Ottobrunn:Der Gemeinderat setzt ein Zeichen

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Über den Kathi-Weidner-Weg gelangen die Ottobrunner bisher in den Landschaftspark. Das soll auch weiterhin möglich sein. (Foto: Angelika Bardehle)

Trotz zahlreicher Proteste stimmt Ottobrunn für die Flüchtlingsunterkunft am Kathi-Weidner-Weg mit 320 Plätzen

Von Magdalena Mock, Ottobrunn

Die Flüchtlingssiedlung, die im Kathi-Weidner-Weg entstehen soll, erhitzt weiterhin die Gemüter in Ottobrunn. Seit der Gemeinderatssitzung am Mittwoch ist die Unterkunft für Asylbewerber im Westen der Gemeinde beschlossene Sache: Zehn Häuser werden gebaut, in die 320 Bewohner einziehen können - trotz vehementer Proteste einiger Bürger. Diese konnten ihre Bedenken in der Sitzung noch einmal vortragen.

Etwa 500 Interessierte haben sich im Wolf-Ferrari-Haus eingefunden. Der Andrang ist so groß, dass die Sitzung in den großen Festsaal des Rathauses verlegt wird. Auf der Publikumstribüne sind alle Plätze belegt. Die Einwände der Ottobrunner Bürger richten sich weiterhin vor allem gegen die Größe der geplanten Siedlung.

300 Bürger haben eine Petition gegen die Unterkunft unterschrieben

Der Ton ist stellenweise rau, die Stimmung emotional. Matthias Hess, selbst Anwohner in Ottobrunn, ist wie viele der anwesenden Besucher der Meinung, eine kleinere Siedlung wäre sowohl für die Ottobrunner als auch für die Flüchtlinge eine bessere Lösung. Er legt dem Gemeinderat eine Unterschriftenliste vor, die sich gegen die zentrale Unterbringung so vieler Flüchtlinge am Kathi-Weidner-Weg richtet. Knapp 300 Bürger haben die Petition unterzeichnet.

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Edwin Ostermaier ist einer von ihnen. Er fordert in seinem Redebeitrag vom Gemeinderat "Integration statt Konzentration". Den Entscheidungsprozess, nachdem das Grundstück im Kathi-Weidner-Weg ausgewählt worden sei nennt er "völlig intransparent". Ostermaier sagt, er und zahlreiche Anwohner hätten sich die "Adressen der Häuser" des Ersten Bürgermeisters, seiner Stellvertreterin sowie zahlreicher Gemeinderäte angesehen; dabei sei der Verdacht aufgekommen, "dass bei der Wahl des Standortes der Siedlung für Flüchtlinge Befangenheit und persönliche Vorteilnahme mit eine Rolle gespielt haben könnten." Sein Beitrag wird mit Applaus und zustimmenden Rufen aus dem Publikum bedacht.

Ariane Wißmeier-Unverricht von der SPD ist sichtlich getroffen. Sie weist die Vorwürfe entschieden zurück. "Das finde ich so ärgerlich und so ungerecht. Wir haben uns Stunden um Stunden um Stunden mit dem Thema beschäftigt und ringen hier in einer schwierigen Lage um eine gute Lösung für alle. Wir haben einen Eid geleistet, den nehmen wir ernst!", sagt die dritte Bürgermeisterin. Rathauschef Thomas Loderer (CSU) lässt die Anschuldigungen bewusst unkommentiert.

"Versöhnen statt spalten."

Deutlich mildere Töne als sein Vorredner schlägt Thomas Diessel an. Auch er findet nach wie vor, dass die Siedlung mit 320 Belegplätzen zu groß ist. Schon vor der Sitzung hatte er dem Gemeinderat ein vierseitiges Schreiben mit Vorschlägen zur Planung der Unterbringung der Asylbewerber vorgelegt. Diessel betont, wie wichtig es sei, konstruktiv an einer ansprechenden Lösung für Ottobrunn zu arbeiten. Er möchte "versöhnen statt spalten".

In einigen der Redebeiträge fällt das Wort "Köln". Viele Bürger haben Bedenken. Manche empfinden Unsicherheit, andere geradezu Angst. Eine Anwohnerin findet es gerechtfertigt, ihre Kinder nur noch mit Pfefferspray aus dem Haus zu lassen. Die 18 Jahre alte Pauline Diessel kämpft mit den Tränen, als sie dem Gemeinderat von ihrer persönlichen Furcht erzählt. "Müssen wir denn immer erst warten, bis etwas passiert?", fragt ein Familienvater, der das Wohl seiner Kinder in Gefahr sieht und sich selbst "mindestens unwohl" fühlt. Er fordert vom Gemeinderat mehr Aufmerksamkeit für die Menschen, "die hier geboren sind".

Bürgermeister Thomas Loderer zeigt Verständnis für die Ängste der Anwesenden und geht auf ihre Fragen ein. Trotz der vorgetragenen Einwände ist der Gemeinderat jedoch weiterhin von der Form und Ausstattung der geplanten Unterbringung überzeugt und beschließt geschlossen deren Errichtung. "Es ist gut und wichtig, dass wir im Gemeinderat hier parteiübergreifend ein Zeichen gesetzt haben", sagt die Dritte Bürgermeisterin Wißmeier-Unverricht.

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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