Mit der Modernisierung des Hauptbahnhofs und vielen Bauprojekten in seiner Umgebung dürfte das ganze Viertel schicker, sauberer und natürlich teurer werden. Ein Ort zum Verweilen oder gar zum Wohnen für die Münchner wird es wohl nicht - auch dank einer Planungsbürokratie, die den unwirtlichen Ist-Zustand unnötig festschreibt: Wie fast überall in der Innenstadt, weist der Flächennutzungsplan hier ein sogenanntes Kerngebiet aus, also ein urbanes Areal, in dem laut amtlicher Definition Wirtschaft, Kultur und Verwaltung Vorrang vor Wohnen haben. Deswegen fordert nun der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (BA) eine Alternative in Form eines "Besonderen Sanierungsgebiets".
Inspiriert dazu hat das Gremium ein Anfang des Jahres eingereichtes fraktionsübergreifendes Paket von Stadtratsanträgen zur Verbesserung der Situation, vor allem aber, weil sich immer mehr Anwohner des verkannten Viertels mit ihren Ideen an die Lokalpolitiker wenden. In erster Linie erschwert die Kerngebiets-Definition verstärkten Wohnbau, daneben aber auch den Kampf gegen Zweckentfremdung, wie die kurzfristige Vermietung an Medizintouristen, oder die Eindämmung von Spielhallen. Zudem weist die Stadtverwaltung Begrünungsmaßnahmen und andere positive Impulse oft mit Hinweis aufs Kerngebiet zurück. Würde das Gebiet in ein "Besonderes Sanierungsgebiet südliches Bahnhofsviertel" umgewidmet, könnte die Stadt dagegen auf diverse Paragrafen des "Besonderen Baurechts" zurückgreifen, die der Gesetzgeber auf die städtebauliche und soziale Sanierung von Problembezirken zugeschnitten hat.
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Leichter durchsetzbar wäre eine Begrünung der Schwanthalerstraße
Der vom BA nun einstimmig verabschiedete SPD-Antrag listet detailliert auf, welche Initiativen noch nicht angegangen oder abgelehnt wurden, wenn auch nicht immer nur als Nebenwirkung des Kerngebiets: Drogenkonsumräume oder eine Drogenambulanz scheiterten zum Beispiel am Einspruch des Freistaats. Auf Stadtebene scheiterte bisher ein Pilotprojekt, an der Goethe- und Landwehrstraße die "Tokio-Ampelschaltung" zu erproben, bei der alle Fußgänger die Kreuzung gleichzeitig queren können. Im "Besonderen Sanierungsgebiet" leichter durchsetzbar wäre wohl der Vorschlag für eine Begrünung der Schwanthalerstraße.
Der Schwanthalerstraße hatte der Verein "Südliches Bahnhofsviertel" überdies Straßenlaternen spendiert, die für die Einrichtung einer Baustelle sang- und klanglos abmontiert wurden. Als machbar, aber im Kerngebiet unnötig zäh erwiesen hätten sich Projekte zur Dach- und Fassadenbegrünung, wie der BA weiter auflistet. Ein einziges Grünpatenprojekt an der Schillerstraße sei unter großem Bürokratieaufwand realisiert worden, dennoch stünden weitere Patenschafts-Anwärter bereit. Auf der eher kurzen Positiv-Liste im Antragstext findet sich unter anderem die Umgestaltung des St.-Pauls-Platzes. Aufs Erfolgskonto verbucht der BA, trotz rechtlich erschwerter Umsetzung, auch die Erhaltungssatzung Ludwigsvorstadt-Schwanthalerhöhe, die nun unbegrenzt verlängert werden soll.