Home-Office im öffentlichen Dienst:Die Amtsstube bleibt erhalten

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Seit der Corona-Pandemie stehen auch immer mehr Amtsstuben leer, weil Rathausmitarbeiter lieber von daheim aus arbeiten. (Foto: Stephan Rumpf)

Zwar arbeiten seit der Corona-Pandemie auch viele Beschäftigte der Rathäuser von daheim aus, im Gegensatz zur Stadt München und dem Landratsamt lassen die Kommunen ihnen dennoch ihre Büros und Schreibtische.

Von Iris Hilberth und Martin Mühlfenzl, Kirchheim/Unterhaching

Kirchheim ist eine Gemeinde der langen Wege, zumindest wenn es darum geht, einen Service der Rathausverwaltung in Anspruch zu nehmen. Wer etwa verlorengegangene Schlüssel abholen möchte, der muss ins Fundbüro im Rathaus, Bauanträge hingegen müssen in der Dependance an der Glockenblumenstraße eingereicht werden und wer Fragen zur Müllabfuhr hat, kann sich in den Amtsstuben an der Räterstraße erkundigen. Auf sechs Standorte ist die Gemeindeverwaltung verteilt. Noch. Denn Anfang kommenden Jahres werden die Mitarbeiter zusammengezogen am neuen Standort im Ortspark, der zwischen den Gemeindeteilen Kirchheim und Heimstetten gerade noch im Bau ist.

Im kommenden Jahr wird das neue Kirchheimer Rathaus fertig - jeder Mitarbeiter soll dort einen eigenen, neuen Arbeitsplatz erhalten. (Foto: Gemeinde Kirchheim/oh)

Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter werden dann in dem topmodernen Rathaus laut Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) einen eigenen, neuen Arbeitsplatz bekommen. Anders als womöglich bald in der Landeshauptstadt. Dort plant die grün-rote Stadtratskoalition, jeden sechsten Büroarbeitsplatz zu streichen. Dadurch sollen im Jahr mehrere Millionen Euro an Mietkosten eingespart werden.

Dieses Ansinnen steckte auch hinter dem Umzug großer Teile der Belegschaft des Münchner Landratsamtes an den neuen Standort in der Messestadt Riem, den der Landkreis München für etwa 100 Millionen Euro erworben hat. Bis zum Einzug waren die Beschäftigten auf insgesamt acht Standorte in München sowie die Kfz-Zulassungsstelle im Grasbrunner Ortsteil Neukeferloh verteilt. Nach und nach aber baut das Landratsamt die allermeisten Niederlassungen ab, erhalten bleiben nur noch das Landratsamt am Mariahilfplatz in der Au, die Zulassungsstelle in Neukeferloh und die neue Zweigstelle in Riem. Auf diese Weise will der Landkreis etwa drei Millionen Euro im Jahr an Mietkosten einsparen.

Am neuen Standort des Landratsamtes in der Messestadt Riem wird Desk-Sharing praktiziert, Mitarbeiter teilen sich dort Arbeitsplätze. (Foto: Claus Schunk)

Aber auch die Zahl der Arbeitsplätze wurde wegen des Trends zu Home-Office und mobilem Arbeiten reduziert. In Riem etwa wird mittlerweile Desk-Sharing praktiziert, zahlreiche Mitarbeiter haben keinen festen Arbeitsplatz mehr und müssen sich vor Arbeitsbeginn einen Schreibtisch buchen. Diese Art der Arbeitsorganisation lehnt dagegen Haars Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) in seiner Verwaltung ab. "Bei uns hat jeder seinen festen Arbeitsplatz, und das soll auch so bleiben", sagt der Rathauschef. "Wir wollen die Plätze nicht wie in großen Konzernen reduzieren." Seine Verwaltung befinde sich aber auch in einer komfortablen Situation, da das Rathaus unlängst erst erweitert worden ist und mehr Platz bietet.

Haars Bürgermeister Andreas Bukowski befürwortet Home-Office in seiner Verwaltung. (Foto: Angelika Bardehle)

Dennoch hat auch im Haarer Rathaus Corona seine Spuren hinterlassen, geht der Trend ebenfalls zum Home-Office. "Wir handhaben das aber sehr flexibel. Das entscheidet die jeweilige Führungskraft mit dem Mitarbeiter", so Bukowski. Es gebe aber auch bestimmte Bereiche, in denen Arbeiten zu Hause nicht umgesetzt werden kann: etwa im Einwohnermeldeamt und überall dort, wo Serviceleistungen direkt angeboten werden.

Dieses Credo gilt auch im Sauerlacher Rathaus - allerdings aus einem anderen Grund: Im Frühjahr 2021 brannte das alte Rathaus komplett aus, in dem auch Teile der Verwaltung, etwa das Standesamt, untergebracht waren. Und so mussten alle Mitarbeiter im neuen Rathaus an der Bahnhofstraße untergebracht werden. "Seitdem haben wir keinen Sitzungssaal mehr, keine Besprechungsräume, haben alles in Büroräume umgewandelt, was geht", sagt Bürgermeisterin Barbara Bogner (UBV). "Es ist schon alles sehr beengt." So dicht gedrängt, dass die Gemeinde in diesem Jahr sogar keinen Lehrling einstellen konnte.

Und so begrüßt auch Sauerlachs Bürgermeisterin den Trend hin zum Home-Office. Allerdings müssen sich die Mitarbeiter in Sauerlach ihre Heimarbeit genehmigen lassen. "Ich finde das in Ordnung, so lange man die Arbeitnehmer auch noch sieht", sagt Bogner. "Ich will nicht alles über Videokonferenzen mit dem iPad machen." Kirchheims Bürgermeister Böltl ist vor allem wichtig, dass das Rathaus immer für die Bürgerinnen und Bürger da ist: "Menschen müssen Menschen begegnen. Es gibt auch Problemlagen, die man in persönlichen Gesprächen miteinander erspüren muss."

Unterhaching bietet seinen Rathausmitarbeitern sogenannte Flexi-Tage

Gleichwohl müssten auch öffentliche Verwaltungen sich verändernde Arbeitswelten abbilden und so attraktiv für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben - und dazu gehöre eben auch die Möglichkeit, im Home-Office zu arbeiten. "Aber man muss es sich für jeden Bereich anschauen", sagt Böltl. "Beispiel Bauamt: Wenn es um Projektorganisation geht und Bauvorhaben, kann ich das gut in Ruhe von Zuhause aus abarbeiten. Aber beim gleichen Mitarbeiter kann es auch notwendig sein, dass er vor Ort ist, wenn es um Hochbaumaßnahmen geht."

In Unterhaching war in den vergangenen Monaten von Umzugsplänen für Rathausmitarbeiter auf die Stumpfwiese die Rede. Das ehemalige Sportscheck-Gebäude stand dort zum Verkauf, und Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) soll damit geliebäugelt haben zuzugreifen. Mittlerweile hat die Gemeinde aber gar kein Geld mehr, sich dort zusätzliche Räume zu mieten oder zu kaufen, und Rathaussprecher Simon Hötzl dementiert entsprechend die Pläne: "Der Sportscheck war nie eine Option für das Rathaus." Vielmehr sollten dort Möglichkeiten für zusätzliche Kinderbetreuung, die Musikschule und Volkshochschule geschaffen werden.

Flexi-Tage im Rathaus Unterhaching. (Foto: Angelika Bardehle)

Von Platzmangel im Rathaus ist auch keine Rede mehr. Seit die Fraktionszimmer in das Kinderhaus am Oberweg verlegt und der kleine Sitzungssaal in Büros umgebaut wurden, kämen alle Mitarbeiter bequem unter. Angemietet oder gekauft werden müsse daher nichts. Hötzl verweist zudem auf eine Home-Office-Regel, die bereits vor Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 vereinbart worden sei. Demnach gibt es für Mitarbeiter so genannte Flexi-Tage, an denen sie nicht im Büro arbeiten müssen. Im Rathaus sollen sie 40 Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen. Das Angebot wird laut Hötzl gerne genutzt und soll auch nach Corona so bleiben.

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