Münchner Jazz-Asse im Doppelkonzert:Traumhafte Premieren

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Testet die Grenzen von Harmonie, Polyrhythmik, Raum und Zeit aus: Moritz Stahl stellt sein neues Album "Traumsequenz" vor. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Trompeter Nico Weber und Saxofonist Moritz Stahl stellen in der Unterfahrt ihre neuen Alben vor.

Von Oliver Hochkeppel

Für die heimischen Jazzmusiker sind Termine in der Unterfahrt mit ihrem herausragenden internationalen Programm begehrt und rar. Deshalb gibt es jetzt am Donnerstag, 4. April, ein Doppelkonzert, bei dem gleich zwei Münchner Cracks nacheinander ihre neuen, beide beim Schweizer Label Unit erschienenen Alben vorstellen. Das ist einmal der junge Trompeter Nico Weber mit seinem Debüt "Ela", das bereits in der SZ besprochen wurde. Und dann der Saxofonist Moritz Stahl mit "Traumsequenz".

Bei den umhertanzenden, wie Hypnose-Kreise gestreiften Kugeln auf dem Cover (gestaltet vom Grafiker Niklaus Troxler) könnte man an die Jazzrausch Bigband denken, die ähnlich psychedelische Designs ebenfalls bereits für Alben und T-Shirts verwendet hat. Schließlich ist Moritz Stahl ja auch der Lead-Tenorsaxofonist der Band. Doch "Traumsequenz", wie die auch als Doppel-Vinyl erscheinende CD heißt, ist tatsächlich das erste Album unter seinem Namen. Was man kaum glauben mag, ist der inzwischen 32-jährige Preisträger des Kurt Maas Jazz Awards, des Bayerischen Kunstförderpreises und des BMW Young Artist Jazz Awards doch seit Jahren eine feste Größe weit über die Münchner Szene hinaus.

Schon mit 16 saß er im Landesjugendjazzorchester, und parallel zum Studium war er bereits in vielen Gruppen und auf diversen Alben zu hören. Aktuell spielt er nicht nur wie erwähnt in der Jazzrausch Bigband, sondern ist auch festes Mitglied der Bands von Philipp Schiepek, Luca Zambito, Fiona Grond und Hannah Weiss. In eigener Sache ist er Mitgründer und -leiter des elektronischen Alternative-Jazzquintetts Ark Noir , woraus sich auch die Leitung der Festival-Reihe "Tunnel Visions" ergab. Schließlich gibt es noch sein alter Ego odizouu, das "erwacht, wenn Moritz Stahl schlafen geht", wie es auf seiner Homepage heißt. Da erklingt dann sein an ein analoges Pedalboard gekoppeltes Saxofon in sphärischen Ambient-Soundscapes.

Bei "Traumsequenz" ist es nun aber eindeutig der Jazzer Moritz Stahl, der geträumt hat. Zunächst von einer freieren Musik als bei seinen bisherigen Projekten. Dafür stellte er sich mit seinem langjährigen Freund und Begleiter, dem Gitarristen Philipp Schiepek, 2022 die passende Band mit nationalen Größen zusammen: Schlagzeug Leif Berger kam aus Köln, Pianist Julius Windisch aus Berlin und Bassist Lorenz Heigenhuber (ein alter Münchner) aus Leipzig. Im vergangenen Sommer konnten sie sich bei einer "Summer Week" in der Unterfahrt ausprobieren. "Das hat uns zusammengeschweißt, deshalb konnten wir im Studio schnell arbeiten", erzählt Stahl.

Was nun live erklingen wird, ist vom Albumtitel gut eingefangen. Gerade in den fünf durchnummerierten Titelstücken wird viel assoziiert, werden die Grenzen von Harmonie, Polyrhythmik, Raum und Zeit ausgetestet. Es geht aber auch gepflegter zu wie beim lyrischen "Olivers Pensive" oder dem fast schon parodistisch swingboppendem "Aiglatson". Stahls Entwicklung der vergangenen Jahre und sein Verständnis von zeitgenössischem Jazz wird zu erleben sein. Samt einem Blick in die Zukunft und der Einladung, "sich unvoreingenommen auf Musik einzulassen und Fragen auch mal unbeantwortet zu lassen". Was Stahl so formuliert, gilt auch für Nico Weber und sein Kwartett.

Moritz Stahl Quintett & Nico Weber Kwartett, Donnerstag, 4. April, 20.30 Uhr, Unterfahrt, Einsteinstraße 42, www.unterfahrt.de

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