Mit noch winterschweren Beinen stakst eine Erdhummelkönigin durch das Gras am Rande des Prinz-Eugen-Parks in Bogenhausen. Wüsste man's nicht besser, müsste man glauben, das Tier wäre extra mitgebracht worden. Schließlich haben die Initiatoren des Volksbegehrens "Rettet die Bienen", deren Vertreterinnen und Vertreter nun allesamt in gebückter Haltung die Hummel bestaunen, an diesem Vormittag hierher eingeladen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen, fünf Jahre, nachdem mehr als 1,7 Millionen Menschen in die Rathäuser im Freistaat strömten und dort für jenes Referendum unterschrieben, dessen eigentlicher Name "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern" lautete. Angesichts dieser Resonanz schwenkte die zuvor kritische Staatsregierung unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) um und plädierte für eine Annahme des Volksbegehrens - was dann auch geschah.
"Wir haben bayerische Naturschutzgeschichte geschrieben", erinnert der Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann, dessen Grüne ebenso zum Trägerkreis des Volksbegehrens zählten wie die ÖDP, der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) und die Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS). Seither gehe es darum, so Hartmann, "dass die Geschichte weitergeschrieben wird". Deshalb wolle der Trägerkreis den fünften Geburtstag zum Anlass für eine Zwischenbilanz nehmen, sagt LBV-Chef Norbert Schäffer. So gebe es durchaus Bereiche, in denen die Staatsregierung "noch nachlegen muss" - etwa beim Ausbau der Ökolandwirtschaft und der Reduktion von Pestiziden. Bei anderen Themen wie Streuobstwiesen und Gewässerrandstreifen habe man dagegen große Fortschritte gemacht, sagt Schäffer. Und: bei den Blühwiesen.
"Das Bild Bayerns hat sich verändert", betont ÖDP-Landesvorsitzende Agnes Becker. Wo früher am Straßenrand die Mähroboter alles wegsensten, sehe man heute immer häufiger Wildwuchs, blühende Wiesen und damit "wichtige Rückzugsorte für die Vielfalt des Lebens". Dies sei "ein Symbol für die Erfolgsgeschichte" des Volksbegehrens, ergänzt Norbert Schäffer. Er betont: "Blühflächen sind auch wichtig, wenn sie nicht blühen." Etwa für jene Hummelkönigin, die nach wie vor in Sichtweite durchs Gras krabbelt. "Sie sucht ein Mäuseloch, wo sie ihr Nest bauen kann", sagt der LBV-Chef. "Würde hier der Mähroboter fahren, dann hätte sie keinen Lebensraum."
Mit Blick auf die Blühwiese im Prinz-Eugen-Park unterstreicht Claus Obermeier (GLUS) die Bedeutung, die Städten und Gemeinden bei dem Thema zukommt. "Sie haben einen riesigen Gestaltungsspielraum, um die Natur zurück in die Fläche zu bringen." Die Stadt München sei hier "führend", lobt Obermeier - ein Satz, den Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer gerne hört. Sie verweist auf zwei erfolgreiche Pilotprojekte in Schwabing-West und Bogenhausen, bei denen die Grünstreifen entlang von Straßen nicht mehr regelmäßig, sondern nur noch zweimal im Jahr gemäht wurden - um ökologisch wertvolle Flächen zu schaffen. Diese Maßnahme solle nun sukzessiv im ganzen Stadtgebiet umgesetzt werden, sagt Ehbauer. "Wir reden hier von insgesamt 490 Hektar Straßenbegleitgrün."
Bei allem Lob gibt es aber auch Kritik. So mahnt Agnes Becker, dass die Nachfrage nach Programmen zur Förderung von Blühpflanzen in der Agrarlandschaft zuletzt abgeflaut sei. Und Ludwig Hartmann sieht einen "gewaltigen Nachholbedarf" beim Ausbau des im Volksbegehren geforderten Biotopverbunds - sowie beim Thema Biolebensmittel. Er fordere daher, dass beim nächsten Sommerempfang des Landtags mindestens 50 Prozent der dargereichten Speisen und Getränke aus ökologischer Landwirtschaft stammen müssen, sagt Hartmann. Die Veranstaltung findet am 18. Juli statt - einen Tag, nachdem sich die Verabschiedung des "Rettet die Bienen"-Gesetzes zum fünften Mal jährt.