Otfried Preußler:"Er bleibt ein großartiger Kinderbuchautor"

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Demnächst voraussichtlich wieder ohne Namen: das Gymnasium in Pullach. (Foto: Sebastian Gabriel)

Der Zweckverband des Pullacher Gymnasiums unterstützt einstimmig den Wunsch von Schülern, Lehrern und Eltern nach einer Umbenennung. Mit dem bisherigen Namensgeber soll sich die Schule trotz dessen anfänglicher Begeisterung für den Nationalsozialismus weiter auseinandersetzen.

Von Iris Hilberth und Lisa Marie Wimmer, Pullach

Das Otfried-Preußler-Gymnasium in Pullach im Landkreis München wird voraussichtlich nicht mehr lange so heißen. Am Mittwoch hat der Zweckverband des Gymnasiums dem Antrag der Schule auf Umbenennung in Staatliches Gymnasium Pullach im Isartal einstimmig stattgegeben - "ein Abschied in Würde", wie die Pullacher CSU-Gemeinderätin und Verbandsrätin Christine Eisenmann in der Sitzung sagte. "Es ist der große Wunsch vieler Pullacher." Der Zweckverband folgte mit der Entscheidung dem vorangegangenen Votum des Pullacher Gemeinderats.

Die Sitzung des Zweckverbands im Pullacher Rathaus wurde mit Spannung erwartet, da seit Monaten über die Umbenennung der Schule diskutiert wird. Der Zweckverband, dem neben der Gemeinde der Landkreis und die Stadt München angehören, ist Träger des Gymnasiums, kann den Namen der Schule aber nicht eigenmächtig ändern. Er wird lediglich gehört, bevor das bayerische Kultusministerium eine Entscheidung fällt.

Er sei froh, dass der Verband als Sachaufwandsträger vom Ministerium in die Entscheidung einbezogen werde, sagte Landrat Christoph Göbel (CSU) in der Sitzung. Man wolle dem Wunsch der Schulfamilie Rechnung tragen. Schließlich gehe es darum, ob sich Schüler, Lehrer und Eltern an der Schule wohlfühlten. Göbel betonte aber auch: "Es gehört nicht zum Regelfall, dass man Namen wieder aberkennt." Der Zweckverband dürfe es sich auch nicht zu leicht machen, indem er den Akt einfach an das Kultusministerium schiebe, das dann beklatscht, beschimpft oder verklagt werde.

Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) hat bereits angekündigt, den Antrag auf Umbenennung "mit der nötigen Sensibilität" zu prüfen. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, dazu äußerte sich das Ministerium am Mittwoch auch auf Nachfrage nicht. Es teilte lediglich mit, dass die Befassung "im Rahmen des allgemeinen Geschäftsgangs unter Einbeziehung der zuständigen Stellen im Haus" erfolgen werde.

Haben die Umbenennung ins Rollen gebracht: die beiden Lehrer Jochen Marx (links) und Ludwig Bader. (Foto: Sebastian Gabriel)

Ins Rollen gebracht haben die Umbenennung Lehrer, Schüler und Elternbeirat des Gymnasiums, nachdem eine schulinterne wissenschaftliche Aufarbeitung von Preußlers Vergangenheit ergeben hatte, dass dieser in seiner Jugend mit der Ideologie der Nationalsozialisten sympathisiert hatte. Dem Wunsch der Schule, die seit 2013 Preußlers Namen trägt, auf Rückbenennung schloss sich im Februar der Gemeinderat mit großer Mehrheit an. In der öffentlichen Diskussion schlugen die Wellen seither hoch. Pullachs Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) sprach der Schule am Mittwoch ihre "Hochachtung vor dem sehr intensiven Meinungsbildungsprozess" aus. Auf die Lehrer sei "viel eingeprasselt".

Schulleiter Benno Fischbach sprach im Anschluss an die Verbandssitzung von "vielen Missverständnissen" in der Debatte. Über den Prozess an der Schule sei teilweise sinnentstellt und falsch berichtet worden. Auch seien sehr viele Mails in der Schule eingegangen, oft persönlich an die mit dem Thema befassten Lehrer. "Wenn es sachliche Kritik war, habe ich das beantwortet, es war aber auch viel Krudes dabei", so Fischbach. Dass die Abstimmung im Zweckverband nun im Sinne der Schulfamilie ausgegangen ist, "darüber freuen wir uns".

Die Lehrer, die die Arbeiten zu Preußler betreuten, werden angefeindet

Die Grünen-Stadträtin Nimet Gökmenoglu, die die Stadt München im Zweckverband vertritt, sagte: "Ich verbeuge mich vor der Schulfamilie. Es ist großartig, wenn die Schule sich damit auseinandersetzt." Nun müsse alles dafür getan werden, dass die beiden Lehrkräfte, die die Arbeiten zu Otfried Preußler an der Schule betreuten, nicht angefeindet würden. "Alle müssen zusammenhalten, um den Schutz zu gewährleisten", so Gökmenoglu. Die "Schulfamilie" solle wissen, "dass wir hinter ihr stehen".

Landrat Göbel betonte, dem Zweckverband sei nicht daran gelegen, Otfried Preußler in ein schlechtes Licht zu rücken oder dessen Bücher aus dem Schrank zu räumen. "Er bleibt ein großartiger Kinderbuchautor." Es gehe darum, sich dauerhaft mit der Vita von Preußler auseinanderzusetzen, der ein Junge war, als Hitler an die Macht kam, und sich auf die Infiltration einließ. "Die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist von oberster Bedeutung", sagte der Münchner Landrat. "Es ist der Auftrag von staatlichen Schulen, sich damit auseinanderzusetzen und zu bekennen: Was Otfried Preußler passiert ist, darf mir nicht passieren." Die Schule solle dieses Vermächtnis fortführen, als Chance begreifen und nicht zu den Akten legen. "Die Schule soll nicht vergessen, dass sie diesen Namen einmal hatte."

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