Flüchtlingssiedlung in Ottobrunn:Der Ton wird rauer

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Am Kathi-Weidner-Weg wird eine Siedlung für bis zu 320 Flüchtlinge entstehen. (Foto: Angelika Bardehle)

Bei der neuerlichen Debatte im Gemeinderat über die Flüchtlingssiedlung am Kathi-Weidner-Weg wird Ottobrunns Bürgermeister aus dem Publikum beschimpft - und erstmals stimmt ein Ratsmitglied mit Nein

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Als "Ja-Sager nach Merkels Gnaden" ist Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) wohl noch nicht beschimpft worden. Auch mit der sehr stramme Forderung, in Ottobrunn müsse wieder "Recht und Ordnung" einkehren, wird der Rathauschef in den sonst so harmonischen Gemeinderatssitzungen eher selten bis gar nicht konfrontiert.

Gerade in Bezug auf die Pläne der Gemeinde, am Kathi-Weidner-Weg eine Siedlung für 320 Flüchtlinge zu errichten, wird der Ton in den Fragerunden der Bürger zu Beginn der Gemeinderatssitzungen aber immer rauer. Am Mittwochabend war der Rathauschef sogar kurz davor, jenen Bürger, der ihn als Ja-Sager Merkel'scher Flüchtlingspolitik bezeichnete, aus dem Sitzungssaal hinauszukomplimentieren.

"Anarchie hat in Ottobrunn noch nie geherrscht."

"Das ist hier keine Statement-Runde", stellte Loderer lautstark fest. Und zum Vorwurf, in der Gemeinde seien Recht und Ordnung außer Kraft gesetzt, bemerkte der Rathauschef: "Anarchie hat in Ottobrunn noch nie geherrscht." Der Gemeinderat hat dies nicht zuletzt mit seiner einheitlichen Haltung bewiesen, das Projekt der Flüchtlingssiedlung allen - teils sehr lauten und hitzigen - Widerständen zum Trotz voranzutreiben.

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Am Mittwochabend aber verließ erstmals ein Mitglied des Gemeinderates diesen gemeinsamen Weg: Die nur wenige Minuten zuvor für den ausgeschiedenen Gemeinderat der Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO) vereidigte Nachrückerin Christina Dittlein votierte bei ihrer allerersten Abstimmung als einzige gegen die Weiterverfolgung des Bauprojektes.

"Das ist aber schade", sagte Rathauschef Loderer, als er registrierte, dass der Gemeinderat diesmal kein einheitliches Bild abgeben würde. "Und das bei ihrer ersten Abstimmung." Gemeinderätin Dittlein ergriff sogleich zum ersten Mal das Wort: "Ich wohne direkt gegenüber am Haidgraben", sagte die Parteifreie, das heißt gegenüber des Kathi-Weidner-Wegs. "Und ich will da nicht so viele", fuhr sie fort.

Das Landratsamt hat allen Forderungen zugestimmt

Gemeint waren: so viele Flüchtlinge an einem Ort. Nach diesen zwei Sätzen ging ein Raunen durch die Reihen der Gemeinderäte. Dem altgedienten SPD-Gemeinderat Dietrich Wax entfuhr es: "Das hier ist der Gemeinderat. Da muss man doch größere Interessen im Blick haben."

Eine weitere Diskussion über das Abstimmungsverhalten des Neumitglieds aber blieb aus. Das liegt freilich auch daran, dass sich das Gremium auf einem guten Weg wähnt. Denn schon Tage vor der Sitzung hatte das Landratsamt allen Forderungen der Gemeinde zugestimmt, die diese als Bedingung gestellt hatte, um dem Landkreis das Areal am Kathi Weidner-Weg für die Dauer von zehn Jahren zu überlassen.

Der Markt für Sozialpädagogen ist leergefegt

Es waren vor allem sicherheitsrelevante Ansprüche seitens der Gemeinde: So sichert das Landratsamt der Kommune zu, eine "engmaschige sozialpädagogische Betreuung der Flüchtlinge durch professionelle Sozialarbeiter" - ein Sozialarbeiter auf 100 Flüchtlinge - zu gewährleisten. Dies war eines der besonderen Anliegen kritischer Anlieger. Denn immer wieder gibt das Landratsamt zu bedenken, dass der Markt für Sozialpädagogen "leergefegt" sei. Ottobrunn, sagt Bürgermeister Loderer, habe nun die feste Zusage, dass der Schlüssel zwingend eingehalten werde. Den Mitarbeitern würden in den Häusern der Firma Feel Home, die für die Errichtung der Siedlung verantwortlich zeichnet, auch eigene Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus sollen rund um die Uhr stets zwei Sicherheitskräfte in der Siedlung anwesend sein. Auch darauf hatten die Anwohner des Kathi-Weidner-Wegs gepocht. Das Landratsamt wird zudem eine regelmäßige Leerung der Mülltonnen sicherstellen.

Als wichtigste Punkte aber hat die Behörde der Gemeinde in Aussicht gestellt, dass versucht werde, "soweit möglich" Familien in den Häusern unterzubringen. Eine Garantie könne freilich nicht ausgesprochen werden. Und: "Im Falle schweren und nachhaltigen Fehlverhaltens einzelner Bewohner wird das Landratsamt München deren Verlegung in andere Unterkünfte prüfen und nach Möglichkeit umsetzen". Der Weg für den Aufbau der Siedlung ist nun also frei. Die Proteste dagegen seitens der Anwohner sind gleichwohl noch nicht verstimmt.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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