Erneuerbare Energien:Gegenwind aus dem Hachinger Tal

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Die Gemeinden Ober- und Unterhaching wollen Windräder im Perlacher Forst errichten. (Foto: Heiko Rebsch/dpa)

Die Gemeinden Oberhaching und Unterhaching fordern vom Regionalen Planungsverband die Aufnahme des Perlacher Forstes in die Vorranggebiete für Windenergie. Auch Bürgermeister Stefan Schelle lässt sich umstimmen.

Von Iris Hilberth, Oberhaching/Unterhaching

Dreißig Postkarten hat Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle in den vergangenen Tagen erhalten. Alle mit dem selben Text: "Herr Bürgermeister, ich wünsch mir ein Windrad von Dir!" Man könne das mit Humor nehmen, findet Schelle. Doch so richtig lachen konnte er über die Zusendungen nicht. "Dass ein Bürgermeister Windräder in die Welt setzt, ist über das Ziel hinausgeschossen", findet er. Trotzdem ist er in der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend einen Schritt auf die Befürworter der Windkraft im Perlacher Forst zugegangen und hat für eine Aufnahme des gemeindefreien Waldgebiets in die Vorranggebiete gestimmt.

Dass Schelle an diesem Abend doch noch aus dem Windschatten heraustreten würde, war so nicht abzusehen. Man muss dazu wissen, dass der Oberhachinger Bürgermeister auch Vorsitzender des Regionalen Planungsverbands (RPV) ist. Und dessen Entwurf eines Steuerungskonzepts sieht 22 Vorranggebiete für Windkraftanlagen in der Region München vor - der Perlacher und der Grünwalder Forst sind nicht dabei. Im Landkreis München wurden lediglich der Forstenrieder Park, der Hofoldinger Forst und ein kleines Gebiet bei Garching ausgewiesen.

Was viele in Oberhaching und Unterhaching ärgert, da man sich hier schon mit der Gründung einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) auf den Weg gemacht hatte, um gemeinsam Windräder im gemeindefreien Gebiet zwischen dem Hachinger Tal und dem Isartal zu planen. Inzwischen gibt es auch eine Petition für die Aufnahme der beiden Forste in die Vorranggebiete.

Die Oberhachinger Verwaltung hatte jetzt zu dem RPV-Plan eine Stellungnahme formuliert und vorgeschlagen, den Perlacher und Grünwalder Forst als Reserveflächen vorzumerken. So wären sie erst dann wieder in Betracht gekommen, wenn das vorgegebene Ziel von 1,8 Prozent der Gesamtfläche zur Nutzung für Windkraftanlagen nicht erreicht würde. Aktuell sieht das vorgelegte Steuerungskonzept 2,3 Prozent vor, wobei zwei kleine Flächen im Norden der Planungsregion bei Au in der Hollertau und Rudelzhausen wegen einer benachbarten Müllverbrennungsanlage laut Schelle bereits aus dem Rennen sind.

Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle ist einen großen Schritt auf die Windkraft-Befürworter zugegangen. (Foto: Claus Schunk)

Der großen Mehrheit im Oberhachinger Gemeinderat war dieser Reserve-Vorschlag für den Perlacher Forst aber zu wenig. "Wir wollen für unsere Energiewende die Windräder in Angriff nehmen und dazu brauchen wir die Vorranggebiete", sagte Sabine Hillbrand, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, die gemeinsam mit der SPD den Antrag gestellt hatten, eine entsprechende Stellungnahme an den RPV abzugeben. Schließlich habe der Gemeinderat Oberhaching im Dezember die Gründung einer "ARGE Perlacher Forst" einstimmig beschlossen.

"Wir alle wollten die ARGE", betonte sie und kritisierte, dass der RPV eine Regel aufgestellt habe, derzufolge im südlichen Teil der Planungsregion 17 Kilometer Abstand zwischen zwei Standorten mit Windrädern eingehalten werden müssen. Als Begründung wurde bei der Abstimmung über das Steuerungskonzept im Planungsverband Anfang des Jahres die freie Sicht auf die Berge angeführt. Ähnlich äußerte sich SPD-Gemeinderat Erwin Knapek: "Wenn wir keine Vorranggebiete haben, um zu planen - wozu dann die ARGE? Wir dürfen die nicht freiwillig aufgeben, sondern müssen dafür kämpfen." Weder Oberhaching noch Unterhaching haben auf eigenem Gemeindegebiet Flächen, die sich für Windräder eignen, und sind daher auf gemeindefreie Gebiete wie den Forst angewiesen.

Auch die CSU spricht sich für Windräder im Perlacher Forst aus

Schelles zusätzlicher Vorschlag, die ARGE könne doch auch Windräder im Forstenrieder Park bauen, überzeugte niemanden. Vielmehr unterstützte auch seine CSU den Antrag von SPD und Grünen. Deren Fraktionsvorsitzender Josef Ertl sagte: "Wir haben uns in Oberhaching schon immer für Klimaschutz eingesetzt und wollen die Entstehung von Windrädern in unserer Region aktiv unterstützen. Den Perlacher Forst können wir uns vorstellen." Dem stimmte schließlich auch der Bürgermeister zu. Einzig Christian Luppatsch von den Freien Bürgern, der erst seit Kurzem dem Gemeinderat angehört, sprach sich dagegen aus: "Ich bin froh, wenn es wenigstens dort keine Windräder gibt." Die von Grünen und SPD ebenfalls geforderte Ausweitung der Vorranggebiete auf den Grünwalder und Deisenhofener Forst fand in dem Gremium keine Mehrheit.

Zeitgleich befasste sich sieben Kilometer weiter nördlich der Bauausschuss in Unterhaching mit einer Stellungnahme zur Regionalplanung. Auch hier hatten SPD und Grüne einen Einspruch gegen die Nichtberücksichtigung des Perlacher und Grünwalder Forstes beantragt. "Der jetzt vorliegende Entwurf verhindert das Erreichen der Klimaziele für die Gemeinde Unterhaching", begründete Grünen-Gemeinderat Stefan König das Vorgehen und betonte: "Wir brauchen drei Windräder, 25 Hektar Freiflächen-Photovoltaik und 2500 Dächer mit PV und wir wollen, dass dieser Strom hier in Unterhaching erzeugt wird."

Auf fünf Seiten erläutert Manuel Heim von der Klimaschutz-Abteilung des Unterhachinger Rathauses umfangreich, warum die Aufnahme des benachbarten Forstes in die Vorranggebiete für die Gemeinde dringend erforderlich sei. Den RPV erreicht diese Beurteilung nicht nur schriftlich, deren Geschäftsführer Marc Wißmann war in der Sitzung anwesend und "nach der guten Betrachtung von Herrn Heim stand er auf verlorenem Posten", stellte Rathaussprecher Simon Hötzl fest. Der Ausschuss sprach sich einstimmig für die Stellungnahme aus.

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