Prozess um Doping im Kraftsport:Geschäfte mit "Onkel Anabol"

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Die Ampullen voller Anabolika sollen aus zweifelhaften Quellen gekommen sein. (Foto: Roland Weihrauch/dpa)

Ein früherer Bodybuilding-Weltmeister steht vor Gericht, weil er Anabolika von zweifelhafter Güte verkauft hat. Der Richter hat wenig Mitleid mit dem "Pumper", dem das Doping selbst schwer geschadet hat.

Von Susi Wimmer

Aras T. nennt einen Weltmeistertitel im Bodybuilding sein Eigen, und noch dazu scheint der 33-Jährige ein richtiger Familienmensch zu sein. Zumindest pflegte er laut seinen Chat-Verläufen enge "verwandtschaftliche" Kontakte zu "Onkel Niederlande", "Onkel Bulgaria" und nicht zu vergessen: "Onkel Anabol". Amtsrichter Jakob Schmidkonz allerdings war davon überzeugt, dass Aras T. bei diesen Männern Dopingmittel bestellte, von München aus einen schwunghaften Handel betrieb, und auch seine eigenen Muskeln mit illegalen Anabolika aufspritzte. Deshalb verurteilte er den geständigen "Pumper" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.

Aras T. ist eher klein gewachsen, das blasse Gesicht umrahmt von dunklem Bart und einem akkurat gezogenen dunklen Haaransatz. Auf einem Video im Netz sieht man ihn bei einem Bodybuilder-Wettbewerb posen, der Körper übersät mit Muskelbergen, nein, ein ganzes Gebirgsmassiv. "Spann an", ruft ein Zuschauer, und Aras T. lächelt ins Publikum.

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Ein paar Oberarmmuskeln drücken noch immer gegen das weiße Hemd von Aras T., allerdings lang nicht mehr so viele. Nach den Worten von Verteidiger David Mühlberger sei sein Mandant gesundheitlich schwer angeschlagen: Herzprobleme, Diabetes, Sehstörungen, Suizidgedanken. Die Folgen von 20 Jahren Doping. Mit zwölf Jahren habe T. in seiner irakischen Heimat den Sport begonnen, gleich darauf Dopingmittel eingesetzt, "nach meiner Kenntnis ist das dort erlaubt", meint Mühlberger. In Deutschland habe er dann damit weitergemacht, als Profi im Bodybuilding Titel geholt. "Kein Mensch wird Weltmeister ohne Doping", sagt der Anwalt.

Man ist mitten in einem Rechtsgespräch, das Richter Jakob Schmidkonz öffentlich, und nicht im Hinterzimmer abhalten will. Die Staatsanwältin wirft Aras T. Handeltreiben mit Dopingmitteln in 16 Fällen vor sowie den Besitz. Sie sagt, der Angeklagte habe sehr wohl gewusst, dass er illegal handelte, schließlich habe er seine Bestellungen bei bulgarischen Händlern über Umwege betrieben und auch den Zahlungsweg verschleiert, etwa über seine Lebensgefährtin.

Erschwerend kam hinzu, dass das Gericht den Haftbefehl gegen Aras T. außer Vollzug gesetzt hatte, damit dieser zur Beerdigung seines Vaters in den Irak reisen konnte. Allerdings kam er zum vereinbarten Termin nicht wieder zurück. Ein Ermittler erzählt, dass man das Umfeld von T. überwacht habe und herausfand, dass er wohl über die Schweiz nach Deutschland eingereist war und bei seiner Lebensgefährtin wohnte. Aber ehe die Polizei zugreifen konnte, soll sie Aras T. per Handy gewarnt haben.

Ein halbes Jahr lang war T. auf der Flucht, unterzog sich einer Haartransplantation, um den Haaransatz zu verändern - und recherchierte, wie man seine Augenfarbe wechseln könnte. Offenbar, um mit anderem Aussehen auf einem Passfoto nicht erkannt zu werden, wie der Ermittler vermutete. Am Ende allerdings ging die Telefonüberwachung der Polizei auf und T. wurde am Autobahn-Rasthof in Greding festgenommen.

Eine von der Verteidigung avisierte Bewährungsstrafe sah Richter Jakob Schmidkonz aufgrund der "erdrückenden Aktenlage" im Bereich des Illusorischen. Er kreidete dem Angeklagten zudem an, dass er die in einem bulgarischen Keller gepanschten und qualitativ unterirdischen Ampullen mit Wachstumshormonen weiterverkauft hatte. "Da hätte auch Rattengift drin sein können."

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