny, Degenhardt und alle anderen an der Materie interessierten Münchner warten nun zunächst einmal auf den 22. März. Dann wird sich herausstellen, wie lange es noch dauert, bis auch hier legal gekifft werden darf - am Marienplatz, am Flaucher, an der Münchner Freiheit. Eben überall dort, wo München nicht rot ist.

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