An der Ludwigsbrücke:"Boazn" im alten Klohäuschen darf endlich öffnen

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Boazn-Betreiber Yilmaz Demir mit Sohn Silvan und Schwiegertochter Lea Seemüller (von links). (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Acht Jahre ist es her, dass Yilmaz Demir den Zuschlag für ein Lokal im ehemaligen öffentlichen WC an der Ludwigsbrücke erhalten hat. Viele Hürden später steht die Eröffnung nun endlich bevor.

Im Jahr 2015 - der Fußball-Weltmeister heißt Deutschland, in Berlin regiert Angela Merkel mit einem Vizekanzler namens Sigmar Gabriel und in München hat gerade der Luise-Kiesselbach-Tunnel eröffnet - damals also erreicht Yilmaz Demir eine frohe Botschaft. Aus dem Münchner Rathaus erfährt der Gastronom, dass er, Selcuk Durmaz und Michi Kern sich mit ihrem Konzept für eine Kneipe im ehemaligen Klohäuschen unter der Ludwigsbrücke gegen mehr als 100 Bewerber durchgesetzt haben. "Boazn" soll das Lokal in der 1901 erbauten "öffentlichen Bedürfnisanstalt" heißen, das habe damals schon festgestanden, erinnert sich Demir. "Und ich habe gedacht, dass wir in eineinhalb Jahren aufmachen können. Wenn alles gut läuft."

Doch gut - und das ist noch vorsichtig ausgedrückt - läuft es danach nicht. Stattdessen entwickelt sich der Umbau der WC-Anlage zu einer Art zweitem Stammstrecken-Desaster: Ein ums andere Mal wird der Zeitplan nach hinten verschoben, die Kosten klettern unaufhörlich. Konkrete Zahlen wolle er keine nennen, sagt Demir, der das Projekt seit Längerem alleine vorantreibt, unterstützt von Sohn Silvan Demir und Schwiegertochter Lea Seemüller. Nur so viel: "Von der Summe, die ich da reingesteckt habe, könnte ich eine kleine Wohnung in Schwabing kaufen." Kurzum, die "Boazn" hat den 47-Jährigen viel Geld, viel Zeit und vor allem viele Nerven gekostet. Doch nun ist es so weit: Ende Juni soll die Kneipe öffnen - acht Jahre, nachdem Demir den Zuschlag erhalten hat.

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"Ich war mehrere Male kurz davor aufzugeben", sagt er an diesem Nachmittag auf der Holzterrasse vor seiner Kneipe. In der linken Hand hält er eine Zigarette, in der rechten ein "Boazn"-Bier, das er von einer niederbayerischen Brauerei herstellen lässt. Von den hohen Tischen blickt man auf die rauschende Isar, von oben dröhnt der Baustellenlärm von der Ludwigsbrücke herab. Wieso sich das Projekt verzögert hat? "Es gab vielfältige Gründe", sagt Demir, hörbar darum bemüht, nicht allzu anklagend zu klingen. "Mal waren sich die Behörden nicht einig, ob eine Tür nach innen oder außen aufgehen soll", sagt er. "Und dann habe ich ewig keinen Stellplatz für meine Mülltonnen bekommen."

In der Boazn ist alles handgemacht. (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Überdies gestaltete sich der Umbau der 60 Quadratmeter großen WC-Anlage weit aufwendiger als gedacht. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen: In der "Boazn" dominieren Holz und Kupfer die Optik; düster ist es - und doch gemütlich. "Hier ist alles handgemacht", sagt Demir, "sogar die Heizkörper". Wobei diese bereits zur zweiten Heizung gehören, die er hat einbauen lassen. Die erste musste wieder rausgerissen werden - wegen Standschäden.

Nun aber sei man bereit für die Gäste, sagt Demir, der am anderen Isarufer aufgewachsen ist - mit Blick auf die Ludwigsbrücke. An sieben Tagen die Woche wird die Kneipe geöffnet sein, vom Vormittag bis spät in die Nacht. Zum Trinken gibt's das hauseigene "Boazn"-Bier zum Preis von "fünf Euro plus", so Demir; zum Essen stehen Vorspeisen- und Brotzeitplatten auf der Karte. Geht es nach dem 47-Jährigen, dann soll die Kneipe ein "Ort der Geselligkeit" werden, "wo es keine Etikettenpflicht gibt, aber einen respektvollen Umgang". Wie es sich anfühlen werde, wenn er die "Boazn" nach all den Jahren des Wartens erstmals fürs Publikum aufsperre? Auf diese Frage antwortet Yilmaz Demir mit nur einem Wort: "Befreiend!"

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