Flüchtlingsunterkunft in Ottobrunn:Neue Hotel-Gäste nicht willkommen

Lesezeit: 3 min

Im ehemaligen Hotel Pazific in Ottobrunn könnten Flüchtlinge untergebracht werden. (Foto: Claus Schunk)

Das lange Zeit leer stehende Hotel Pazific wird zur Unterkunft für Geflüchtete. Bürgermeister Loderer sieht sich vom früheren Eigentümer getäuscht und ärgert sich über das Landratsamt.

Von Daniela Bode, Ottobrunn

Mehr als zwei Jahre steht das frühere Hotel Pazific in Ottobrunn schon leer. Nun sind dort Handwerker am Arbeiten. Hintergrund ist: Das Landratsamt will dort Geflüchtete unterbringen, dafür wird das Gebäude nun hergerichtet. Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) ist über das Vorgehen der Behörde verärgert, da es den städtebaulichen Plänen der Gemeinde widerspricht.

Vor ein paar Jahren ist das ehemalige Hotel an der Rosenheimer Landstraße verkauft worden. Abmachung der Gemeinde mit dem damals neuen Eigentümer war, "eine städtebaulich hochwertige Planung zu machen", sagt Loderer. "Wir wollten, dass an dieser prominenten Stelle in geordneter Weise gebaut wird." Konkret wären im Erdgeschoss Geschäftsräume und darüber Wohnungen gedacht gewesen, so wie es dem Charakter des Gebiets entspreche. Dafür hatte die Gemeinde den dortigen Bebauungsplan geändert und dem Eigentümer mehr Baurecht eingeräumt. Idee war, dass 30 Prozent der Baurechtsmehrung der Gemeinde als günstiger Wohnraum angeboten würden. "Es war eine städtebauliche Konzeption, bei der wir uns gefreut haben", sagt Loderer. "Sie war für das Gebiet typisch und gelungen."

Nun wird es aber anders kommen. Denn wie Loderer sagt, ist das Gebäude zwischenzeitlich erneut verkauft worden. "Der neue Erwerber interessiert sich nicht für die damaligen Pläne." Es ist die Rede davon, dass bereits ein Mietvertrag mit dem Landratsamt über 15 Jahre geschlossen worden sei. Christine Spiegel, die Pressesprecherin des Landratsamts, bittet um Verständnis, zu vertraglichen Angelegenheiten keine Auskunft geben zu können. "Er hat sich eine alte Kuh gekauft, die das Landratsamt jetzt füttert und die regelmäßig gemolken wird", ärgert sich Loderer über den neuen Eigentümer. Das scheine ein Geschäftsmodell zu sein.

Derzeit wird das ehemalige Hotel für die Unterbringung von Geflüchteten umgebaut. Es werden Teeküchen in den ehemaligen Hotelzimmern eingebaut, Lüftungen in den Bädern installiert, neue Bodenbeläge verlegt, heißt es vom Landratsamt. Etwa hundert Menschen sollen laut Landratsamt dort einmal Platz finden, genau könne man das erst nach Abschluss der Umbauarbeiten sagen. Von wo die Menschen kommen werden, ist ebenfalls noch offen. Aktuell geht das Landratsamt davon aus, dass hier sowohl Personen eine Unterkunft finden, die bereits im Landkreis leben, als auch Neuankömmlinge. Dies hänge unter anderem von den Zuweisungen durch die Regierung von Oberbayern ab. Die ersten Personen werden laut Landratsamt frühestens in diesem Herbst einziehen.

Im ehemaligen Hotel Pazific in Ottobrunn könnten Flüchtlinge untergebracht werden. (Foto: Claus Schunk)

Der Landkreis ist verpflichtet, entsprechend seiner Größe Plätze für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. In den Unterkünften des Landkreises leben nach Auskunft der Kreisbehörde zudem viele, die bereits einen Aufenthaltsstatus haben, aber auf dem Wohnungsmarkt noch keine Wohnung gefunden. Schlimmstenfalls würden diese obdachlos und die Gemeinden müssten sie dann unterbringen. "Genau das möchte der Landkreis vermeiden und bemüht sich daher stetig, neue Unterkünfte zu akquirieren, um seiner Pflicht nachzukommen, Neuankömmlingen Unterkünfte zur Verfügung zu stellen", sagt Behördensprecherin Spiegel. Der Landkreis und die Kommunen haben sich darauf verständigt, die Anzahl der Plätze pro Gemeinde weitest möglich an der Einwohnerzahl zu orientieren. "In Ottobrunn sind derzeit nur wenige Personen untergebracht", sagt sie.

Die Kritik des Ottobrunner Bürgermeisters weist das Landratsamt ein Stück weit zurück. Die Gemeinde Ottobrunn habe stets Kenntnis davon gehabt, dass der Landkreis weitere geeignete Unterkünfte im Gemeindebereich suche. In diesem Fall sei der Eigentümer des Objekts auf die Behörde zugekommen. "Die Gemeinde wurde über die beabsichtigte Anmietung informiert, sobald die Regierung von Oberbayern einer möglichen Anmietung zugestimmt hatte und der Landkreis daraufhin in konkrete Verhandlungen getreten ist", heißt es vom Landratsamt.

Bürgermeister Loderer bestätigt, natürlich wisse er davon, dass das Landratsamt händeringend weitere Unterkünfte suche. Auch teilt er mit, dass er im Februar über das Vorhaben informiert worden sei. Ihn ärgere nicht der Zeitpunkt der Information, wie er der SZ auf Nachfrage mitteilte, sondern das Vorgehen an sich. "Das Landratsamt lässt sich auf etwas ein und ist Nutznießer einer Situation, bei der die Gemeinde vom ursprünglichen Käufer der Immobilie getäuscht wurde." Loderer vermutet, dieser habe nie die Pläne gemäß dem eigens geänderten Bebauungsplan umsetzen wollen, sondern sei nur daran interessiert gewesen, das Gebäude wieder zu verkaufen. Zudem bemängelt er die Zuteilung von Geflüchteten allein nach der Einwohnerzahl. "In der Not vor fünf sechs Jahren war das in Ordnung", sagt Loderer.

Bürgermeister Thomas Loderer hat auf eine städtebauliche Aufwertung an der Rosenheimer Landstraße gehofft. (Foto: Claus Schunk)

Auch die Gemeinde Ottobrunn habe geholfen und etwa die Turnhalle des Ottobrunner Gymnasiums zur Verfügung gestellt oder vorübergehend Wohnungen in der Josef-Seliger-Siedlung, die kurz vor dem Abriss standen. "Aber jetzt haben wir keine Gebäude mehr, die dafür in Frage kommen", sagt der Bürgermeister. Es komme auch auf die Struktur einer Gemeinde an. Ottobrunn habe zwar die drittgrößte Einwohnerzahl im Landkreis, aber die kleinste Fläche. Loderer sieht ein Versagen der Politik. "Offensichtlich hat der Staat nach sechs Jahren noch immer keine bessere Möglichkeit des Managements der Flüchtlingsfrage gefunden", kritisiert er.

Auch die umliegenden Bewohner sind nicht erfreut. Ein Anwohner bemängelt, dass der Gebietscharakter durch eine so lange Bindung stark beeinträchtigt werde. Auch würde er sich wünschen, dass mit den jeweiligen Bürgern der Gemeinde abgestimmte Integrationskonzepte erarbeitet würden.

© SZ vom 06.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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