Zwischen Welten:Wie Kunst Kinder glücklich macht 

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Emiliia Dieniezhna (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))

Unsere Kolumnistin unterrichtet an einer Münchner Mittelschule eine Brückenklasse mit ukrainischen Kindern. Bei einem Kunstworkshop erlebte sie, wie Malen hilft, um Kriegsgräuel zu verarbeiten.

Von Emiliia Dieniezhna

Eine Kollegin von mir verriet mir kürzlich, was ihr an der Arbeit als Lehrerin besonders gefalle: die Ausflüge. Besonders schön sei auch, dass man dafür sogar bezahlt werde. Ich durfte vorige Woche mit meiner ukrainischen Klasse das Kinderkunsthaus in München besuchen, und ich kann nun mit Überzeugung sagen: Sie hat recht.

Unser Beruf ist nicht immer einfach. Umso schöner ist es, wenn man mal etwas lockerer mit den Schülerinnen und Schülern umgehen und die gemeinsame Zeit einfach genießen kann. Ein Ausflug ist dafür eine gute Gelegenheit.

Den Besuch des Kinderkunsthauses hat meine Brückenklasse gewonnen. Im November 2023 haben die Jungs und Mädchen während der Woche der Nationalitäten an der Mittelschule an der Elisabeth-Kohn-Straße eine Ausstellung über die Ukraine organisiert. Dafür haben sie schöne Bilder unserer Heimat gemalt und sie den anderen Schülern erklärt. Ich fand, dass bei den Schülern viel Begabung zu sehen war. Das verwundert mich aber nicht, denn in der Ukraine wird der Kunstunterricht sehr geschätzt. Für ihr Engagement wurden meine Schüler und Schülerinnen mit dem Workshop im Münchner Kinderkunsthaus belohnt.

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Das Kinderkunsthaus ist ein Paradies für junge Künstler mit Hunderten verschiedener Farben, Techniken und Materialien. Ich habe es schon mit meiner Tochter Ewa vorher besucht, und sie war absolut begeistert. Es ist ein Ort, an dem jeder seine Kreativität und seine zeichnerischen Fähigkeiten ausprobieren kann. Meine Schüler waren zum ersten Mal im Kinderkunsthaus. Sie waren wirklich glücklich und hatten viel Freude an dem Workshop.

Die freundlichen und erfahrenen Lehrerinnen haben uns verschiedene Techniken gezeigt, und die Kinder haben mit Druckfarben, Kreide und transparenten Farben geübt. Selbst die Sprache stellte an diesem kreativen Ort keine Barriere dar. Das galt sogar auch für die Kinder, die noch gar kein Deutsch können, weil sie erst vor Kurzem angekommen sind.

Die Kinder aus der Brückenklasse unserer SZ-Kolumnistin malten berührende Bilder im Kunstworkshop des Kinderkunsthauses. Viele haben mit Liebe zu tun. (Foto: Emiliia Dieniezhna / oh)
Andere aber auch mit Zerstörung, die viele Schülerinnen und Schüler im Krieg erleben mussten. (Foto: Emiliia Dieniezhna / oh)
Eine Hausfassade mit dunklen Fenstern, davor Herzen für die Hoffnung. (Foto: Emiliia Dieniezhna / oh)

Sie zu motivieren und im Idealfall glücklich zu sehen, ist nicht immer einfach, das Kriegstrauma ist stark. Die Kunst schafft das besser als manch andere Aktivität. Gut, dass es das Kinderkunsthaus gibt.

Leider konnte eine Schülerin nicht mitkommen, weil sie an diesem Tag krank war. Dabei ist der künstlerische Ausdruck für sie seit dem russischen Angriff lebensnotwendig. Malen, das ist ihre Zuflucht, daraus schöpft sie Stabilität und Stärke. In der Ukraine hat sie verschiedene Kunstwettbewerbe gewonnen, ihre Bilder wurden in Kinderzeitungen gedruckt. Hier malt sie nicht nur im Unterricht, sondern den ganzen Tag. Wir hoffen, dass wir sie mit der Idee glücklich machen können, ihr ein Schülerpraktikum an einer Kunsteinrichtung zu vermitteln.

Emiliia Dieniezhna, 35, flüchtete mit ihrer damals vierjährigen Tochter Ewa aus Kiew nach Pullach bei München. Sie arbeitet ehrenamtlich für die Nicht-Regierungs-Organisation NAKO, deren Ziel es ist, Korruption in der Ukraine zu bekämpfen. Außerdem unterrichtet sie ukrainische Flüchtlingskinder in Deutsch. Für die SZ schreibt sie einmal wöchentlich eine Kolumne über ihren Blick von München aus auf die Ereignisse in ihrer Heimat.

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