Energiewende:In Grasbrunn hat sich was gedreht

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Ein Dilemma: Die meisten Standorte für Windräder liegen ausgerechnet in Wäldern - so ist es auch in der Gemeinde Grasbrunn geplant. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Gemeinde weist vier Standorte für den Bau von Windrädern aus, eine Gegenstimme kommt von den Grünen, weil die Flächen in Waldgebieten liegen.

Von Laura Geigenberger, Grasbrunn

Lange Zeit sei beim Projekt Windkraft "die Luft raus gewesen", so formuliert es der Grasbrunner Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) am Dienstagabend im Gemeinderat. Schon seit 2013 will die Gemeinde die Chancen der Windenergie "selbstbestimmt" nutzen, doch damals stand dem Vorhaben die 10-H-Regelung im Weg: Sie forderte, dass Windkraftanlagen nur mit einer Mindestentfernung zu Siedlungen gebaut werden können, die dem Zehnfachen der Höhe des Windrads entsprechen. In der Praxis hätte dies oftmals einen Abstand von mehr als zwei Kilometern bedeutet - in Grasbrunn nicht realisierbar. Jetzt, nach zehnjähriger Unterbrechung, soll das Vorhaben aber doch in die Umsetzung gehen. In der Sitzung am Dienstagabend hat der Gemeinderat vier sogenannte Konzentrationszonen beschlossen.

Unterstützt wird die Kommune bei ihrem Vorhaben vom Nürnberger Stadtplanerbüro "TB Markert". In mehreren Arbeitsschritten von April bis Juli dieses Jahres wurden in Grasbrunn aus sechs möglichen Standorten vier für den Bau von Windrädern ausgewählt und hinsichtlich Landschafts-, Arten- und Brandschutzaspekten, Flugverkehr und Schattenwurf untersucht. Zwei der Flächen liegen an der südlichen Gemeindegrenze zu Höhenkirchen-Siegertsbrunn, eine dritte östlich der Staatsstraße 2079 an der Grenze zu Hohenbrunn und die vierte südlich von Keferloh nahe der Autobahn A 99. Mit insgesamt 122 Hektar entsprechen diese ausgewiesenen Areale rund 4,6 Prozent des Gemeindegebiets.

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Die Planung der Windkraftanlagen konnte durch die Anfang 2023 gelockerte 10-H-Regel wieder aufgenommen werden. Demnach sind Vorranggebiete beispielsweise in Wäldern, nahe Gewerbegebieten, an Autobahnen sowie Bahntrassen nun erlaubt und die Abstandsanforderungen zu Wohnbebauungen verringert. Gleichzeitig reagiert die Gemeinde auf das seit diesem Jahr geltende "Wind-an-Land-Gesetz" - es schreibt Quoten für Windenergiegebiete vor, die jedes Bundesland zu erfüllen hat. In Bayern müssen demnach bis Ende 2027 mindestens 1,1 Prozent und bis Ende 2032 dann 1,8 Prozent der Landesfläche für Windräder ausgewiesen werden.

Kommunen können eigenständig Flächen bei den zuständigen Regionalen Planungsverbänden anmelden. Diese Möglichkeit habe man in Grasbrunn nutzen wollen, um sicherzustellen, dass nicht "über unseren Kopf hinweg entschieden wird und wir aktiv mitreden können, wo gegebenenfalls Windenergieanlagen gebaut werden", erklärt Bürgermeister Korneder.

Bürgermeister Korneder sucht nun die Abstimmung mit den Nachbargemeinden

Wenig Begeisterung lösen die vier ausgewählten Flächen indes bei Max Walleitner, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Grasbrunner Gemeinderat, aus, denn die Konzentrationszonen befinden sich vorrangig in Waldgebieten. Weil die Planung seiner Meinung nach den Wildtier- und Naturschutz vernachlässigt, stimmte er als einziger gegen das Vorhaben. "Die Diskrepanz zwischen Umweltschutz und erneuerbaren Energien ist hier zu groß", sagte Walleitner, der auch beim Bund Naturschutz aktiv ist. "Wir machen was Gutes, indem wir Windenergieanlagen befürworten, aber auf der anderen Seite hauen wir mit Bäumen eine der effektivsten Klimaschutzmaßnahmen weg. Deshalb ist es meine persönliche Entscheidung, dass ich dieses Ziel mit dieser Linie nicht weiterverfolgen will." Klaus Korneder zeigte Verständnis für den Einwand, merkte aber auch an, dass das Dilemma nicht lösbar sei. Immerhin: "Windenergie - das Vermeiden von fossilen Brennstoffen - ist auch Umweltschutz." Walleitners Fraktionskollegin Inge Ziegler stimmte mit den anderen Gemeinderäten für die Zonenausweisung.

Nun liegt es am Landratsamt, die Flächenplanung abzunicken. In der Zwischenzeit will Grasbrunn nach den Worten von Bürgermeister Korneder bei Nachbarkommunen, an deren Grenze die ausgewiesenen Flächen liegen, um Zusammenarbeit werben. "Es macht natürlich Sinn, mit ihnen abzustimmen, ob man nicht gemeinsam oder mit Investoren Windkraftanlagen bauen kann. Da gibt es mannigfaltige Möglichkeiten." Laut Korneder sind bereits Gesprächstermine vereinbart worden.

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