E-Mobilität:Warten auf die Initialzündung

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Nur 200 der 276 000 im Landkreis München zugelassenen Autos fahren mit Strom. Unterschleißheim will das ändern und fördert gezielt die Anschaffung von Elektrowagen. Andere Kommunen halten sich zurück - zum Teil auch wegen eigener schlechter Erfahrungen.

Von Bernhard Lohr und Alexandra Vettori, Landkreis

1500 Euro erhalten Unterschleißheimer Privatleute und Firmen künftig von der Stadt, wenn sie sich ein Elektroauto kaufen. Nachdem das Rathaus seit vorigem Jahr sehr gute Erfahrungen mit zwei strombetriebenen Fahrzeugen im Fuhrpark gemacht hatte, hat der Stadtrat jüngst auch ein Förderprogramm beschlossen, als erste Kommune im Landkreis und sogar früher als die Landeshauptstadt München. Dort hat der Stadtrat ebenfalls gerade ein Förderprogramm auf den Weg gebracht, wenn auch nur für das ortsansässige Gewerbe.

Allein 63 Autos sind auf eine Verleihfirma zugelassen

Noch spielt die Elektromobilität eine untergeordnete Rolle im Raum München. Aktuell fahren ganze 199 der 275 988 im Landkreis zugelassenen Fahrzeuge mit Strom, davon sind 63 auf den Autoverleiher "Charterline" zugelassen. Obwohl jeder schwärmt, der einmal eines der spritzigen, leisen E-Autos gefahren hat, läuft der Verkauf schleppend. Die hohen Kosten und die Angst, mit leeren Batterien auf der Straße liegen zu bleiben, sind die Hauptgründe dafür.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zwar verlauten lassen, bis zum Jahr 2020 sollten eine Million strombetriebene Autos in Deutschland fahren, doch mit finanziellen Anreizen ankurbeln will der Bund sein Ansinnen nicht. Auch auf Landesebene sind keine Zuschussprogramme vorgesehen, wenn überhaupt gibt es derzeit nur einige wenige kommunale Initiativen.

Auch die Kommunen halten sich bisher arg zurück bei der Anschaffung stromgetriebener Fahrzeuge. Die Umweltorganisation Green City etwa vermisst, dass die Stadtwerke München ihren Fuhrpark umstellen. Auch im Münchner Umland könnten die Kommunen und Kommunalunternehmen mehr tun. Der Radius, in dem sich Mitarbeiter des Bauhofs oder eines Kommunalunternehmens im Gemeindegebiet bewegen, wäre mit einem Elektrofahrzeug zu bewältigen. Doch noch tut sich da wenig.

Haar hat seinen E-Pritschenwagen wegen Mängeln zurückgegeben

Ein Grund für die Zurückhaltung sind die hohen Anschaffungskosten. Aber man hat auch schon diverse schlechte Erfahrungen im Praxistest gemacht. Die Gemeinde Haar zum Beispiel hatte einen Transporter mit Elektroantrieb am Bauhof im Einsatz. Doch der Wagen blieb immer wieder stehen, die Batterie war schneller leer als gedacht. "Der Pritschenwagen war so anfällig, dass er zurückgegeben worden ist", sagt der Leiter des Umweltreferats, Michael von Ferrari. Weitere Versuche mit Elektrofahrzeugen habe es bis dahin nicht gegeben, wobei schon noch Überlegungen in diese Richtung angestellt würden.

In Unterschleißheim hat der Stadtrat jetzt jedenfalls entschieden, die Anschaffung von Elektrofahrzeugen für Privatleute und Gewerbebetriebe zu fördern. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die Mobilität auf Strombasis ein wichtiger Beitrag zum kommunalen Energie- und Klimaschutzkonzept sei, der umso bedeutsamer ausfalle, als die Stadt ausschließlich Strom aus regenerativen Energiequellen beziehe.

Das Förderprogramm für E-Autos sei, heißt es in der Sitzungsvorlage des Stadtrates, eine Ergänzung zu jenem für Erdgasfahrzeuge. Das Gesamtbudget umfasst 50 000 Euro, es würde also für 33 Fahrzeuge ausreichen. E-Mobilität ist in Unterschleißheim auch sonst ein Thema. So werden diesen Sommer sechs Ladestationen für Elektrofahrräder am Rathausplatz installiert.

Ismaning erwägt ebenfalls eine Förderung

Bis jetzt steht Unterschleißheim mit dem E-Auto-Programm allein im Landkreis da. In Ismaning gibt es Überlegungen, diesem Beispiel zu folgen, wie Umweltreferent Ulrich Hilberer erklärt. Nachdem auf den Verkehr ungefähr 30 Prozent des Energieverbrauchs entfielen, liege auf diesem Feld eine der nächsten Baustellen bei der Energiewende.

Allerdings wartet man in Ismaning die Ergebnisse eines Landkreis-Arbeitskreises ab, um das eigene Programm darauf abzustimmen. Wie Hilberer betont, geht es auch nicht nur darum, generell den Kauf von E-Autos zu bezuschussen. Ihm schwebt vielmehr vor, die Fahrzeuge gleichzeitig als Stromspeicher zu nutzen, zu Überschusszeiten, wenn beispielsweise viel Sonnenstrom produziert wird, aber wenig verbraucht.

Entscheidend ist, wie der Strom produziert wird

Auch die Gedanken des Garchinger Umweltreferenten Christoph Marquart gehen in diese Richtung: "Wir fördern schon jetzt auch bei der Photovoltaik die Speichertechnik, nicht den Verbrauch. Wenn ein E-Auto am Stromnetz hängt, wird nicht gefragt, wie wird der Strom produziert." Marquart kann sich deshalb auch eher Zuschüsse für eigene Elektroauto-Ladestationen vorstellen, die über Wind oder Sonne gespeist werden.

Mit Anreizen für den Umstieg auf Elektrofahrzeuge betreten die Kommunen Neuland. Hintergrund ist auch, dass die bisherigen Förderprogramme, die zu einem verbesserten Klimaschutz führen sollen, ihre Wirkung verlieren. Haar hat zum Beispiel in diesem Jahr laut Referatsleiter von Ferrari erstmals mangels Interesse sein energetisches Förderprogramm ausgesetzt. Seit 1996 lief das Programm. Der Zuspruch habe zuletzt massiv nachgelassen, sagt von Ferrari.

Derzeit untersucht er, ob nicht mit einem neuen Ansatz das Interesse an einer energetischen Gebäudesanierung wieder gestärkt werden kann. So überlege man, in Haar ein ganzes Viertel, eine Siedlung mit einer Bausubstanz aus den Siebzigerjahren, gezielt und aktiv ins Visier zu nehmen. Gemeinsam mit den Eigentümern könnte man versuchen, energetisch die Siedlung zu erneuern. Gelungene Vorbilder finde man im Münchner Umland. Laut Michael von Ferrari gibt es in Haar bisher aber noch keine Pläne, mit einem Förderprogramm auch auf das Mobilitätsverhalten der Bürger einzuwirken und etwa gezielt den Kauf von Elektrofahrzeugen zu unterstützen.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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