SZ-Kulturpreis Tassilo:"Es darf nicht zusammenpassen, weil es sonst langweilig wird"

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Lothar Bruns hat schon mehrere Aufführungen des renommierten Amateur-Theaterensembles TGSM inszeniert. (Foto: Sebastian Gabriel)

Lothar Bruns ist Vorsitzender der Theatergruppe Siemens München und organisiert in seiner Wahlheimat Neubiberg seit 2016 die Kleinkunstreihe "Kultur an Gleis 3". Dafür holt der 73-Jährige ganz unterschiedliche Künstler ins Jugendzentrum - vom syrischen Geiger bis zum Rapper aus Neuperlach.

Von Daniela Bode, Neubiberg

Sich ans Telefon setzen, um den Neuperlacher Rapper "Grosses K" für einen Auftritt zu gewinnen. Mit dem Kulturamt der Gemeinde über neue Ideen fürs Programm sprechen. Regie führen bei der Aufführung "Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete". Neue Spielstätten suchen. Seit vielen Jahren setzt sich Lothar Bruns für die Kultur in Neubiberg ein, die Liste seiner Aktivitäten ließe sich beliebig verlängern. Für den 73-Jährigen ist es selbstverständlich, dass er sich dort einbringt, wo er lebt. "Ich wollte mich hier auch daheim fühlen", sagt er. Außerdem erweitere all das auch seinen Horizont.

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Das kulturelle Interesse schlummerte schon länger in dem gebürtigen Goslarer - vor dem Abitur spielte er in einer Kabarettgruppe, später in München besuchte er Kleinkunstbühnen wie "Heppel und Ettlich". Aber erst als der Mathematiker, der bei Siemens arbeitete, mit seiner Familie 1996 - die Kinder waren da elf und 13 Jahre alt - nach Neubiberg zog, fand er die Zeit, sich ins kulturelle Leben einzubringen, viele Ideen anzubringen und schließlich auch Strippen zu ziehen. Auf den Vorschlag seiner Frau besuchte er den Kabarettkurs des Journalisten Christof Stolle bei der Volkshochschule, aus dem sich schließlich eine Kabarettgruppe bildete. "Irgendwann wurden wir richtig gut", erzählt Bruns.

So gut, dass sein damaliger Chef bei Siemens ihn ansprach, ob er nicht bei einem Kabarettprogramm der Theatergruppe Siemens München mitmachen wolle. "So hatten meine Frau und ich einen leichten Einstieg", sagt er. Von da an waren sie dann Teil der Theatergruppe, deren Vorsitzender Bruns seit 2018 auch ist. Gemeinsam mit der Theatergruppe Süd-München bildet sie das renommierte Amateur-Theaterensemble TGSM.

Lothar Bruns als König im Märchen "Der Froschkönig". (Foto: Marc Kleine-Kleffmann)

Der kommunikative und stets für Neues offene Bruns wuchs immer mehr in die Arbeit in dem Theaterensemble hinein. Es ist schon mit vielen Erwachsenen- und Kinderstücken aufgetreten, unter anderem in der Aula der Grundschule Neubiberg, im Kleinen Theater Haar und auf diversen Münchner Bühnen. Bruns spielte selbst bei Auftritten mit, etwa in "Was ihr wollt" von Shakespeare oder dem Märchen "Der Froschkönig". Da man ja immer auch mitrede, dachte er, er könnte auch probieren, einmal Regie zu führen. Mittlerweile hat er diverse Stücke inszeniert, vor allem die Kinderaufführungen wie "Dornröschen", "Rumpelstilzchen" und "Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete".

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Was ihm daran so gefällt? "Wenn ein Stück fertig ist, kann man es auch genießen, es anzusehen", sagt er. Gerade bei den Aufführungen für Kinder sei das schön: "Sie sind mit Leib und Seele dabei, Erwachsene sind da viel zurückhaltender", sagt er. Neben Kinder- und Erwachsenentheater hat das Ensemble seit einigen Jahren auch Improvisationstheater im Programm. Bruns hat viel Freude daran. "Weil man im Moment etwas Neues entwickeln kann und weil man lernt, sich auf der Bühne zu bewegen, ohne Angst zu haben", sagt er.

Neben dem selbst Spielen und der Regie kümmert sich Bruns auch um weitere Spielstätten. Gerade erst habe er noch das "Beccult" in Pöcking hinzugewinnen können. Das Ensemble von TGSM ist mittlerweile so gut, dass es 2022 für eine digitale Inszenierung von Szenen aus Goethes Faust den Amarena-Preis des Bundes Deutscher Amateurtheater gewonnen hat.

Auch sonst nutzt Bruns seine vielen Kontakte, die auch über seine 2015 beendete, langjährige Vorstandstätigkeit bei der Neubiberger SPD und den Vorsitz im Umweltgartenverein gewachsen sind. Er spricht mit den richtigen Leuten, stellt sich die richtigen Fragen und hat einfach ein gutes Gespür dafür, neue Dinge einzufädeln. So vermittelte er Anfang der Nullerjahre den Kontakt zum Kulturamt und erreichte, dass in Neubiberg eine Jazzreihe mit den Meisterschülern des begnadeten Pianisten Leonid Chizhik stattfand, der neben ihm wohnt. "Ich habe so einen prominenten Nachbarn, da müssen wir doch irgendwas hinkriegen", hatte er sich gedacht.

Lothar Bruns bei der Moderation der Veranstaltung "Kultur an Gleis 3" mit dem syrischen Geiger Yanal Abaza und dem Trommler Mohammed al Toloh (von links). (Foto: Marc Kleine-Kleffemann)

Auch mit der jetzigen Neubiberger Kulturamtsleiterin Andrea Braun arbeitet er nach eigenen Worten gut zusammen und ist immer wieder im Austausch. So fiel es ihm Anfang 2016 recht leicht, die Organisation der zweimal jährlich stattfindenden Kleinkunstreihe "Kultur an Gleis 3" im örtlichen Jugendzentrum zu übernehmen. Bruns hat schon viele ganz unterschiedliche Leute dort auf die Bühne gebracht - die SPD-Bundestagsabgeordnete und Poetry-Slammerin Carmen Wegge, eine Papierkünstlerin, zwei A-cappella-Gruppen, einen syrischen Geiger und den Karikaturisten Dieter Hanitzsch zum Beispiel.

Sein Vorsatz für das Programm: "Es darf nicht zusammenpassen, weil es sonst langweilig wird", sagt er. Es macht ihm Spaß, immer wieder etwas Neues zu entdecken, auch wenn er jedes Mal zittern muss, ob es klappt. Wie beim Regieführen sieht Bruns jeden solchen Abend auch als Geschenk für sich selbst an. "Man hat viel Zeit reingesteckt und kann es dann genießen", sagt er.

Ideen hat Bruns jedenfalls noch viele. Längst steht das Programm für "Kultur an Gleis 3" am 11. März. Wieder einmal ist es ihm geglückt, spannende Akteure zu gewinnen. Der Rapper "Grosses K" wird auch mit dabei sein.

Bis Mitte Februar stellen wir Ihnen Kandidatinnen und Kandidaten für den Tassilo-Kulturpreis 2023 vor. Alle Nominierten finden Sie unter sz.de/tassilo .

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