ÖPNV in Garching:Dirnismaning hat viel Verkehr, aber der Bus kommt selten

Lesezeit: 3 min

In Dirnismaning kommt der Bus nur selten. Mathilde und Paula wünschen sich außerdem einen Spielplatz. (Foto: Florian Peljak)

Dirnismaning befindet sich knapp hinter der Münchner Stadtgrenze. Trotzdem fährt in dem Garchinger Ortsteil nur einmal die Stunde der Bus, am Wochenende gar nicht.

Von Irmengard Gnau, Garching

Paula, Hermine und Mathilde arbeiten fleißig. Mit Rechen, Besen und dem großen Trettraktor schaufeln die vier und sechs Jahre alten Mädchen altes Laub aus ihrer Einfahrt in die Mülltonne. Ihre Mütter, Denise Avdullahu und Anne Krahmer, lassen sie dabei nicht aus den Augen. Nicht, weil die Mädchen nicht mit den Geräten umgehen könnten. Sondern weil jederzeit ein Lastwagen in die enge Straße einbiegen könnte.

Mitten durch den Garchinger Ortsteil Dirnismaning führt die Münchner Straße, "die alte B11", die heute eine Staatsstraße ist, und mit ihr viel Verkehr. Durchgangsverkehr nach München, aber auch Schwerlastverkehr. Denn in Dirnismaning haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr Betriebe eingemietet. Maschinenhersteller, Gabelstaplerhändler, ein Haushaltswarengeschäft, eine Fahrschule für Lastwagen und ein Autoverkäufer haben hier ihr Betriebsgelände; am Ende der Straße, an der Avdullahus Haus steht, liegen die Lagerhalle eines Modeoutlets und ein Omnibusbetrieb mit Stellplätzen. Viele Firmen mit großen Fahrzeugen. Nicht unbedingt kompatibel mit kleinen Kindern.

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Von denen aber gibt es immer mehr in Dirnismaning. Krahmer ist erst im vergangenen Winter mit ihrem Mann und den beiden Töchtern nach einer Eigenbedarfskündigung aus Garching nach Dirnismaning gezogen, in ein neu errichtetes Mehrfamilienhaus, das gezielt an Familien vermietet wurde. "Das Haus und unser Grundstück sind absolut kinderfreundlich, wir fühlen uns wohl", sagt Krahmer. "Aber die Verkehrsführung macht es schwierig."

Einen Marktplatz oder Ortskern mit Geschäften gibt es hier nicht

Dirnismanings Geschichte reicht weit zurück, der Ortsteil ist von einer Handvoll landwirtschaftlicher Höfe geprägt, die teils heute noch als solche betrieben werden. Wie bei einem typischen Straßendorf gruppieren sich die wenigen Wohngebäude traubenartig entlang der Hauptstraße; einen Marktplatz oder Ortskern mit Geschäften gibt es nicht; nach außen hin führen kleine Straßen, einst hin zu den Feldern. Heute sind die eben zum Teil mit großen Hallen oder Betriebsgeländen bebaut. Am Südende Dirnismanings ließ die Stadt München während des Zweiten Weltkrieges Hallen errichten, die heute von Gewerbebetrieben und einem Reiterhof genutzt werden.

Seine Historie sieht man Dirnismaning noch an. Die Straßen abseits der Hauptstraße tragen keine eigenen Namen, haben keine Gehwege oder auch nur Straßenmarkierungen. Lange Zeit war das kein Problem. "Doch der Ortsteil hat sich verändert", sagt Avdullahu, die selbst mit ihrer Schwester Nicole Wittmann in Dirnismaning aufgewachsen ist. "Heute leben hier viel mehr Familien." 175 Einwohner hat die Stadt aktuell gezählt, 31 davon sind 17 Jahre oder jünger; 14 der Kinder sind bis zu sechs Jahre alt, sechs von ihnen sieben oder acht Jahre.

Anne Krahmer (rechts) und Denise Avdullahu hätten gerne einen besseren Anschluss an Garching. (Foto: Florian Peljak)

Das ist der Grund, warum sich Avdullahu, Krahmer und andere Eltern mehr Infrastruktur wünschen, und einen besseren Anschluss an Garching. "Früher ist der Bus jede halbe Stunde durch Dirnismaning gefahren", erinnert sich Avdullahu. Dann kam der Bau der U6 nach Garching, über Hochbrück, an Dirnismaning vorbei. Heute fährt der Bus 293 in jede Richtung einmal die Stunde in den Kernzeiten von Montag bis Freitag; an den Wochenenden verkehrt gar kein Bus. Bei der Bürgerversammlung jüngst haben Avdullahu und ihr Mann daher den Antrag gestellt, Dirnismaning besser anzubinden. Die Familien im Ortsteil wünschen sich außerdem einen öffentlichen Spielplatz, auch um einen Ort zu haben, an dem sich die Einwohner begegnen können.

Bei der Versammlung bekamen die Anträge viel Unterstützung. Auch Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) will sich den Wünschen nicht verweigern. Er verweist aber darauf, dass die Busverbindung bei Versuchen in der Vergangenheit nur von wenigen Menschen genutzt wurde. Zuständig für den ÖPNV ist der Landkreis. "Die Fahrgastzahlen sind nun mal entscheidend", sagt Gruchmann. Der Stadtrat sieht daher derzeit keine Möglichkeit, sich für eine Verstärkung der Linie einzusetzen, sondern lediglich die Verbindung für die Schulkinder sicherzustellen und ansonsten den jetzigen Takt aufrechtzuerhalten.

Auch beim Spielplatz sieht die Stadt wenig Spielraum: Einen geeigneten Grund besitzt die Stadt selbst in Dirnismaning nicht. Beim nächsten größeren Bauvorhaben will die Kommune sich nach dem Willen des Stadtrats aber bei den Bauherren dafür einsetzen, dass ein Spielplatz entsteht, den alle Dirnismaninger Kinder benutzen dürfen. Außerdem stellt Gruchmann in Aussicht, dass zumindest die öffentlich gewidmete Straße, die von der Münchner Straße zur Brücke über die Autobahn führt und die auch viele Radfahrer benutzen, eine bessere Regelung erhalten soll, damit es dort nicht mehr zu Unklarheiten zwischen den Verkehrsteilnehmern kommt.

Provokant könnte man freilich fragen, warum zieht jemand in einen entfernteren Ortsteil, wenn er sich einen dichten ÖPNV-Takt wünscht? "Natürlich ist es die Frage, ob Stadt und Landkreis sich den Luxus leisten wollen, alle Bürgerinnen und Bürger anzubinden", sagt Felix Krahmer. "Aber wenn die Regierung eine flächendeckende ÖPNV-Anbindung als Ziel nennt, soll sie das auch erfüllen. Und wir brauchen den Wohnraum, gerade rund um München."

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