Klimaschutz in München:Wie Haidhausen zum Vorzeige-Viertel wird

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Müllsammeln am Pariser Platz in Haidhausen: Miriam Hundt (l.) und Charlotte Lachmann von der "Rehab Republic" bereiten die müllfreie Meile vor. (Foto: Stephan Rumpf)

Auf dem Pariser Platz und allen abgehenden Straßen sind drei Wochen lang Aktionen zum Thema Abfallvermeidung geplant. Die "müllfreie Meile" zeigt, welche Einflussmöglichkeiten jeder einzelne hat.

Von Patrik Stäbler

Wer durch das kurze Stück vom Weißenburger zum Pariser Platz flaniert, der erblickt gleich zu Beginn ein benutztes Taschentuch und einen Eisbecher in den Blumenbeeten. Einige Schritte weiter liegt auf dem Gehsteig eine leere Chipstüte, ehe man entlang des Weges an zig Zigarettenkippen, einigen Kronkorken, einem achtlos weggeworfenen Plastikdeckel eines Kaffeebechers sowie einem Kognakfläschchen vorbeikommt, das an der Hauswand lehnt. Kurzum, es liegt allerlei Müll herum - und dabei ist Haidhausen wahrlich nicht Münchens dreckigstes Viertel und München wahrlich nicht Deutschlands dreckigste Stadt. Eher im Gegenteil. Und doch ist man umgeben von Abfall. Noch.

Denn das soll sich ändern - erst in Haidhausen und dann in der ganzen Stadt. Das ist zumindest das Ziel des Projekts "Zero Waste" des Vereins Rehab Republic. Dieser gestaltet hierzu in Kooperation mit der Stadt von Samstag an eine "müllfreie Meile" auf dem Pariser Platz und allen abgehenden Straßen. Dort sind drei Wochen lang diverse Aktionen zum Thema Müllvermeidung geplant, darunter Zero-Waste-Workshops, eine Schnibbelparty mit geretteten Lebensmitteln, Infostände und ein Kleidertauschtreff. Der Startschuss für die müllfreie Meile fällt am Samstag mit einem Auftaktfest samt "Cleanup" - also ein kollektives Abfallsammeln mit Greifzangen und Mülltüten.

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Und, im Falle der Mitglieder von Rehab Republic: in bunten Tutus. Denn diese kurzen Röckchen seien das Standard-Outfit bei ihren Müllsammelaktionen, sagt Charlotte Lachmann. "Auch um zu zeigen, dass wir mit Spaß an die Sache rangehen." Schließlich solle die müllfreie Meile zwar auf das Abfallproblem aufmerksam machen, dies aber nicht mit erhobenem Zeigefinger tun. Oder wie es Miriam Hundt, Projektleiterin bei Rehab Republic, ausdrückt: "Wir setzen auf Yeah statt Buh." Wobei sie sogleich hinzufügt: "Die Fakten dahinter sind natürlich extrem bitter." So fällt auch im sauberen München eine ungeheure Menge Abfall an. Im Vorjahr waren dies stadtweit 531 000 Tonnen, darunter 295 000 Tonnen Restmüll - circa 200 Kilogramm pro Kopf.

Zwar geht die Gesamtmenge des Abfalls seit Jahren zurück, und gerade in puncto öffentliche Sauberkeit braucht München den Vergleich mit anderen Städten nicht zu scheuen. Jedoch gebe es auch hier auf Straßen und Wegen, an der Isar und im Englischen Garten "unheimlich viel Müll", sagt Charlotte Lachmann. "Und der Restmüllanteil ist bei uns höher als in anderen bayerischen Städten." Um Abfall zu reduzieren und das Ziel einer zertifizierten Zero-Waste-City zu erreichen, hat der Stadtrat voriges Jahr ein Konzept beschlossen. Dieses strebt unter anderem die Verringerung der Haushaltsabfälle um 15 Prozent an; bei der Restmüllmenge ist gar 35 Prozent weniger anvisiert.

Vorschläge für eine kreative Beschriftung der Müllkübel werden gesucht

Gelingen soll dies mit mehr als 100 Einzelprojekten in dem 200 Seiten starken Zero-Waste-Konzept. Eines davon ist die müllfreie Meile, die nun als Pilotvorhaben in Haidhausen umgesetzt wird. "Wir wollen Anwohnende und Gewerbetreibende für das Thema sensibilisieren", sagt Miriam Hundt. "Außerdem möchten wir aufzeigen, welche Möglichkeiten jeder einzelne in der Hand hat." So berät an diesem Sonntag der städtische Abfallwirtschaftsbetrieb zu den Themen Mülltrennung und Müllvermeidung; überdies stellen an den kommenden Wochenenden verschiedene Anbieter ihre Mehrwegkonzepte für die Gastronomie vor. Begleitet werden soll die müllfreie Meile von einer Evaluation, um die Wirksamkeit der Aktionen zu prüfen, sagt Charlotte Lachmann. So wolle man im Nachgang die Gewerbetreibenden ebenso befragen wie die Beschäftigten der Straßenreinigung.

"Jeder Müll, der vermieden wird, ist ein direkter Beitrag zur Ressourcenschonung und damit zum Klimaschutz", betont Miriam Hundt. Darüber hinaus, sagt Charlotte Lachmann, "macht weniger Müll die Stadt auch lebenswerter". Und ganz nebenbei soll das Pilotprojekt dazu führen, dass die aktuell noch recht drögen Abfalleimer in München etwas aufgehübscht und damit attraktiver werden. So können bei der müllfreien Meile Vorschläge für eine kreative Beschriftung der Müllkübel eingereicht werden, wie man sie bereits aus anderen Städten kennt. In Wien und Hamburg prangt auf den Abfalleimern beispielsweise ein Spruch, den Miriam Hundt als ihren Favoriten benennt. Nämlich: "Schwarzes Loch sucht Restmaterie."

Die müllfreie Meile startet an diesem Samstag um 11 Uhr mit einem sogenannten Cleanup am Pariser Platz. Um 13 Uhr folgt dort das Eröffnungsfest mit Liegestühlen, DJ-Musik und einer Upcycling-Station für Kinder. Zum Abschluss des Projekts am 22. Juli gibt's eine weitere Feier samt Cleanup. Das komplette Programm steht auf www.muellfrei-meile.de .

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