Regenerative Energien:Ein Hoch auf Poseidon

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Gleich beim Gasthof Mühltal gibt es die längste Floßrutsche Europas und nebenbei noch ein bedeutendes Kraftwerk. (Foto: Claus Schunk)

Die CSU-Politikerin Kerstin Schreyer hält bei ihrem Besuch des Kraftwerks Mühltal die Wasserkraft hoch und mosert über die Windenergie.

Von Michael Morosow, Straßlach-Dingharting

Das für diesen Dienstag letzte Floß, das sich mittags auf der Floßrutsche vorbei am Kraftwerk Mühltal mit Tempo 40 in die Tiefe stürzt, hat Kerstin Schreyer knapp verpasst. Eine Gaudi wäre das sicherlich für sie gewesen, auf dem steinernen Steg beim Gasthaus Zur Mühle stehend die kreischende Besatzung unter ihr vorbeizischen zu sehen, aber sie ist in ihrer Funktion als energiepolitische Sprecherin der CSU-Fraktion im Landtag hier unten im Mühltal erschienen, und so gilt ihr Interesse ohnehin weniger dem Freizeitvergnügen anderer als dem altehrwürdigen Kraftwerk und der darin erzeugten regenerativen Energie.

Die ehemalige bayerische Ministerin, zuletzt für Wohnen, Bau und Verkehr, hat den Termin im Isartal wohl nicht zufällig gewählt, hat doch der Bundestag in der Vorwoche in seinem "Osterpaket" auch noch Platz für die Beibehaltung der Förderung kleiner Wasserkraftwerke mit einer Leistung von weniger als 500 Kilowatt gefunden - auf Druck der CSU, wie Schreyer denn auch mehrmals betonen kann. Das Kraftwerk Mühltal freilich liegt mit einer Ausbauleistung von 11,2 Megawatt deutlich über dieser Grenze wie auch die Kraftwerke in Höllriegelskreuth (3,1 Megawatt) und Pullach (4,1 Megawatt). Somit ist das Osterpaket in förderrechtlichem Sinne für diese drei Isarkraftwerke eigentlich irrelevant.

Kürzlich erst hat Kerstin Schreyer mit Gräfelfings Bürgermeister Peter Köstler an der Kraemermühle für die Wasserkraft geworben. (Foto: Doll/Gemeinde Gräfelfing)

Aber grundsätzlich sei die Entscheidung natürlich zu begrüßen, sagt am Mittwoch Theodoros Reumschüssel, Pressesprecher Wasserkraft der Uniper Kraftwerke GmbH, die mehr als hundert Laufwasser-, Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke an Rhein, Donau, Lech und Isar betreibt, in denen eine Strommenge erzeugt wird, die den Jahresbedarf von 1,6 Millionen Haushalten decken. Das Laufwasserkraftwerk im Mühltal generiert dabei Energie für 17 000 Haushalte. Es sei ein wichtiger Punkt, dass neben Wind und Sonne nun endlich auch der Wasserkraft per Gesetz ein überragendes öffentliches Interesse zugesprochen werde, erklärt Reumschüssel.

"Wir müssen Energie abgreifen, wo wir können", sagt Kerstin Schreyer, bricht eine Lanze für die Wasserkraft, die verlässlicher sei als Wind und Sonne, und wiederholt die Kritik der Christsozialen an der Weigerung der Bundesregierung, Atommeiler vorübergehend wieder in Betrieb zu nehmen. "Da merkt man, dass Bayern nicht mit am Kabinettstisch sitzt. Das eine verhindern, das andere abstellen - wie soll das gehen?", fragt die CSU-Frau rhetorisch in die Runde, die sich inzwischen in der Schaltwarte des 1924 fertiggestellten Kraftwerks eingefunden hat. Die Blicke richten sich hinauf zur Decke des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes, wo sich in einem symbolträchtigen Deckengemälde Meeresgott Poseidon, der blitzschleudernde Zeus, der Herr der Winde Aiolos sowie Sonnengott Helios um eine Windrose gruppieren, mithin Vertreter relevanter Energieformen, die der Menschheit zur Verfügung stehen. Aiolos hat bekanntlich keinen Stein im Brett der CSU, und auch Kerstin Schreyer lässt das Mosern über die Windkraft in der Schaltwarte nicht sein. Allein für den Energiebedarf der Wacker Chemie müssten 1000 Windräder gebaut werden, für den Münchner Flughafen gar 4600, gibt die Unterhachingerin zu bedenken.

Befürworter der Wasserkraft als Energieträger: (v.l.) Theodoros Reumschüssel, Lars Pappert (beide von Uniper) und Kerstin Schreyer (CSU). (Foto: privat)

Dass Wasserkraftwerke umstritten sind, unter anderem weil dafür in der Regel bauliche Eingriffe in den natürlichen Gewässerverlauf notwendig sind - mit Auswirkungen auf Fische, andere Tiere und Pflanzen, das weiß Schreyer. Ihrer Meinung nach haben die Fische in der Isar und im Kanal aber keine Nachteile durch Wehr und Kraftwerk zu befürchten dank einer Fischaufstiegsanlage. "Hier holen wir die Fische ab und begleiten sie", sagt die energiepolitische Sprecherin der CSU. Pressesprecher Reumschüssel pflichtet ihr mit einem kleinen Abstrich bei. Ein sehr kleiner Prozentsatz der Fische überlebe den Aufstieg nicht, auf die Population gerechnet sei das eine zu vernachlässigende Größe.

Für Bau und Betrieb von Wasserkraftwerken spielten auch diverse Auflagen eine Rolle. "Da laufen Teams durch die Botanik und sammeln Zauneidechsen ein", sagt Reumschüssel. "Und die werden sieben Mal gezählt", das wisse sie aus ihrer Zeit als Ministerin, fährt Schreyer fort. Sie weiß auch, dass die Floßrutsche am Kraftwerk Mühltal mit 306 Metern Länge die längste in Europa ist. Sie sei noch nie auf einem Floß mitgefahren, "aber das muss ich noch tun", sagt sie.

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