Begrünung der Innenstadt:"Bäume in Vasen" erregen Unmut

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Die ursprünglichen Pläne mit blühenden Stauden hatte das Landesamt für Denkmalpflege scharf kritisiert. (Foto: Kübert Landschaftsarchitektur)

Die Stadtgestaltungskommission ist mit dem Interimskonzept für den Max-Joseph-Platz unzufrieden und fordert, den Denkmalschutz stärker zu berücksichtigen. Der spricht sich für einen italienischen Stadtplatz aus - also ohne Grün.

Von Ulrike Steinbacher

Es ist jetzt eine gefühlte Ewigkeit her, dass der Marienhof eine grüne Insel im Häusermeer der Altstadt war. Seit gut sechs Jahren müssen die Münchner schon auf freie Sicht von der Dienerstraße bis zur Weinstraße verzichten, auf das Rasenviereck, wo auch mal Sportwettkämpfe oder Kunstaktionen stattfanden, auf Sitzbänke, Kieswege, ein bisschen Grün gleich hinterm Rathaus. Seit 2017 belegt die Deutsche Bahn mit ihrer Großbaustelle für die zweite S-Bahn-Stammstrecke den Marienhof, und weil sie das noch jahrelang tun wird, möchte die Stadt jetzt 200 Meter weiter nördlich Ersatz schaffen.

Der Max-Joseph-Platz, seit den Sechzigern hauptsächlich Zufahrt zur Operntiefgarage und Wendefläche für Omnibusse, in jüngerer Zeit auch Bühne von Großveranstaltungen wie "Oper für alle", soll vorübergehend mit Pflanzkübeln, Sitzmöbeln und einem Staudenrondell ausstaffiert werden. Das Konzept des Baureferats für diese Interimsgestaltung war am Dienstag Thema in der Stadtgestaltungskommission. Es konnte die dort vertretenen Architekten nicht begeistern.

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Das Provisorium sieht vor, die Garagenzufahrt, die bisher den halben Platz einnimmt, deutlich zu verschmälern. Gewonnen würde damit eine etwa 1500 Quadratmeter große Fläche vor Residenz und Oper, die über das Niveau der Fahrbahn angehoben werden soll. Dort sind Pflanztröge mit großen Sträuchern und Sitzgelegenheiten vorgesehen. Auf dem 2000 Quadratmeter großen, ohnehin sanierungsbedürftigen Rondell rund um das Denkmal für König Max Joseph sollen die holprigen Isarkiesel entfernt, Gräser und Wildstauden angepflanzt und Wege angelegt werden.

Fertig sein soll die grüne Oase bis 2025. Der endgültige Umbau, bei dem die Tiefgaragenzufahrten vom Max-Joseph-Platz weg an die Maximilianstraße verlegt werden sollen, muss warten, bis die Stammstrecken-Baustelle am Marienhof verschwunden ist und die Maximilianstraße nicht mehr für den Baustellenverkehr gebraucht wird.

Stolperfalle Isarkiesel: Der Platz ist aktuell nur schwer zu begehen. (Foto: Mark Siaulys Pfeiffer)

Die schärfste Kritik an diesem Konzept kam von einem Kommissionsmitglied, das gar nicht anwesend war: von Generalkonservator Mathias Pfeil vom Landesamt für Denkmalpflege, dessen Stellungnahme Mechthild Keßler, die Leiterin der Unteren Denkmalschutzbehörde im Planungsreferat, verlas. Im Kontrast zum grünen Hofgarten und der ursprünglich alleegesäumten Maximilianstraße sei der Max-Joseph-Platz "bewusst als italienischer Stadtplatz angelegt" worden, so Pfeil, sprich: ohne Grün. Eine "flächenhafte Begrünung" sei daher auszuschließen. Zudem impliziere die Bezeichnung "Interim" eine kurze Dauer, es sei aber offen, auf wie viele Jahre die Umgestaltung ausgelegt sei. Pfeil forderte daher eine Alternative, die "die Denkmalsituation besser wahrt".

Die Stellungnahme brachte Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer zum Schäumen. Das Konzept sei dem Denkmalschutz vorgestellt worden, der Generalkonservator sei eingebunden gewesen, daher sei sie jetzt "mehr als erstaunt". Zudem, so Ehbauer, gehe es um ein extrem drängendes Problem: Der Bodenbelag mit den Isarkieseln sei "so kaputt, dass wir was machen müssen". Das Rondell sei "im heutigen Zustand nicht mehr verkehrssicher". Man stehe "ganz kurz davor, dass wir das Ding sperren müssen".

Dennoch warb Piero Bruno, Berliner Architekt mit italienischen Wurzeln, dafür, die Bedenken des Denkmalschutzes ernst zu nehmen und fand unter seinen Kollegen viele Mitstreiter. "Am Campidoglio ist keine Blumenwiese", sagte er. Und: "Die Bäume in der Vase sind lächerlich gegenüber dieser Architektur." Bruno schlug vor, stattdessen mit verschiedenen Gestaltungen zu arbeiten und alle zwei Jahre etwas Neues auszuprobieren. In einem solchen Prozess lasse sich dann vielleicht auch eine endgültige Lösung finden, sagte die Freisinger Landschaftsarchitektin Doris Grabner. Die Berliner Architektin Regine Leibinger forderte einen Wettbewerb, was Baureferentin Ehbauer grundsätzlich richtig fand. "Nur: So lang kann ich nicht warten."

Stadträtin Anna Hanusch (Grüne), die die Sitzung leitete, und Cornelius Mager von der Lokalbaukommission fassten die einstündige Debatte zusammen: Man werde auf alle Fälle keine finalen Festlegungen für die nächsten 20 Jahre treffen. Denn so lange, da waren sich alle einig, könnte das Interim schon bestehen bleiben. Und man werde sich um einen Dialog mit den Denkmalschützern bemühen. "Denen", sagte Mager, "ist wichtig, dass das kein in Stein gemeißeltes Grün wird."

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