Gewerbeansiedlung:Garching lockt SAP und Siemens

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Im Umfeld der TU siedeln sich in Garching zahlreiche Unternehmen an. (Foto: Robert Haas)

Beide Firmen wollen je ein Forschungszentrum errichten und mit der TU zusammenarbeiten.

Von Patrik Stäbler, Garching

Sie sind nach Marktkapitalisierung die Nummer eins und drei im Aktienindex Dax - zwei Konzerne von Weltrang, die zusammen mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr umsetzen und fast eine halbe Million Mitarbeiter beschäftigen.

Und beide zieht es nach Garching: SAP und Siemens wollen auf dem dortigen Campus je ein Forschungszentrum errichten, in dem sie dann auch mit Technischen Universität München (TU) kooperieren. Bis 2023 sollen die zwei Gebäude an der Freisinger Landstraße fertig sein - SAP rechnet mit 600 Mitarbeitern und 120 Arbeitsplätzen für die TU, bei Siemens sind es 400 und 150. Aktuell befinden sich beide Projekte in der Planung, und über den aktuellen Stand haben die Firmen nun den Stadtrat informiert.

Bereits im Februar waren Vertreter der zwei Konzerne in dem Gremium vorstellig geworden. Während die Pläne von Siemens damals größtenteils auf Wohlwollen stießen, erntete die SAP-Präsentation einige kritische Nachfragen - unter anderem zur geplanten Dichte und Höhe der Bebauung, deren Nachhaltigkeit, dem Mobilitätskonzept und möglichen Werkswohnungen. Entsprechend bemüht war diesmal Silvia Vögtle, Leiterin der SAP-Bauabteilung, auf diese Punkte einzugehen. So verwies sie etwa darauf, dass man beim Neubau ein Leed-Nachhaltigkeitszertifikat mindestens in Silber anstrebe.

Die geplante Gebäudehöhe habe sich auf knapp 25 Meter verringert, was den Vorgaben des Masterplans Science City entspricht. Und in punkto Mobilität, so Vögtle, sollen für die SAP-Mitarbeiter nicht nur 275 Parkplätze bereitstehen, sondern es werde auch Elektroautos als Firmenwagen geben, Angebote für Fahrräder und E-Bikes sowie Jobtickets und Bahncards.

Shuttle-System auf dem Campus

Darüber hinaus schwärmte die SAP-Frau von der "Kultur der offenen Tür", die in dem Gebäude herrschen solle. Man wolle Räume schaffen für zufällige Begegnungen, außerdem ein weitläufiges Foyer mit Ausstellungsflächen und eine "Vital-Bar" mit Sitzmöglichkeiten im Freien. "Das Erdgeschoss wird komplett offen sein", sagte Silvia Vögtle, die jedoch mehrfach betonte: "Aktuell befinden wir uns noch im Entwurfsstadium." Mehrere Stadträte konnten ihre Ausführungen indes erneut nicht überzeugen. "Sie haben heute wieder mit sehr vielen Worten sehr wenig gesagt zum Thema Nachhaltigkeit", kritisierte Hans-Peter Adolf (Grüne).

Seine Fraktionskollegin Felicia Kocher nannte das angestrebte Leed-Zertifikat in Silber "wenig ambitioniert". Zudem forderte sie die Verwendung von Photovoltaik. Auch Alfons Kraft (Bürger für Garching/BfG) zeigte sich nicht angetan von den Plänen. Ihm fehlten Lösungen für den Verkehr, monierte er - und nahm dabei auch den Freistaat in die Pflicht. Dieser müsse ein Modell für ein Shuttle-System auf dem Campus entwickeln, "das war im Wettbewerb Science City deutlich angesprochen", so Kraft. Mehr Anstrengungen beim Thema Verkehr verlangte auch Christian Nolte (Unabhängige Garchinger/UG) von SAP. Denn: "Ihre Mitarbeiter, die auch gut bezahlt werden, werden eher das Auto bevorzugen als ein MVG-Mietrad." Derweil forderte Norbert Fröhler (BfG), dass im Zuge des Neubaus auch "ein gewisser Ausgleich an Wohnungen geschaffen wird".

Sowohl die Grünen als auch Nolte und die BfG verweigerten den SAP-Plänen ihre Zustimmung; eine Mehrheit im Stadtrat erteilte ihnen aber den Segen. Erneut einstimmig fiel dagegen den Beschluss für das Siemens-Vorhaben aus, nachdem Projektleiter Mario Beck den derzeitigen Planungsstand präsentiert hatte. Ihm zufolge will der Konzern in einem ersten Schritt ein viergeschossiges Gebäude errichten; überdies stehe eine Fläche von 3000 Quadratmetern für eine spätere Erweiterung bereit. Wie beim Nachbarn SAP soll auch das Siemens-Gebäude im Erdgeschoss frei zugänglich sein. Dort sei ein "Makerspace" vorgesehen, so Beck, "um zu zeigen, welche Forschung wir betreiben". Die 400 Mitarbeiter würden aus Perlach nach Garching umziehen. "Ich denke daher, dass nur die wenigstens aufs Auto umsteigen", sagte Beck. Aktuell prüfe Siemens Carsharing-Lösungen, auch in Kooperation mit der TUM; zudem wolle man auf die MVG-Mieträder setzen.

Die erforderlichen Parkplätze wird Siemens freilich nicht im eigenen Gebäude, sondern in einem Parkhaus der Universität nachweisen. Südlich der Elektrotechnik solle ein solches entstehen, sagte Beck. Wobei Florian Loibl von der TU-Immobilienverwaltung auf Nachfrage einräumte, dass dieses Parkhaus vermutlich erst nach den Forschungszentren fertig werde. "Dann ist die Situation nicht so befriedigend", kommentierte Harald Grünwald (UG). Er regte daher an, einen Shuttlebus vom U-Bahnhof einzurichten, um mehr Mitarbeiter von Siemens und SAP zur Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewegen.

© SZ vom 05.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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