Prozess in München:Gewalt, Koks und ein Sturmgewehr

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Aufklärung sieht das Amtsgericht München nicht in den Posts des Münchner Lokalpolitikers Bruno Fuchert. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Ein Mann aus dem Kreis Ebersberg soll seine Freundin schwer misshandelt und Kriegswaffen besessen haben. Doch vor dem Amtsgericht nimmt die Sache eine überraschende Wendung.

Von Susi Wimmer

Die Anklagepunkte klingen wie Szenen aus einem Horrorstreifen: Ein Mann prügelt auf seine Freundin ein, schlägt ihren Kopf gegen Boden und Wand, bis sie bewusstlos wird, zwingt sie, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Später schlägt er die Schwangere in den Bauch, deponiert in ihrem Keller eine funktionsfähige Kriegswaffe. Auf der Anklagebank vor dem Amtsgericht München sitzt der gelegentlich grinsende Dominik Z., sagt, dass es ihm leid tue, und er halt viel Koks und Alkohol konsumiert habe.

Die Zeugen, die in dem Prozess aussagen sollen, müssen sich erstmal in Geduld üben. Der Verhandlungsbeginn verschiebt sich, weil eine Schöffin zu spät kommt. Dann, nach Anklageverlesung, wird ein Rechtsgespräch zwischen den Prozessbeteiligten verkündet. Dann, fast drei Stunden später, werden einige Zeugen wieder entlassen. Man hat sich geeinigt.

Dominik Z. ist 33 Jahre alt, er stammt aus dem Landkreis Ebersberg, und auf die Frage nach seinem Familienstand, sagt er erst mal "ledig". Doch dann stupst ihn sein Anwalt von hinten an und flüstert ihm etwas ins Ohr. "Ah nein", kommt es dann, "ich bin ja verlobt". Ein Schelm, der dabei daran denkt, dass Familienangehörige vor Gericht die Aussage verweigern dürfen.

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Die Staatsanwaltschaft jedenfalls wirft dem Mann den Besitz von Kriegswaffen vor. Dominik Z. soll ein voll funktionsfähiges vollautomatisches Sturmgewehr der Marke Zastava besitzen, das serbische Modell basiert auf einer Kalaschnikow. Dazu die passende Munition, zudem eine scharfe Kurzwaffe FEG Browning, ebenfalls mit Patronen. Letztere soll er einem Freund geschenkt haben. Das Sturmgewehr, so sieht es die Anklage, soll Dominik Z. in der Scheune seines Freundes und später im Keller seiner Freundin versteckt haben.

Die Freundin, seine jetzige Verlobte, gab bei der Polizei an, Dominik Z. habe sie im September 2022 in ihrer Wohnung im Kreis Dachau mit Fäusten geprügelt und stundenlang misshandelt. In der Anklage steht, sie habe immer wieder das Bewusstsein verloren, er habe sie mit Wasser übergossen und auf sie eingeschlagen, bis sie wieder zu sich gekommen sei. Sie sollte sich mit einem Steakmesser die Pulsadern aufschneiden, dann soll er sie in Unterwäsche bis vier Uhr früh auf den Balkon gesperrt haben. Auf Januar 2023 datiert ein weiterer Vorfall, bei dem Dominik Z. die Schwangere in den Bauch geschlagen haben soll.

Doch dann kommt alles anders als gedacht: Das Verfahren wegen der mutmaßlich brutalen Misshandlungen wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft eingestellt. Denn die Verlobte habe vor Kurzem entbunden, man könne sie aktuell nicht als Zeugin vernehmen. Außerdem, so der Staatsanwalt, würden ihre Aussage und das Gutachten der Rechtsmedizin zu ihren Verletzungen in Teilen nicht übereinstimmen. Hinzu komme noch die Sache mit der Verlobung. Und der Freund, der angeblich die Waffe geschenkt bekam und die andere gebunkert haben soll und deshalb auch strafrechtlich verfolgt wird, müsse sich mit einer Zeugenaussage vor Gericht nicht selbst belasten und könne schweigen.

Am Ende stellt das Gericht dem Angeklagten eine Haftstrafe von höchstens drei Jahren und neun Monaten bei einem Geständnis in Aussicht. Dominik Z. gesteht, sagt, falls er den Bauch seiner Verlobten getroffen habe, tue es ihm leid. Aber er habe eben sehr viel Alkohol und Koks konsumiert. "Ich war an dem Tag drei Tage wach", sagt er, und grinst. Der Prozess wird fortgesetzt.

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