Nach dem WM-Aus:Locker bleiben

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Bob Borggreve auf dem Fußballplatz des FC Deisenhofen: Der Niederländer kann enttäuschten deutschen Fußballfans Trost spenden. (Foto: SEBASTIAN GABRIEL)

Die Holländer wissen, wie man die Fußball-Weltmeisterschaft durchhält, ohne selbst dabei zu sein

Von Claudia Wessel, Landkreis München

Die Herzinfarkt-Gefahr für alle Fußballfans in Deutschland ist gebannt. Neue Aufregungen stehen seit Mittwochabend nicht ins Haus, weshalb sich alle Freunde des runden Leders die nächsten beiden Wochen zurücklehnen und die WM genauso entspannt genießen können wie beispielsweise die Niederländer. Die sind von Anfang an nicht dabei, weil in der Qualifikation rausgeschossen - von den Schweden. Von ihnen können enttäuschte deutsche Fans: Es ist nicht alles aus, wenn die eigene Elf nicht dabei ist, auch andere Mannschaften bieten guten, ja sogar besseren Fußball. Die SZ hat zwei Niederländer aus dem Landkreis gefragt, wie es sich mit einer verpassten und verpatzten Weltmeisterschaft leben lässt. Hier ihre Tipps:

"Ich bin ein Fußball-Fanatiker und schaue auch, wenn die Niederlande nicht beteiligt sind", sagt Jakob Kramer, 31. "Natürlich ist es ganz schade, dass wir nicht dabei sind, weil wir gegen Schweden nicht gewonnen haben." Wem drückt er denn nun die Daumen? "Ich glaube, ich möchte, dass Belgien gewinnt. Oder Brasilien." Für Deutschland war er auch nicht, als die DFB-Elf noch im Turnier war. Ja klar, er wohnt in Deutschland, räumt er ein. Seit Oktober 2016 ist er für eine Online-Firma hier tätig. "Aber Deutschland ist ja ein ganz alter Rivale von Holland. Offiziell kann ich nicht für Deutschland sein", sagt Kramer und grinst. Die Niederländer, da ist sich Kramer sicher, werden bei der nächsten WM wieder dabei sein. Denn dann werden junge neue Spieler in der Mannschaft sein. "Wir hatten sehr gute Spieler, aber die waren zu alt."

In Oranje: Holland-Fan Jakob Kramer. (Foto: Stephan Rumpf)

"Ich finde es natürlich schade, dass Oranje dieses Jahr nicht bei der WM mitspielt", sagt der Niederländer Bob Borggreve, Account Manager bei einer Firma in Oberhaching. "Andererseits kann ich die WM nun ganz locker ohne Stress verfolgen." Was unter anderem ein besseres Aussehen garantiert: "Wenn die niederländische Elftal ein Spiel wie Deutschland gegen Schweden gespielt hätte, wären meine Haare an einem Abend viel grauer geworden", sagt der 31-Jährige. Und wenn er erst einen solchen Albtraum hätte erleben müssen wie die Deutschen am Mittwoch gegen Südkorea, dann wäre er wohl um Jahrzehnte gealtert.

Ganz öde soll es aber auch nicht sein, während alle anderen mitfiebern und mit den Nerven teilweise am Ende sind. "Damit es spannend bleibt, habe ich für meine Kollegen ein WM-Tippspiel organisiert", sagt Borggreve. Damit er wenigstens auch einen Grund hat, sich ein bisschen aufzuregen. Einen klaren Favoriten gibt es für ihn dieses Jahr nicht. "Ich freue mich vor allem auf tolle Spiele und schöne Tore", sagt er ganz entspannt. Seinem Gastland hat er ohnehin nicht wirklich die Daumen gedrückt. "Kann man sich als Holländer überhaupt über eine fünfte deutsche Weltmeisterschaft freuen?", lautet seine augenzwinkernde Antwort. Aber darüber nachzusinnen, hat sich ja nun erledigt.

© SZ vom 29.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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