Landtag:CSU-Politikerin teilt fragwürdigen Facebook-Post

Lesezeit: 2 min

  • Die CSU-Landtagsabgeordnete Kerstin Schreyer hat auf ihrem privaten Facebook-Profil einen Cartoon gegen Kinderschänder veröffentlicht.
  • Der Cartoon könnte als latenter Aufruf zu Gewalt verstanden werden. Obendrein stammt er von einer Facebook-Seite, auf der Nutzer Hinrichtungen oder Schlimmeres für Kinderschänder fordern.
  • Schreyer sagt, die Quelle sei nicht entscheidend. Es ist nicht das erste Mal, dass sie fragwürdige Inhalte weiterverbreitet.

Von Martin Mühlfenzl, Unterhaching

Die Faust lässt von dem Gesicht nicht mehr viel übrig, zermalmt es regelrecht an der Wand. Das Blut spritzt. Es ist die rechte Faust eines sehr wütenden Mannes im ärmellosen Shirt, der die Zähne fletscht wie eine Bulldogge. Es ist zwar nur eine Zeichnung, doch mit dem beistehenden Text verbreitet sie eine unmissverständliche Botschaft. "Packst du mein Kind an..." steht über der Abbildung, gefolgt von einem wenig erbaulichen Ausblick darunter: "Hast du morgen Pflegestufe fünf!"

Gepostet hat dies die CSU-Landtagsabgeordnete und stellvertretende Fraktionschefin im Maximilianeum, Kerstin Schreyer. Genauer gesagt hat sie den Post übernommen und auf ihrer privaten Facebook-Seite veröffentlicht. Mit ihrem Post verlinkt Schreyer freilich auf jene Seite, auf der die Abbildung zuerst erschienen ist: "Gebt Pädophilen keine Chance" heißt diese und hat weit mehr als 5000 Follower, die den Daumen digital nach oben gehoben haben.

Staatsregierung
:Das soziale Gewissen der CSU in der Flüchtlingspolitik geht

Und zwar als Landrat nach Kelheim. Nachfolgerin von Martin Neumeyer als Integrationsbeauftragten wird wahrscheinlich die Abgeordnete Kerstin Schreyer.

Von Martin Mühlfenzl

Auf der Seite selbst gibt es keine Hinweise auf die Urheberschaft. Allerdings drei Hinweise für Besucher: Bei konkretem Verdacht auf illegale Inhalte im Netz sollten diese sofort die Polizei einschalten. Links mit illegalem Inhalt seien auf der Seite "Gebt Pädophilen keine Chance" verboten und würden sofort entfernt. Und zuletzt steht dort geschrieben: "Wir unterstützen keine NAZIS!"

Der Abgeordneten Kerstin Schreyer zu unterstellen, sie könnte in diesen Dunstkreis abdriften, ist freilich widersinnig. Und doch lohnt es, bei Schreyers ausgeprägten Facebook-Aktivitäten genau hinzusehen. Im August vergangenen Jahres hatte Schreyer eine Karikatur aus der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit auf ihrer Facebook-Seite gepostet: Darauf abgebildet eine Menge verzweifelter CDU-Anhänger, die den Heilsbringer Horst Seehofer um Asyl in der CSU bitten. Damals hatte Kerstin Schreyer auf Nachfrage der SZ gesagt, die Zeichnung einfach "witzig" gefunden zu haben. Zugleich bezeichnete sie den Post aber auch als "Fehler", da sie nicht auf die Quelle geachtet habe.

Ihren neuen Post will Schreyer indes als politische Botschaft verstanden wissen - und nicht als Aufruf zu Gewalt. "Fragwürdig ist daran nichts", sagt Schreyer. "Es geht darum, sich für Kinder und das Kindeswohl einzusetzen." Und dies müsse mit solchen Posts möglich sein, sagt sie: "Nicht erst seit Charlie Hebdo erfüllen Cartoons die Aufgabe, Themen zu beschreiben."

Und die Quelle? "Es ist nicht wichtig, wo die Zeichnung herkommt", sagt Schreyer. "Das schaut eh kein Mensch nach. Es geht um die Botschaft." Nun werden auf der Seite aber auch andere Botschaften verbreitet. Eine Zeichnung etwa, auf der Ratten vermeintlichen Kinderschändern, die an Händen und Füßen gefesselt sind, Genitalien abnagen. Die Macher der Seite kommentieren: "Früher war alles besser? Strafe für Kinderschänder sah so aus." Das animiert Kommentatoren, auf der Seite noch andere Strafen für Pädophile zu fordern, lebenslange Haft, Hinrichtungen oder Schlimmeres.

Kerstin Schreyer wird von März an eine dritte Facebook-Seite verantworten: die der Integrationsbeauftragten des Freistaats. Sie folgt auf Martin Neumeyer, der sich seit 2009 in diesem Amt zu so etwas wie dem sozialen Gewissen der CSU entwickelt hat. Und das ohne ähnliche Posts auf seiner Seite.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Debatte um Kinderpornografie
:"Pädophilie hat sich niemand ausgesucht"

In die Regensburger Anlaufstelle für Pädophile kommen Männer, die Täter sind, oder die Sorge haben, einer zu werden. Ambulanzleiter Michael Osterheider erklärt im Interview mit SZ.de, wie er mit Betroffenen arbeitet und warum man Pädophile nicht "heilen" kann.

Von Jana Stegemann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: