Taufkirchen:Ankunft der Ottobahn verspätet sich weiter

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Das Areal an der Ludwig-Bölkow-Allee in Taufkirchen an der Gemeindegrenze zu Ottobrunn, auf dem die Teststrecke der Ottobahn entstehen soll, ist immer noch ein Acker. (Foto: Sebastian Gabriel)

Weil fest zugesagte Investorengelder fehlen, steht der Bau der Teststrecke für das schienenbasiert Transportsystem auf der Kippe. Das Unternehmen will an dem Vorhaben wie auch an dem geplanten Mobilitäts-Campus aber festhalten.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Bei der Suche nach einem Firmennamen hat sich die 2019 gegründete Ottobahn GmbH von zwei Dingen inspirieren lassen, heißt es auf ihrer Homepage. Zum einen sei dies - in Anlehnung an den Sitz des Start-ups in München - Otto I. gewesen, mit dessen Aufstieg zum Herzog 1180 die Herrschaft der Wittelsbacher über Bayern begann. Zum anderen beziehe sich der Name auf eine "weltweite Innovation" aus Deutschland - nämlich die Autobahn.

Letztere ist weithin bekannt als Ort der Hochgeschwindigkeit. Was freilich nicht so recht zu dem Tempo passt, mit dem die Ottobahn GmbH ihre geplante Testrecke in Taufkirchen voranbringt. Denn obschon der Spatenstich bereits eineinhalb Jahre zurückliegt, ist das anvisierte Baugrundstück an der Gemeindegrenze zu Ottobrunn immer noch ein Acker. Von jener autonomen Gondelbahn, die laut dem Start-up eine "Revolution der Mobilität" einläuten wird, ist dagegen weit und breit nichts zu sehen.

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Dabei hieß es noch beim Spatenstich, zu dem Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) nach Taufkirchen kam, dass bereits Ende des Jahres der Prototyp einer Gondel die ersten Runden auf der 900 Meter langen Testrecke drehen werde - 2022, wohl gemerkt. Im vergangenen Dezember teilte das Unternehmen dann mit, dass es wegen Lieferengpässen zu Verzögerungen beim Baustart komme.

Gleichzeitig verkündete die Ottobahn GmbH, dass sie die Pläne für das Areal an der Ludwig-Bölkow-Allee erweitert habe: Statt einer reinen Teststrecke für das schienenbasierte Transportsystem, dessen Gondeln dereinst in mehreren Metern Höhe durchs Land brausen sollen, werde ein "Urban Mobility Campus" entstehen, auf dem man "ein Schaufenster der Stadt der Zukunft" entwerfen werde. Die Arbeiten hierfür, hieß es damals, sollen im Frühjahr 2023 beginnen. Allein: bis heute ist nichts geschehen.

Der Grund für die abermalige Verzögerung sei, teilt Ottobahn-Geschäftsführer Marc Schindler nun auf Anfrage mit, "dass ein Teil der fest zugesagten Investorengelder bislang nicht geflossen ist." Seine Firma werde mit den Arbeiten an der Testrecke nicht beginnen, "wenn die Finanzierung nicht zu hundert Prozent zuverlässig steht und wir wissen, dass wir auch zu Ende bauen können." Dass die zugesagten Finanzmittel ausgeblieben sind, habe die Ottobahn GmbH "überrascht", so Schindler, "ist in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation aber sicher kein Einzelfall."

Marc Schindler, Geschäftsführer der Ottobahn GmbH, will an dem "Urban Mobility Campus" festhalten. (Foto: Claus Schunk)

An den Plänen für einen "Urban Mobility Campus", wo man gemeinsam mit anderen Firmen "Mobilität als integrierte, nachhaltige Lösung" zeigen wolle, halte sein Unternehmen aber fest, sagt der Geschäftsführer. "Alle Partner stehen zu ihrem Commitment." Derzeit suche die Ottobahn GmbH nach neuen Investoren und habe auch weiteres Kapital aufgenommen. "Solange wir die Finanzierungslücke für die Teststrecke nicht geschlossen haben, können wir aber keinen konkreten Zeitplan nennen, sondern priorisieren die technische Weiterentwicklung des Systems", sagt Marc Schindler.

So habe man den Betrieb der Ottobahn bereits mit einem digitalen Zwilling simuliert. Dies ermögliche "die Erprobung von Steuergeräten oder Komponenten, bevor die Gesamtanlage fertiggestellt ist", so der Geschäftsführer. "Dabei bilden wir unser gesamtes Fahrzeug ab und gehen selbst in solche Details wie die Steuerung der Innenbeleuchtung, der Klimatisierung der Kabine oder einer Gegensprechanlage für die Fahrgäste."

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Die grundlegende Idee hinter der Ottobahn ist, dass Passagiere die von einem Elektromotor angetriebene Gondel mittels ihres Smartphones bestellen und von ihr zu einem beliebigen Ort entlang des Schienenstrangs gebracht werden. Dieser befindet sich in fünf bis zehn Metern Höhe, ist begrünt und ebenso wie die Kabinen selbst mit Solarzellen bestückt, um die Antriebsenergie zu liefern.

Am Start- und Zielort wird die Gondel wie bei einem Aufzug zu Boden gelassen und wieder hochgezogen. Innerorts sollen die Kabinen laut Ottobahn mit Tempo 60 unterwegs sein; über Land seien bis zu 250 Kilometer in der Stunde möglich. Dabei stimmt eine Software die Fahrwege aller Gondeln aufeinander ab. "Unsere Fahrzeuge entstammen keinem Scifi-Blockbuster", heißt es auf der Firmenwebseite. "Ottobahn lässt Zukunft Realität werden."

Minister Bernreiter lobt die "neue, sehr innovative Idee"

Von so viel Begeisterung und Optimismus ließ sich auch die Politik anstecken. So äußerte Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) beim Spatenstich die Hoffnung, "dass die Ottobahn einen Mobilitätssiegeszug in die ganze Welt antritt." Und während Minister Bernreiter die "neue, sehr innovative Idee" lobte, sagte Vize-Landrat Ernst Weidenbusch (beide CSU): "Ich bin zuversichtlich, dass das Projekt was wird." Dabei gibt es durchaus auch skeptische Stimmen, die bezweifeln, dass diese Technologie umsetzbar ist - unter anderem wegen der aufwändigen Genehmigungen, des Lärms der über die Schienen ratternden Räder sowie der komplizierten Ein- und Ausstiegsprozedur.

Bei der Ottobahn GmbH hat man sich jedoch stets überzeugt gegeben, derlei Herausforderungen meistern zu können. "Wir lösen reale Verkehrsprobleme in allen Großstädten der Welt", umschreibt die Firma ihre Ziele. Bisher aber hat sich das Start-up schon an kleineren Projekten die Zähne ausgebissen - und zwar am Bau jener Teststrecke in Taufkirchen, von der auch 620 Tage nach der Genehmigung durchs Landratsamt noch nichts zu sehen ist.

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