SZenario:Mit Mittagsschläfchen das Leben meistern

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Verkörpern die "Peak Performer Stiftung": Christopher Spall, Magdalena Neuner und Christian Grams (von links). (Foto: Florian Peljak)

Die höchst erfolgreiche Biathletin Magdalena Neuner erklärt in einem Buch, was man von "Spitzenleistern" lernen kann. Ein wichtiger Tipp aber kommt von einem Maurer aus Niederbayern.

Von Thomas Becker

Dass Magdalena Neuner sich in Sachen Leistungs- und Belastungsgrenze mal ein Beispiel an Alexander Penzkofer, einem Maurer aus Niederbayern, nehmen würde, hätte sie sich wohl auch nicht gedacht. Von der Bühne herab ruft sie dem im Publikum Sitzenden fröhlich zu: "Ich denke oft an dich, Alex. Wenn mein Kleiner mittags mal schläft, dann leg' ich mich auch kurz hin, um wieder Kraft für den Nachmittag zu haben." Die beiden kennen sich über die Peak Performer Stiftung, eine Initiative von drei Dutzend Spitzenleistern aus Sport und Wirtschaft, die Kindern Freude an Leistung vermitteln und spielerisch die Grundwerte zum Erreichen von Spitzenleistung weitergeben wollen.

Klingt gut, kann aber gefährlich werden. Wenn der Leister nämlich zu oft über seine Grenze geht und schlimmstenfalls im Burn-out landet. So wie Alexander Penzkofer, den ein mauernder Konkurrent ausbrennen ließ. Es dauerte, bis er die Befunde der Experten akzeptieren konnte. Aber dann handelte er, schützte sich selbst und verordnete sich unter anderem einen täglichen Mittagsschlaf - und den zieht er konsequent durch, egal, wo er ist: im Auto, zur Not auch auf dem Golfplatz. Penzkofer sagt: "Wenn's soweit ist, ist es soweit."

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Immer höher, schneller, weiter - das ist nicht nur das olympische Motto, sondern auch das, woran man beim Thema Leistung zunächst denkt. Dahinter steht vor allem eins: Druck. Dass Leistung auch erstrebenswert sein kann, versucht Neuner mit dem Buch "Peak Performer - Von Spitzenleistern lernen, das echte Leben zu meistern" zu vermitteln. Mit im Boot der zwölfmaligen Biathlon-Weltmeisterin und Doppel-Olympiasiegerin: Markenexperte Christopher Spall, der Geschäftsführer der Stiftung, sowie Unternehmer Christian Grams, ein Experte für digitale Transformation in der Unternehmensberatung, der Initiator der Stiftung. Die generelle Botschaft der drei: Jeder kann sein Leben meistern, aus eigener Kraft, und dafür muss er nicht jede Grenze überschreiten, sondern fokussiert und aus innerem Antrieb handeln. So weit, so nachvollziehbar.

Das Setting für die Buchpräsentation: der Luitpold-Salon, in dem an diesem Abend kein Platz frei bleibt und in dem während des Gesprächs eifrig mit Messer und Gabel geklappert wird - wer ständig mit Leisten beschäftigt ist, muss irgendwann ja auch mal Energie zuführen. Derweil beginnt auf dem Podium eine Art Lagerfeuergespräch, zunächst mit einem Blick zurück in das Jahr 2012: Karriereende Magdalena Neuner, mit gerade mal 25.

Magdalena Neuner präsentiert 2007 bei der Biathlon-Weltmeisterschaft im italienischen Antholz ihre drei Goldmedaillen. Fünf Jahre später beendete die Spitzensportlerin ihre Karriere. (Foto: Ettore Ferrari/dpa)

Wie war er also, der berühmte erste Tag danach? Neuner sagt: "Vorher war mein Leben einfach und übersichtlich: Es gab einen Trainingsplan und los! Schnell habe ich aber gemerkt: Jetzt geht's erst so richtig los!" Was sie auch wunderte: Der Druck war weg, was ja angenehm war, aber: "Mir war bis dahin überhaupt nicht bewusst, in was für einem permanenten Hamsterrad ich da jahrelang unterwegs war."

"Was kann ich noch, außer durch den Wald rennen und schießen?"

Schon zwei Jahre vor dem Karriereende habe sie begonnen, sich einen Plan zu machen und sich gefragt: "Was kann ich noch, außer durch den Wald rennen und schießen?" Ideen kamen ihr viele, auch wenn sie bis heute keine davon umgesetzt hat. Es kam anders: Heute ist sie Markenbotschafterin, Biathlon-Expertin fürs Fernsehen, Rednerin, Schirmherrin der Stiftung und Mutter von drei Kindern - auch ein fordernder Job: "Ein Erfolgserlebnis ist für mich heute, wenn mein kleiner Sohn nur einen Wutanfall am Tag hat. Oma und Opa wissen, wovon ich rede." Alle anderen Eltern auch.

Auch mit der Tatsache, dass ihre neunjährige Tochter zwar gern Tennis spielt, aber keine Turniere bestreiten will, musste sie sich als absoluter Wettkampftyp erst mal anfreunden. Aber auch hier griff das Leben regelnd ein: "Neuerdings ist sie total verrückt aufs Turnen, trainiert fünf Stunden pro Woche - zuvor gab es immer Diskussionen, ob sie jetzt die eine Stunde zum Tennis geht." Ihr Learning daraus: "Jeder findet etwas." Und: locker bleiben, Mama!

Dabei sei sie in ihrer aktiven Zeit nie der 120-Prozent-Typ im Training gewesen, gibt sie zu: "Da habe ich den Sinn dahinter nicht gesehen. Dafür konnte ich im Wettkampf, wenn's drauf ankommt, nochmal 20 Prozent zulegen. Und ich brauchte halt einfach die Regeneration." Ein Satz, der auch vom Maurermeister Penzkofer stammen könnte. Aber auch hier gibt es verschiedene Herangehensweisen. Dominik Klein, Handball-Weltmeister von 2007, erzählt, dass ihm sein Vater früher immer eingebimst habe: "Mach zehn Prozent mehr als die anderen!" Und so habe er sich jeden Samstag beim Hausmeister den Hallenschlüssel geholt, um noch zwei Stunden Extra-Training runterzureißen. Ergo: Es sind viele Wege, die zum Erfolg führen. Aber an einem Mittagsschlaf sollte keiner davon vorbeigehen.

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