Kontroverse im Club:Nachdenken statt tanzen

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Mächtig Dampf in der Club-Welt löst eine abgesagte Veranstaltung des Blitz gerade aus (hier eine Perfomance für Einzel-Tänzer in der Corona-Pandemie). (Foto: Stephan Rumpf)

Der Münchner Blitz-Club hat für einen Abend seine Türen geschlossen, weil ein gebuchter Künstler auf Social Media die "Auflösung Israels" fordert.

Von Anastasia Trenkler

Nur wenige Stunden, bevor der Münchner Blitz-Club am vergangenen Freitag seine Türen öffnen sollte, meldeten sich die Betreiber auf Instagram zu Wort: Wegen "extremistischer Ansichten", die ein Artist online geteilt hatte, und "angesichts der Komplexität und des polarisierenden Charakters der Diskussion" habe das Blitz entschieden, an diesem Abend geschlossen zu bleiben. Man würde die Gelegenheit nutzen, um allen Beteiligten "Raum und Zeit zum Nachdenken zu geben". Nachdenken darüber, was dem Entschluss der Blitz-Betreiber zuvorgekommen war: ein Video, in dem die "Auflösung Israels" gefordert wird. Die Britin LCY, die sich als non-binär identifiziert und mit drei weiteren Künstlerinnen an diesem Freitag spielen sollte, hatte es wenige Tage zuvor auf ihrem Instagram-Account geteilt.

Die Diskussion rund um die abgesagte Clubnacht sowie die Gründe für diese Entscheidung fand in den vergangenen Tagen vor allem auf Instagram statt. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung wollten sich weder die Clubbetreiber noch der betroffene Musiker äußern. Eine Anfrage bei seiner Booking-Agentur blieb unbeantwortet. Auch das Blitz lehnte ein Interview mit der SZ telefonisch ab. "Mit dem Statement auf Instagram sei alles gesagt", begründet dies David Muallem, Geschäftsführer des Blitz. Er verweist auf das zweite Statement vom Montag auf Instagram.

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Darin erklärt das Blitz ausführlicher die Entscheidung - zitiert aus dem kritisierten Video, jedoch ohne die Aussagen darin als antisemitisch zu benennen. Stattdessen bezeichnet der Post die Inhalte als "zu extrem und eindeutig Hass fördernd" und argumentiert mit der moralischen und politischen Haltung des Clubs. Demnach habe und werde das Blitz niemals Artists vom Line-up nehmen, weil sie "ihre Stimme für die palästinensische Freiheitsbewegung" erheben. Das würden vergangene und zukünftige Line-ups beweisen.

Anders sieht das offenbar der betroffene Artist. Die DJ schildert ihre Sicht auf Instagram, schreibt noch am Freitag in einem Post: "Es ist beschissen, Arbeit zu verlieren, und ich habe gezögert, das hier zu teilen, weil ich nicht möchte, dass jemand Angst hat, seine Meinung zu einem Thema wie diesem zu äußern." Sie würde niemals dulden, dass Menschen vertrieben, gefoltert und ermordet werden, "so wie es mit der palästinensischen Bevölkerung passiert". Am Donnerstag ruft LCY in einer Instagram-Story Fans dazu auf, den Post des Blitz zu melden. Sie werde darin falsch zitiert, sie habe zwei Tage lang versucht, den Club dazu zu bringen, den Beitrag aus Sicherheitsgründen zu entfernen.

Die Diskussion auf Instagram ist in vollem Gange. Das Blitz bietet inzwischen einen direkten Austausch zwischen Club und Publikum an. Wer in einen konstruktiven Dialog treten will, kann sich schriftlich per Mail an das Awareness-Team wenden.

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