Ausstellung:Das olympische Erbe aus vielen Perspektiven

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Jörg Hasselmeier hatte für sein Fotoprojekt auch Zugang zu den Gebäuden der Regattaanlage. Das Bild zeigt die ehemalige Sprecherkabine. (Foto: Jörg Hasselmeier)

Der Fotograf Jörg Hasselmeier hat über mehrere Jahre die Regattastrecke in Oberschleißheim mit der Kamera besucht und den Charme der Vergänglichkeit festgehalten - zu sehen ist die Bilderserie im Bürgerzentrum.

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

"Die Erinnerung schwindet", hat Jörg Hasselmeier unter ein Foto geschrieben. Der Asphalt ist aufgeplatzt, Gräser wuchern durch, in der Reihe der Sitzplätze dahinter tun sich Lücken auf - und im Hintergrund schimmert etwas, das der Zielturm sein könnte. Das Ziel! Vor 50 Jahren, bei den Olympischen Wettkämpfen im Rudern und Kanu-Rennsport, war dies der Sehnsuchtsort für hunderte Athleten aus Dutzenden Nationen. Mit den European Championships zum Jubiläum wurde die Erinnerung kurz wiederbelebt - aber der alte Glanz ist dahin.

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In einer Fotoserie hat Jörg Hasselmeier das olympische Erbe in seinem Heimatort Oberschleißheim dokumentiert. Seit 2017 hat der professionelle Fotograf immer wieder die Regattastrecke mit der Kamera besucht, in allen Jahreszeiten, zu den unterschiedlichsten Stimmungen, aus vielerlei Perspektiven. Parallel zum Olympia-Jubiläum und zu den European Championships ist die Ausstellung "Olympia Regattaanlage Oberschleißheim - Auf den Spuren von '72" noch bis Ende September im Oberschleißheimer Bürgerzentrum zu sehen.

Am 2. September fanden die Finalläufe statt

Gleichzeitig mit den Wettbewerben im Olympiapark haben bei den Olympischen Spielen vor 50 Jahren auch die Ruderwettbewerbe in Oberschleißheim begonnen. Nach einer Woche der Vorläufe war der 2. September dann das Ereignis, wofür 2,8 Millionen Kubikmeter Erde zum Bau der Regattastrecke bewegt worden waren. Zuschauer am Finaltag war auch der neunjährige Jörg Hasselmeier mit seinen Eltern.

Die Regattastrecke war seither Teil des Alltags für den Oberschleißheimer, die er zum Baden, Schwimmen, Joggen besuchte. "Die gehört dazu von klein auf", sagt er. Hasselmeier wurde Fotograf, nach einer Lehre in den Münchner Reger-Studios machte er sich zusammen mit Ehefrau Angela als "Hasselmeier Fotodesign" selbständig, tätig vor allem in der Werbefotografie. Die fotogenen Schleißheimer Motive, die Schlösser, der Park, tauchen in seinem Œuvre kaum auf. "Das ist mir alles so vertraut", sagt er, "da hab ich mich bewusst ferngehalten".

Fasziniert hat ihn dann der Dornröschenschlaf der Regattastrecke, begleitet von den lebhaften Diskussionen um die Zukunft der Anlage. "Die originalen Spuren von 72" habe er angesichts dieser Wegscheide für die weitere Entwicklung festhalten wollen, erzählt er. Und so zeigen die Bilder nun das Tickethäusl von damals und die in den modellierten Hügel eingelassenen WC-Anlagen, die Tribünen und die Katakomben. Mit Unterstützung der Regatta-Verwaltung konnte er auch das Innenleben dokumentieren, den Zielturm etwa, die Lager und Speicher oder, funkelnd im Gegenlicht, die Übertragungsplätze von ARD und ZDF; mehr war damals noch nicht nötig.

An die 40 000 Besucher waren beim Finaltag am 2. September 1972 auf der Tribüne, die auf Oberschleißheimer Flur liegt, der Startturm hingegen befindet sich in Feldmoching. In exakt zwei Jahren war das 2230 Meter lange Wasserbecken mit Tribüne, Infrastruktur und 2400 Parkplätzen aus dem moosigen Boden gestampft worden, Hydraulik und Binnenklima der Region damit verändert worden. Nach den Ruderern - und nach dem Attentat auf die israelischen Sportler - schlossen sich in Oberschleißheim noch die Kanu-Rennen an. Die Finalläufe wurden daher mit einem Tag Verspätung am 9. September ausgetragen, mit diesmal rund 20 000 Zuschauern.

Die Anlage gilt unter den Sportlern seither über 50 Jahre hinweg als eine der beliebtesten weltweit, wegen ihrer Lage zum Wind und eben, weil sie ein künstliches Becken ohne natürliche Gewässerströmungen ist, was optimale Wettkampfbedingungen schafft. Jörg Hasselmeiers Bilder dokumentieren, dass sie ihren eigenen Charme hat, auch "im Schatten des großen Bruders Olympiapark, der ja eher im Glanz erstrahlt".

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