Protest gegen AfD:"Wir wollten ein Zeichen setzen"

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Protest gegen rechts: Teilnehmer der spontanen Demonstration vor dem Taufkirchner Kulturzentrum. (Foto: Claus Schunk)

Initiatoren der Gegendemo räumen ein, dass das Taufkirchner Rathaus die Veranstaltung der Rechtsaußen-Partei im Kulturzentrum genehmigen musste. Sie hätten allerdings gerne früher davon erfahren - um mehr öffentlichen Druck aufzubauen.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

"Taufkirchen ist bunt", steht auf einem der Plakate. Und auf dem nächsten: "Kein Raum für Faschisten." Den Schildern sieht man allesamt an, dass sie in großer Eile entstanden sind. Kein Wunder, schließlich ist diese Gegendemonstration vor dem Kultur- und Kongresszentrum in Taufkirchen binnen 48 Stunden organisiert worden. Denn erst zwei Tage vor dem Termin hätten sie über einen Flyer im Briefkasten erfahren, dass der AfD-Kreisverband im Landkreis eine Veranstaltung im Kulturzentrum plane, berichten unisono der Grünen-Gemeinderat Rudi Schwab und die Vorsitzende des SPD-Ortsverbands, Christine Himmelberg. Demnach sollten bei dem Vortrag unter dem Titel "Verhandeln statt eskalieren!" der AfD-Politiker Gerold Otten aus Putzbrunn sowie sein Bundestagskollege Rainer Rothfuß aus Lindau auftreten.

Laut Angaben von Grünen und SPD, die die Gegendemo am Sonntagabend organisierten, beteiligten sich 40 bis 50 Personen an dem Protest. "Wir wollten ein Zeichen setzen, dass die AfD in Taufkirchen nicht willkommen ist", sagt Rudi Schwab. Und Christine Himmelberg betont mit Blick auf den Untertitel der Veranstaltung "Für Frieden und Zusammenarbeit in Eurasien": "Wir sind alle für Frieden in der Ukraine, aber unsere Solidarität liegt ganz klar bei den Ukrainerinnen und Ukrainern. Die AfD dagegen hat da eine etwas volatilere Einstellung." Was Himmelberg damit meint, ist die betont russlandfreundliche Position in weiten Teilen der Rechtsaußen-Partei. Gerade Rainer Rothfuß, der den deutsch-russischen Freundschaftsverein "Druschba global" mitgegründet hat und mehrfach Gast beim russischen Fernsehsender RT war, fällt dabei regelmäßig durch entsprechende Wortmeldungen auf.

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Kurz vor Beginn der Veranstaltung sei eine AfD-Frau auf die Protestierenden zugekommen und habe sie zur Teilnahme an dem Vortrag samt Diskussion eingeladen, erzählt Rudi Schwab. Doch dies habe man abgelehnt: "Ich wollte mir das krude Zeug, dass dieser Putin-Versteher von sich gibt, nicht anhören", sagt der Gemeinderat. Derweil äußerte sein Parteikollege im Ortsverband, der stellvertretende Landrat Christoph Nadler, im Zusammenhang mit der AfD-Veranstaltung im kommunalen Kulturzentrum Kritik am Rathaus. "Es kann nicht sein", hieß es in seinem Aufruf zur Gegendemonstration, "dass Rechtsradikale Räume in Taufkirchen mit Billigung der Gemeinde bekommen." Nadler verweist auf andere Kommunen, die es der AfD auf kreativen Wegen erschweren, derlei Veranstaltungen abzuhalten. In Taufkirchen jedoch werde darüber nicht nachgedacht.

"Ein Privater, zum Beispiel ein Wirt, kann die AfD ausschließen"

In diese Kritik wollen indes weder Rudi Schwab noch Christine Himmelberg einstimmen. Die SPD-Landtagskandidatin betont vielmehr: "Es ist absolut klar, dass das Kulturzentrum wenig rechtliche Möglichkeiten hat, eine Partei aus dem Ritter-Hilprand-Hof auszuschließen." Ihr zufolge bräuchte es lautstärkeren Protest aus der Bevölkerung. "Wenn wir früher von der Veranstaltung gewusst hätten, dann hätten wir die Gegendemonstration größer aufziehen und mehr öffentlichen Druck aufbauen können", sagt Himmelberg. "Das hätte vielleicht dazu geführt, dass die AfD den Vortrag absagt." Auch Rudi Schwab will weder dem Rathaus noch dem Kulturzentrum Vorwürfe machen, bei dem am Montag niemand für eine Stellungnahme zu erreichen war. "Ein Privater, zum Beispiel ein Wirt, kann die AfD ausschließen", sagt der Grünen-Politiker. "Aber eine Gemeinde muss sich an das Parteienprivileg halten. Da ist das sehr schwierig."

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Dennoch kündigt Schwab an, das Thema in den Gemeinderat bringen zu wollen. Eventuell könne man es der AfD mit kreativen Mitteln schwerer machen, ihre Veranstaltungen im Kulturzentrum abzuhalten, sagt Schwab. "Beispielsweise, indem man den Faktor Ortsgebundenheit als Voraussetzung für Veranstaltungen im Ritter-Hilprand-Hof reinbringt." Wobei der Gemeinderat schon 2017 erfahren musste, dass derlei Pläne schwierig umzusetzen sind. Seinerzeit plante die AfD im Kulturzentrum ihre Auftaktveranstaltung für den Bundestagswahlkampf mit der damaligen Vize-Parteichefin Beatrix von Storch. Der Gemeinderat versuchte dies per Veto zu verhindern, was Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) jedoch kippte - aufgrund einer entsprechenden Einschätzung der Rechtsaufsicht. Auch das Verwaltungsgericht München sprach damals eine einstweilige Anordnung im Sinne der AfD aus. "Rechtlich ist das klipp und klar geregelt", sagt der Rathauschef heute. "Dieser Gruppierung steht das Recht zu, Veranstaltungen abzuhalten. Solange die AfD nicht verboten ist, ist dieses Thema durch."

Die Kritik am Rathaus aus den Reihen der Protestierenden weist Ullrich Sander daher zurück: "Diese Menschen haben nicht die Verantwortung für Recht und Gesetz. Aber wir im Rathaus haben diese Verantwortung." Die von SPD und Grünen organisierte Gegendemonstration will Sander unterdessen nicht kommentieren. "Ich halte mich da mit persönlichen Äußerungen zurück", sagt der Bürgermeister. Nur so viel: Er selbst habe im Vorfeld von der Protestaktion nicht gewusst. Vielmehr habe er davon erst am Sonntagabend via Whatsapp erfahren - "zu einem Zeitpunkt, als ich gar nicht in Taufkirchen war", so Sander.

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