Die Bewohner von Untergiesing und Harlaching haben erhöhten Diskussionsbedarf - das zeigte sich nun bei der Bürgerversammlung für ihren Stadtbezirk. In der Sporthalle an der Säbener Straße ging es vor allem um das bei vielen Anwohnern ungeliebte Projekt "Candid-Tor". Mehrere Anträge dazu glichen in Summe einer Breitseite der Ablehnung des geplanten 64-Meter-Büroturms in Form gestapelter Würfelelemente. Wobei keineswegs nur die kühne Architektur sowie die Gebäudehöhe auf Kritik stoßen, sondern ebenso das Nutzungskonzept der Investoren. Ein "Identifizierungspunkt für die Bürger", wie von den Planern beworben, wäre das Ganze nicht, eher ein Zeugnis der Gentrifizierung, hieß es. Überdies sei mit einer "einschneidenden Wirkung auf das Erscheinungsbild von Untergiesing" zu rechnen - und zwar mit einer negativen.
Durch das Bauvorhaben an der Candidstraße sehen viele Stadtteilbürger sogar ihre Gesundheitsversorgung bedroht. Zwar beinhaltet die aktuelle Planung ein Medizinzentrum, doch dies würde rein privatwirtschaftlich ausgerichtet, monierten mehrere Redner. Kassenpatienten hätten vermutlich das Nachsehen. Unter breiter Zustimmung wurde ein städtebaulicher Wettbewerb für das Gelände gefordert, in dem Jugendfreizeiteinrichtungen, Grünflächen und ein Kulturzentrum wichtige Vorgaben sein müssten. Verlangt wurden ferner Gutachten, die Aspekte wie Ökologie, Verkehr, Lärm- und Lichtverschmutzung ausloten.
Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Sebastian Weisenburger (Grüne) trug mit dem Hinweis zur Beruhigung bei, dass noch kein Baurecht bestehe, dieses müsste der Stadtrat überhaupt erst schaffen. "Momentan gibt es nur die Idee eines Investors", betonte Weisenburger. Der Bezirksausschuss (BA) Untergiesing-Harlaching hat sich bereits klar gegen das Projekt positioniert. "Es passt einfach nicht zu unserem Stadtviertel", sagte der BA-Vorsitzende. Das sei auch die Botschaft zweier Workshops gewesen.
Die übrigen Kümmernisse des Stadtbezirks nehmen sich, gemessen am dicken Brocken Candid-Tor, überschaubar aus. Beklagt wurden Rauch- und Lärmbelästigungen "mit Dauerwummern von Bässen" durch Feiernde an der Isar, die Einstellung oder Taktausdünnung der Buslinien 52 und X98 sowie das Fehlen einer Fahrradspur auf der Thalkirchner Brücke. Ein Sprecher der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) machte Hoffnung, dass der Busverkehr wieder intensiviert werde, "sobald die Stadt keine Einsparmaßnahmen mehr braucht".
Weitere Teilnehmer der von Grünen-Stadtrat Dominik Krause geleiteten Versammlung setzten sich mit - mehrheitlich unterstützten - Anträgen für die Errichtung von Beachvolleyball-Feldern zwischen Isar und Schyrenbad, die Beseitigung eines Camps von Obdachlosen sowie für die Ausweisung eines Parklizenzgebietes am Mangfallplatz ein. Ein ewiges Ärgernis im Stadtteil sind die Müllsünder und "Wildbiesler", die rund um das Grünwalder Stadion ihre Spuren hinterlassen.
Immerhin, die Polizei überbrachte eine gute Nachricht: "Im Stadtteil Untergiesing-Harlaching leben die Menschen sehr, sehr sicher."