Katholische Kirche:Ein Pfarrer hat die Nase voll

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Hat nicht lange durchgehalten: Statt nach zehn bis 15 Jahren, wie beabsichtigt, geht Ottobrunns Pfarrer Martin Ringhof - hier bei seiner Einführung 2019 - schon nach vier Jahren. (Foto: Angelika Bardehle)

Zu viel Bürokratie und Verwaltung, zu wenig Zeit für die Seelsorge: Ottobrunns Pfarrverbandsleiter Martin Ringhof verlässt zum Dezember Vier Brunnen, die fünf Pfarreien sind vorerst führungslos.

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Er wolle zehn bis 15 Jahre bleiben, sagte Martin Ringhof, als er im November 2019 die Leitung des katholischen Pfarrverbands Vier Brunnen mit Sitz in Ottobrunn übernahm. Jetzt geht er nach nur vier Jahren und wird von 1. Dezember an Pfarrverbandsleiter in Sankt Wolfgang bei Dorfen im Landkreis Erding. Es gebe viele Gründe und er habe lange mit sich gerungen, sagt Ringhof. Ein Nachfolger für Ottobrunns Pfarrer wird noch gesucht.

Im Gespräch merkt man sehr schnell, wie nahe dem 47-Jährigen seine Entscheidung geht. Er fühle sich in Ottobrunn nicht wohl, das wüssten die Kirchengremien schon länger. Die Belastung durch die vielen organisatorischen und verwaltungstechnischen Aufgaben sei zu groß. Es gebe in der Kirche viel zu viel Bürokratie, viel zu viele Vorschriften, die ihn an den Schreibtisch bänden und ihn an seiner seelsorgerischen Arbeit hinderten. Die Diözese habe zwar den Posten eines Verwaltungsleiters eingerichtet, aber das habe für ihn keine ausreichende Entlastung gebracht. Die Stellen müssten vom Ordinariat mit mehr Arbeitsstunden ausgestattet werden und sollten besser bezahlt werden, fordert Ringhof.

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Er habe hin und her überlegt, ob er kündigen solle, besonders weil es in dem Pfarrverband in jüngster Zeit viele Leitungswechsel gegeben hat. Auch denke er an die vielen engagierten Gläubigen in den Pfarreien. Zum Pfarrverband Vier Brunnen gehören mehr als 12 200 Katholiken in den Ottobrunner Pfarreien St. Magdalena, St. Otto und St. Albertus Magnus sowie St. Stephanus in Hohenbrunn und St. Stephan in Putzbrunn mit den Filialkirchen St. Ulrich in Grasbrunn und St. Aegidius in Keferloh. Unter den Gläubigen bedauert man Ringhofs Weggang. Clemens Hachmöller vom Pfarrverbandsrat sagt: "Er hat die Gottesdienste sehr lebendig und auch musikalisch gestaltet und war sehr beliebt. Wir sind alle sehr traurig, dass er geht. Ich selbst habe mit ihm super zusammengearbeitet". Seine Pfarrgemeinderatskollegin Margret Joswig ergänzt: "Es wünschen ihm alle Glück, aber dass er geht, hätte es nicht gebraucht." Seine Klagen kann sie aber nachvollziehen: Sie merke sogar als Kirchenchorleiterin, wie die Verwaltungsaufgaben anwachsen.

Ringhof hofft, dass er an seiner neuen Wirkungsstätte mehr zu seinen seelsorgerischen Aufgaben kommt. "Meiner Erfahrung nach machen die Menschen in ländlichen Gegenden mehr untereinander aus und es muss nicht alles über den Pfarrer laufen", sagt Ringhof. In Sankt Wolfgang wird ihm eine Gemeindereferentin zur Seite stehen, der Pfarrer ist seit August im Ruhestand.

Selbst wer vorübergehend die Aufgaben übernimmt, ist offen

Noch ist offen, wer im Pfarrverband Vier Brunnen neuer Leiter wird oder die Aufgaben zumindest übergangsweise übernimmt. Pfarrer Stefan Berkmüller, der den Posten von September bis November 2019 innehatte, steht nicht zur Verfügung. Es hänge davon ab, wie schnell sich ein geeigneter Kandidat findet und wie rasch er aus seinen bisherigen Aufgaben herausgelöst werden könne, heißt es aus dem Erzbischöflichen Ordinariat auf Anfrage. "Wenn es schnell geht, könnte eine Neubesetzung innerhalb einiger Monate erfolgen", so die Pressestelle.

Die Zahl der Gottesdienste wird von Dezember an zunächst gekürzt und in die Hände der drei verbleibenden Pfarrer, vier Diakone und einer Gemeindereferentin gelegt. Es soll öfter als bisher Wort-Gottesdienste geben, in der Regel mit Kommunionausteilung, ist der monatlichen Gottesdienstordnung zu entnehmen, für die bislang auch Ringhof verantwortlich zeichnete.

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