Weiterführende Schulen:Solidarität war gestern

Lesezeit: 3 min

Die Walter-Klingenbeck-Realschule in Taufkirchen wurde vom Landkreis und den Kommunen finanziert. (Foto: Angelika Bardehle)

Taufkirchen hat sich dagegen entschieden, eine Erweiterung des Schulzweckverbands Oberhaching mitzutragen. Dafür gibt es Kritik von den Grünen und Landrat Göbel sagt: "Ich werfe die Flinte nicht ins Korn"

Von Martin Mühlfenzl, Taufkirchen

Als der Neubau der Walter-Klingenbeck-Realschule in Taufkirchen vor drei Jahren eröffnet wurde, saßen die Partner, die das moderne Schulhaus erst möglich gemacht hatten, glücklich und friedlich in der Aula zusammen: Landrat Christoph Göbel (CSU), Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander (parteilos) und die Kollegen aus Unterhaching, Wolfgang Panzer (SPD) sowie aus Oberhaching, Stefan Schelle (CSU). 38,5 Millionen Euro hatten der Kreis und die im Zweckverband versammelten Gemeinden in die Hand genommen. Gut investiertes Geld, wie Christoph Nadler, Fraktionschef der Grünen im Kreistag aus Taufkirchen, rückblickend sagt.

Von der damals demonstrierten Einigkeit ist etwas verloren gegangen.

Vergangene Woche hat der Taufkirchner Gemeinderat einstimmig entschieden, sich nicht an einer Erweiterung des Zweckverbands Gymnasium Oberhaching zu beteiligen. Dieser, so hatten es die Verbandsmitglieder eigentlich entschieden, soll den Neubau der Fachoberschule sowie der Realschule in Oberhaching und in der Folge des Gymnasiums Sauerlach verantworten. Auch Taufkirchens Bürgermeister Sander hatte dem Fahrplan zugestimmt - und nun im Gemeinderat eine Absage erteilt.

Seit der Neuregelung profitieren vor allem die Kommunen

"Das ist reines Kirchturmdenken", sagt Nadler. "Im Gemeinderat wird oft monatelang diskutiert, ob bei der neuen Grundschule die Fenster links oder rechts hängen sollen. Aber wenn es um weitreichende Entscheidungen geht, fehlt der Blick für das große Ganze." Nadler geht noch weiter und attestiert Taufkirchen, "vollkommen aus der Linie der Solidarität auszuscheren".

Der Gemeinderat hatte Kritik an einer finanziellen Beteiligung beim Neubau einer Realschule in Oberhaching in Höhe von einer Million Euro geäußert und den Nutzen für die eigene Gemeinde in Zweifel gezogen. "Beim Neubau der Taufkirchner Realschule waren alle so frei, die Unterstützung der anderen Mitglieder im Zweckverband anzunehmen", sagt Nadler. "Das Finanzierungsmodell für Gymnasien und Realschulen fußt aber auf der Solidarität aller Partner - also dem Landkreis und den Kommunen. Und wir haben es ohnehin im Kreistag zugunsten der Kommunen geändert."

Seit der Neuregelung im vergangenen Jahr trägt der Kreis bei Neubauten von weiterführenden Schulen 70 Prozent der Kosten, die Kommunen übernehmen 30 Prozent. Bisher war dies genau umgekehrt. Mehr noch: Der Kreistag hat das System rückwirkend bis 1993 umgestellt, was erhebliche Rückzahlungen an die 29 Städte und Gemeinden zur Folge haben wird.

Die Entscheidung des Taufkirchner Gemeinderats, sagt Landrat Göbel, vermittle den Eindruck eines "emotionalen Schnellschusses". Er selbst, sagt Göbel, nehme das "zur Kenntnis, aber ich werfe die Flinte nicht ins Korn". Alle Gespräche in den Zweckverbänden, sagt er, hätten zum Ergebnis habt, dass es sinnvoll sei, die Neubauten von Fachoberschule und Realschule in Oberhaching sowie des Gymnasiums in Sauerlach in die Hände eines Zweckverbandes zu übergeben. "Das schafft Synergien, spart Kosten und wir müssen das geeignete Personal nur einmal suchen", sagt Göbel. "Darüber bestand eigentlich Einigkeit."

Eigentlich waren sich alle einig

Über Kostenbeteiligungen bei der Fachoberschule, sagt Göbel, müsse ohnehin nicht diskutiert werden: Die baut der Landkreis in Eigenregie und kommt auch für den Unterhalt auf. Bei der Realschule in Oberhaching und beim Gymnasium in Sauerlach, sagt Göbel, werde die Diskussion "natürlich noch geführt". Und die hänge vor allem mit einem Faktor zusammen: den Schülerströmen.

Der Schulbedarfsplan des Landkreises, das maßgebliche statistische Tool bei der Neugestaltung der Schullandschaft, sagt der Walter-Klingebeck-Realschule eine deutliche Zunahme der Schülerzahlen voraus. Etwa 980 Schüler sind es heute, nahezu 1300 werden es im Jahr 2035 sein. "Die Schule ist heute schon wieder an ihren Grenzen angelangt", sagt Nadler. "Das alleine ist doch ein Argument für Oberhaching."

Landrat Göbel sagt, es gehe auch um Fachzweige und Angebote an den Realschulen und Gymnasien, die natürlich in einer Region aufeinander abgestimmt werden müssten. Beim Gymnasium in Sauerlach etwa spiele zudem eine Rolle, dass viele Schüler aus den Nachbarlandkreisen Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen die Schule besuchen werden; auch dies, sagt er, müsse bei der Finanzierung des Neubaus berücksichtigt werden.

"Im Falle Taufkirchens wäre es irrsinnig, jetzt jede Tür zuzuschlagen", sagt Göbel. "Ich werde jedenfalls weiter gnadenlos mit jedem reden."

© SZ vom 27.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: