Zum Tod von Joseph Ratzinger:So trauert München um Papst Benedikt XVI.

Lesezeit: 5 min

Abschied im Liebfrauendom: Kardinal Reinhard Marx erinnerte am Sonntag an seinen Vorvorgänger im Amt des Erzbischofs. (Foto: Florian Peljak)

Im Liebfrauendom stellt Erzbischof Reinhard Marx in Erinnerung an den verstorbenen Benedikt XVI. Abschied und Neuanfang in den Mittelpunkt seiner Neujahrspredigt. Von allen Kirchenglocken erschallt ein dreitägiges Trauergeläut, die Fahnen tragen Trauerflor: Wie die Erzdiözese ihres einstigen Erzbischofs gedenkt.

Von René Hofmann und Karin Kampwerth

Es ist wie ein letzter Gruß an die Gläubigen, die sich am Sonntagmittag im Münchner Liebfrauendom zur Neujahrsmesse versammelt haben. Das Bild mit dem schwarzen Trauerflor zeigt Benedikt XVI. mit freundlicher Geste seinem Publikum zugewandt. Das Foto, das den am letzten Tag des alten Jahres verstorbenen emeritierten Papst zeigt, ist gut gewählt, Kardinal Reinhard Marx stellt Abschied und Neuanfang in den Mittelpunkt seiner Predigt. Das Gedenken an seinen Vorvorgänger als Erzbischof der Diözese München und Freising wob er darin behutsam ein. Er sei dankbar für Benedikts langes Leben, sagte Marx und würdigte ihn als einen Kirchenmann, der Herausforderungen immer angenommen habe. "Das kann ich sagen, denn so gut habe ich ihn gekannt", so Marx weiter. Besonders der Jahreswechsel stehe im Zeichen, Herausforderungen anzunehmen. "Das gilt für die Gesellschaft und erst recht für die Kirche."

Am Samstagvormittag hatte ein 15-minütiges Trauergeläut von allen Kirchtürmen der Erzdiözese den Tod von Benedikt XVI. verkündet. Der emeritierte Papst hatte vielfache Verbindungen nach München. Am 25. März 1977 war Joseph Ratzinger von Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising ernannt worden. Das Amt übte er bis zum 15. Februar 1982 aus, bevor er als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre nach Rom wechselte.

(Foto: Katrin Requadt/dpa)

Am Amtssitz von Kardinal Reinhard Marx wurde am Samstag Trauerflor aufgezogen. Für ganz Bayern wurde eine dreitägige Trauerbeflaggung bis 2. Januar für alle staatlichen Gebäude ausgerufen.

(Foto: René Hofmann)

Bereits am Samstagmittag gab es ein Totengebet im Münchner Frauendom, dort, wo Ratzinger am 28. Mai 1977 die Bischofsweihe empfangen hatte. Einige Hundert Gläubige fanden sich bereits zu diesem Gebet ein. Das Totengebet wurde auch im Live-Stream übertragen. Für Gläubige, die nicht teilnehmen konnten, stellte die Erzdiözese Fürbitten und ein Gebet für Benedikt XVI. online.

(Foto: Lennart Preiss/AFP)
(Foto: René Hofmann)

Nach dem Totengebet nutzten zahlreiche Menschen die Gelegenheit, um die Erinnerung an den Moment zu dokumentieren.

(Foto: René Hofmann)
(Foto: René Hofmann)

Auf der Nordseite des Frauendoms gibt es die Möglichkeit, sich in ein Kondolenzbuch einzutragen.

(Foto: René Hofmann)

Viele Einträge in unterschiedlichen Sprachen lassen erkennen, dass die Anteilnahme über die Landesgrenzen hinaus geht. Auch am Sonntag nutzten die Gläubigen, unter ihnen auch wieder viele Touristen, die Möglichkeit, ihre Trauer hier auszudrücken. Darunter finden sich bewegende Zeilen der Hoffnung, mit dem Bruder oder anderen Angehörigen vereint zu sein.

(Foto: Lennart Preiss/AFP)

Marx hatte bereits am Samstag vor Pressevertretern Benedikt XVI. als "großen Papst gewürdigt, der sein Hirtenamt stets mit Freimut und starkem Glauben ausübte". Als Theologe habe er die Kirche lange und nachhaltig geprägt. Er bescheinigte Joseph Ratzinger Intellektualität und eine tiefe, ehrliche Frömmigkeit und sagte: "Dabei blieb er stets bescheiden und hat immer das Amt, nicht die Person in den Vordergrund gestellt."

(Foto: René Hofmann)

Auch in der Kirche St. Martin in Moosach wurde Benedikts XVI. gedacht. Dort hatte Ratzinger von August 1951 an als Kaplan gewirkt.

Ein Bild und eine Kerze erinnern an den Verstorbenen. Im Hintergrund: Krippe und Jesuskind. (Foto: René Hofmann)

Als Zeichen der Trauer werden die Glocken aller Kirchtürme der Erzdiözese auch am ersten, zweiten und dritten Tag nach der Bekanntgabe des Todes von Benedikt XVI. für 15 Minuten erklingen - bis zum 3. Januar, jeweils um 16 Uhr. Am Dienstag, 3. Januar, feiert Kardinal Reinhard Marx um 18 Uhr im Münchner Liebfrauendom ein feierliches Requiem für den Verstorbenen.

Wie die Münchnerinnen und Münchner des verstorbenen Benedikt XVI. gedenken:

Ludwig Wittgenstein (Foto: Florian Peljak)

Ludwig Wittgenstein: Ich bin eigentlich Protestant und ohnehin über die Feiertage nur zu Besuch in der Stadt. Aber ich habe sehr viele Jahre in München gelebt. Die Neujahrsmesse in der Frauenkirche ist für mich quasi Tradition und gehört dazu. Mit dem Wirken Benedikts hier in seiner Zeit als Erzbischof bin ich natürlich auch vertraut. Aber er war allein schon aufgrund meiner Konfession für mich nicht die eindrucksvolle Persönlichkeit, die er für viele Katholiken dargestellt hat. Zudem waren seine Haltung und Lehre durchaus umstritten. Gerade was den Synodalen Weg betrifft, gibt es ja durchaus viele, die anderer Meinung sind.

Wera Flosdorff. (Foto: Florian Peljak)

Wera Flosdorff: Ich komme gerade mit meiner Freundin aus der Michaelskirche, wo des verstorbenen Papstes schon gedacht wurde. Nun möchten wir auch noch zur Neujahrsmesse von Kardinal Marx in die Frauenkirche. Der Tod von Benedikt hat mich sehr betroffen gemacht, obwohl man ja in den vergangenen Tagen darauf vorbereitet wurde, dass es wohl mit ihm zu Ende geht. Aber er hatte ja auch ein sehr langes Leben. Gefreut hat mich bei all dem wirklich sehr, dass er bis zu seinem letzten Tag bei klarem Verstand gewesen ist, wenn man den Verlautbarungen aus Rom glauben darf. Es ist wirklich eine Gnade, wenn man seinen Lebensabend so erleben darf.

Roman Metzger und Irina Tkachowa. (Foto: Florian Peljak)

Roman Metzger, mit Irina Tkachowa: Ich stamme aus dem Schwäbischen, deshalb habe ich Benedikts Wirken in München nicht so direkt mitbekommen. Aber ich bin natürlich sehr traurig über seinen Tod gestimmt, obwohl es ja danach ausgesehen hatte, dass er bald seinen letzten Weg antreten würde. Erstaunt bin ich aber darüber, dass er nicht in seine Heimat zurückkehren wollte, obwohl er diesen Wunsch vor längerer Zeit eigentlich geäußert hatte. Ich selbst würde meine letzte Ruhe immer in meiner Heimaterde finden wollen. Aber vermutlich ist es schon in Ordnung, dass er im Kontext mit seinem Papst-Amt nun in der frei gewordenen Nische von Johannes Paul beerdigt wird.

Werner und Gudrun Röder. (Foto: Florian Peljak)

Werner Röder, mit Gudrun Röder: Ich gönne keinem den Tod und man soll ja auch nicht schlecht über Verstorbene sprechen. Aber ich muss schon sagen, dass Benedikt nicht nur als Papst, sondern auch in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising wirklich viel mehr hätte tun können, um den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche aufzuarbeiten. Es wurde so viel vertuscht während seiner Amtszeit. Für die betroffenen Opfer muss das noch einmal ganz furchtbar gewesen sein. Wenn ich nicht so faul wäre, wäre ich wohl schon längst aus der Kirche ausgetreten, wobei das nichts mit meinem Glauben zu tun hätte.

Katharina Walser. (Foto: Florian Peljak)

Katharina Walser: Natürlich war es mir ein Bedürfnis, heute in die Frauenkirche zu gehen. Ich bin nun aber ein bisschen überrascht, denn ich hätte mir von Kardinal Marx in der Neujahrsmesse deutlich mehr über den ehemaligen Papst erwartet. Schade, dass er nur so wenig gesagt hat. Ich fand, dass der Tod von Benedikt nichts mit dem zu tun hatte, was er sonst gepredigt hat. Ich persönlich bin wirklich sehr betroffen. Allerdings hat man ja schon seit Längerem gewusst, dass dieser Tag nicht allzu weit entfernt sein wird. Aber wenn es dann soweit ist, ist es trotzdem schlimm. Ein Trost bleibt, dass Benedikt mit 95 Jahren wirklich ein stolzes Alter erreicht hat.

Matthäus Kadzila. (Foto: Florian Peljak)

Matthäus Kadzila: Ich stamme aus Polen und bin sogar im gleichen Ort wie der polnische Papst Johannes Paul II. geboren, in Wadowice bei Krakau. Ich bin wirklich sehr, sehr traurig, dass nun Benedikt XVI. gestorben ist, denn der Papst ist wirklich unglaublich wichtig für mich. Ich habe immer eine Verbindung zu ihm gespürt und freue mich sehr, dass ich nun diese wunderbare Messe hier im Münchner Dom miterleben durfte. Es war wirklich eine sehr schöne Messe von Kardinal Marx, mir sind seine Worte über den verstorbenen Papst wirklich sehr nahe gegangen. Am Dienstagabend werde ich wohl auch das Requiem für Benedikt hier besuchen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEmeritierter Papst Benedikt XVI. ist tot
:"München ist wichtig, die Weltkirche ist aber wichtiger"

1977 wurde der Theologieprofessor Joseph Ratzinger zum Erzbischof von München und Freising ernannt. Er blieb nur knapp fünf Jahre im Amt. Als er 2006 als Papst Benedikt XVI. seiner Heimat einen Besuch abstattet, feiern ihn in München 250 000 Menschen.

Von Andrea Schlaier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: