SZ-Serie: Bier von hier, Folge 14 und Ende:Acht Blonde, drei Dunkle und die Qual der Wahl

Lesezeit: 4 min

Kaum mehr als ein Stamperl: Den Testern (hier Michael Morosow) muss ein Zentiliter reichen, um ihr Urteil zu fällen. (Foto: Claus Schunk)

Zum Ende der SZ-Serie über Brauereien aus dem Landkreis München haben vier Kollegen unter Anleitung eines Biersommeliers elf Sorten blind verkostet - und manche Überraschung erlebt.

Von Iris Hilberth

Die Frage nach dem besten Bier soll schon so manche Freundschaft auf eine harte Probe gestellt haben. Wohl wissend, dass das immer auch einfach Geschmackssache ist, ob man eher dem süffigen Kellerbier, dem leichten Hellen oder dem herben Pils zuspricht oder etwa ein Weißbier bevorzugt. In Bayern, wo die Auswahl an Bieren bekanntlich groß ist, wird man sich womöglich auch wundern, dass Jahr für Jahr das "Tannenzäpfle" aus dem Schwarzwald zur beliebtesten Biersorte Deutschlands gewählt wird.

Vielleicht haben die Leute in Schleswig-Holstein noch nicht das "Rammlerbräu" aus Unterhaching oder die Halbe "Remonte" aus Oberschleißheim getrunken. In Berlin kennt man sicher nicht das "Stadlbräu" aus Oberhaching oder gar das "Theresienbräu" aus Helfendorf. Elf Biermarken gibt es aktuell, die aus dem Landkreis München stammen, von der alt eingesessenen mittelständischen Ayinger Brauerei bis hin zum kleinen Isartaler Brauhaus.

Nicht alle Biere werden tatsächlich auch im Landkreis gebraut, manche Genossenschaften oder kleine Unternehmen lassen in den Nachbarkreisen, etwa Ebersberg, Rosenheim oder Traunstein nach eigenem Rezept produzieren. Gemeinsam mit Biersommelier Fabian Staudinger, in der Branche als "Staudi" bekannt, hat die SZ jeweils eine Sorte der elf Marken getestet - blind, das heißt, ohne zu wissen, um welche es sich handelt.

Dass die elf Landkreis-Biere aus Sicht professioneller Verkoster nicht wirklich vergleichbar sind, versteht sich allein aus der Tatsache, dass die SZ-Tester, allesamt Journalisten der Landkreisredaktion, es mit verschiedenen Sorten zu tun hatten. Zwar wurde versucht, möglichst das Helle zu verkosten, doch wird in Pullach und beim Flugwerk Feldkirchen ausschließlich Weißbier ausgeschenkt, das direkt aus dem Fass kommt. Neben dem traditionellen Hellen werden auch Kellerbier und Export in großen und kleinen Flaschen angeboten. Braumeister Staudi findet: "Es gibt für jedes Bier die richtige Situation."

"Bier ist eine langfristige Mode."

Getestet wurden die Biersorten in einer sogenannten Blindverkostung - das heißt, ohne zu wissen, um welche es sich handelt. (Foto: Claus Schunk)

Nun ist es noch relativ einfach zu sagen, dieses Bier schmeckt mir gut, jenes eher nicht und viele können sicher eine Marke nennen, die für sie als K.o.-Kriterium gilt, wenn es darum geht, eine Wirtschaft fürs Abendessen auszuwählen. Häufig spielt auch ein gewisser Zeitgeist ein Rolle, mal ist die eine Marke angesagt, nächsten Sommer wieder eine andere. Wobei Staudinger sagt: "Bier ist eine langfristige Mode." Muss man aber sein Urteil über ein Bier begründen, wird es schon schwieriger. "Es kann richtig anstrengend sein, Bier zu verkosten", sagt der Sommelier.

Das liegt nun nicht an der Menge an Alkohol, den die Tester zu sich nehmen mussten, um sich durch die elf Landkreis-Biere durchzutrinken, denn von jedem Getränk gab es nur ein kleines Probiergläschen. Vielmehr ist es gar nicht so einfach, bei den fünf Kriterien Schaum, Farbe, Klarheit, Geruch und Geschmack auf dem Bewertungsbogen die Sinneswahrnehmung auch exakt zu beschreiben. Ist der Schaum nun stabil, feinporig oder cremig? Haftet er am Glas? "Die Schaumthematik ist in Deutschland wichtig", sagt Staudinger. Tödlich für einen Bierschaum sei Spülmittel. Dann kann man sich mit dem Einschenken noch so Mühe geben, es wird nichts mit einer schönen Krone.

1 / 4
(Foto: CLAUS SCHUNK)

Neben Michael Morosow geben auch Stefan Galler,...

2 / 4
(Foto: CLAUS SCHUNK)

...Marie Heßlinger...

3 / 4
(Foto: CLAUS SCHUNK)

...und Wolfgang Krause...

4 / 4
(Foto: CLAUS SCHUNK)

...ihre Bewertungen fertig. Fotos: Claus Schunk

Auch bei der Farbe gilt es zu unterscheiden zwischen Hellgelb, Gelb und Goldgelb, zwischen Bernsteinfarben, Goldbraun und Dunkelbraun. Selbst da scheiden sich die Geister. Was für manchen nur Gelb aussieht, ist für andere schon Goldgelb. Als Hilfe dient ein Fächer, mit ihm wird deutlich, welche Farbnuancen Biere haben können. Unterschiede lassen sich auch in der Klarheit erkennen, wobei der Braumeister sagt: "Die meisten Biere sind trüb." Das liege eben daran, dass sie nicht gefiltert würden.

Wichtig ist die Ausgewogenheit von Hopfen und Malz

Kommt nun die Nase bei der Verkostung ins Spiel, wird es mitunter sehr schwierig, den Geruch in Worte zu fassen. Der Verkostungsbogen schlägt Begriffe wie "karamellig", "süßlich", "hopfenaromatisch" und "nach Kräutern" vor. Die Palette lässt sich wohl ins Unendliche erweitern. Die SZ-Verkoster haben auch "Grüntee", "Honig" oder "Wald", sogar "Mandarine" und "Steinhöhle" wahrgenommen. Auch den "Biskuitboden" oder eine "Müsli-Packung" hatte mancher vor Augen, nachdem er die Nase tief ins Glas gesteckt hatte. Der Sommelier arbeite viel mit der Nase, sagt Staudi. Wenn man Mandel und Marzipan rieche, komme das vom Malz.

Der Experte
:Beruf aus Leidenschaft

Fabian Staudinger ist Bierbrauer und Sommelier bei Doemens

Von Iris Hilberth

Wichtig sei bei einem Bier immer die Ausgewogenheit von Hopfen und Malz. Die Auswahl an Rohstoffen ist groß. 20 verschiedene Malzsorgen werden häufig verwendet, 80 sind gängig, insgesamt gibt es aber etwa 120. Beim Hopfen ist die Reichhaltigkeit noch größer. Von 600 bekannten Sorten werden 80 stark gehandelt.

Richtig schwierig wurde es mit der Beurteilung, als es tatsächlich um den Geschmack ging. Antrunk, Rezenz, was für die Frische, die Spritzigkeit steht, und Nachtrunk mussten beurteilt werden. Ist es nun süffig oder eher würzeartig? Ist es spritzig, frisch oder prickelnd und am Ende doch noch feinbitter oder trocken? Manch einer empfindet es aber ganz anders: "Es schmeckt lack, aber es schmeckt nicht schlecht." Ein klares Statement des Missfallens hingegen ist die Aussage: "Schmeckt wie eingeschlafene Füße." Und ob "wie Limo" eher positiv oder negativ gemeint ist, weiß nur der Verkoster selbst.

Zu vergeben waren ein bis fünf Sterne

Am Ende gaben die vier Tester für jedes der elf Biere eine Bewertung ab. Zu vergeben waren ein bis fünf Sterne, wobei auch halbe möglich waren. Die wurden dann addiert, sodass die Maximalpunktzahl 20 gewesen wäre. Am besten gemundet hat den Verkostern das Helle von Remonte aus Oberschleißheim, das mit 19,5 Sternen somit als klarer Favorit gilt, soll mal wieder ein Bier aus den Landkreis eingeschenkt werden. Wichtig sei, sagt der Sommelier, der nicht mit urteilte: "Was bleibt zurück und regt es zum Weitertrinken an?"

© SZ vom 19.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: